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Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege; Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [Contr.]
Denkmalinventarisation in Bayern: Anfänge und Perspektiven — Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, Band 9: München: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, 1981

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Lübbeke, Wolfram: Georg Hager - Zur Geschichte der bayrischen Inventarisation und ihrer Grundsätze
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https://doi.org/10.11588/diglit.63237#0016
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Interessierten zu erstellen waren, also auch dies ein Bei-
spiel der Methode der Erfassung vor Beginn der wissen-
schaftlichen Inventarisation. Dieser entsprach jedoch die
Erkenntnis, daß Archivforschung oft erst die notwendigen
Hinweise über Wert und Geschichte der Denkmäler geben
können.14
2. Zur Denkmalpflege und Inventarisation
im Königreich Bayern seit König Ludwig I.
Wenn hier die Geschichte der Inventarisation des König-
reichs Bayerns aufgezeichnet werden soll, so müssen auch
kurz die verfassungsmäßigen Voraussetzungen, die Konsti-
tution und die Verfassung des Königreichs, genannt wer-
den. In diesen sind die Prämissen gesetzt für das Auswahl-
prinzip dessen, was von staatlicher Seite erfaßbar und
schützbar ist. Der Schutz des Eigentums, der den größten
Konfliktstoff auch der modernen Denkmalpflege abgibt,
wird in § VII im 1. Titel der .Konstitution für das Königreich
Baiern vom 1. Mai 1808’ ausgesprochen: „Der Staat ge-
währt allen Staatsbürgern Sicherheit der Personen und des
Eigenthums — etc.”.15 Hiermit wurde aber das Augenmerk,
wenn es um den Schutz von Geschichts- und Kunstdenk-
malen ging, besonders auf die im öffentlichen Besitz be-
findlichen gerichtet, da das Privateigentum vom staatli-
chen Zugriff gesichert war. Doch war es letztlich nicht mög-
lich und wünschenswert bei der Erfassung der Denkmale
aufgrund eines geschichtlich definierten Denkmalbegriffs
tatsächlich die im Privatbesitz befindlichen einfach auszu-
lassen.
In der 'Verfassungs-Urkunde des Königreichs Baiern vom
26. May 1818’ ist wieder jedem Einwohner vom Staat die Si-
cherheit seines Eigentums gewährt, außerdem heißt es:
„Niemand darf gezwungen werden, sein Privat-Eigenthum,
selbst für öffentliche Zwecke abzutreten, als nach einer
förmlichen Entscheidung des versammelten Staatsrathes,
und nach vorgängiger Entschädigung, wie solches in der
Verordnung vom 14. August 1815 bestimmt ist.”16 Der Staat
schuf sich also doch die Möglichkeit des Eingreifens, das
für die Belange der Denkmalpflege hätte geltend gemacht
werden können.17
Die Verfassungs-Urkunde enthält aber zudem in ihrem Titel
III ,Von dem Staatsgute’ einen Schutzparagraphen für die
Staatsgüter, der zugleich eine Art Katalog der in Frage
kommenden Güter gibt und indirekt auf ihren Wert als Ge-
schichts- und Kunstdenkmale hinweist. „Der ganze Umfang
des Königreichs Baiern bildet eine einzige untheilbare un-
veräußerliche Gesammt-Masse aus sämmtlichen Bestand-
teilen an Landen, Leuten, Herrschaften, Regalien und Ren-
ten mit allem Zugehör.” Zu diesem unveräußerlichen
Staatsgut gehören: ,Alle Archive und Registraturen; alle öf-
fentlichen Anstalten und Gebäude mit ihrem Zugehör; alle
Einrichtungen der Hof-Capellen und Hof-Aemter mit allen
Mobilien; Alles, was zur Einrichtung oder zur Zierde der Re-
sidenzen und Lustschlösser dienet; der Hausschatz; alle
Sammlungen für Künste und Wissenschaften, als: Biblio-
theken, physicalische, Naturalien- und Münz-Cabinette, An-
tiquitäten, Statüen, Sternwarten mit ihren Instrumenten,
Gemählde- und Kupferstich-Sammlungen und sonstige Ge-
genstände, die zum öffentlichen Gebrauche oder zur Beför-
derung der Künste und Wissenschaften bestimmt sind; Al-
les, was aus den Mitteln des Staates erworben wurde’.18

Mit diesen Voraussetzungen und sicher angeregt durch
K.F. Schinkels gleichgerichteten Bestrebungen in Preußen
(1815), die vorbildlichen Edikte des Kirchenstaates (1820)19
und die Kampfschrift Viktor Hugos „Guerre au demolli-
seurs” (1825)20, begann unter König Ludig I., bald nach des-
sen Regierungsantritt, der Schutz von Geschichtsdenkma-
len und auch ihre historisch-topographischen Erfassung
mittels Verordnungen.
Obwohl hier keine umfassende Geschichte der bayerischen
Denkmalpflege insgesamt gegeben werden soll, kann die
Verordnung König Ludwig I. vom 12. Januar 1826 nicht
übergangen werden, da hiermit die praktische bayerische
Denkmalpflege ihren datierbaren Beginn nimmt.21 Diese
Verordnung diente dem Schutze der Befestigung alter Städ-
te, deren Formen nicht abgeändert werden sollten durch
Abbrüche der Mauern oder durch Einfüllen von Gräben. Die
Argumentation von den Formen der Städte verweist auf ei-
nen ästhetischen Denkmalbegriff, der von der malerischen
Wirkung der Stadtmauer ausgeht und noch nicht die ge-
schichtliche Bedeutung einer Stadtbefestigung als Doku-
ment des Stadtrechts, der Architektur oder Entwicklung
von Befestigungstechnik sah. Interessanterweise begann
so der .Denkmalschutz’ mit öffentlichen Anlagen — so sind
die Stadtbefestigungen zu bezeichnen — auch wenn zu Be-
ginn des 19. Jahrhunderts die Stadtmauerteile teilweise in
Privatbesitz übergegangen waren. Bereits in dieser frühen
Verordnung war als Denkmalschutzinstrument ein Ver-
zeichnis vorgesehen, in dem von den Ingenieuroffizieren die
Erhebungen zu den Befestigungsanlagen unter Berücksich-
tigung ihrer Lage und Umgebung klar und deutlich eingetra-
gen werden sollten. Im November 1826 folgte eine aller-
höchste Entschließung zur Erhaltung öffentlicher unbeweg-
licher Einzelkunstwerke 22
Weiterführender waren jedoch die verschiedentlichen An-
sätze zu einer umfassenden historisch-topographischen Er-
fassung der bayerischen Kunstdenkmale. Ein solches Un-
ternehmen regte der quieszierte Direktor von Sammet an,
doch lehnte Eduard von Schenk die „verworrene” Bitt-
schrift ab. Da auch er das Problem sah, schrieb er unter an-
derem an König Ludwig I.: „Das historische Studium hat
seit dem Befreiungskriege mit der wiederhergestellten Wür-
de des deutschen Namens unverkennbar einen ungemei-
nen Aufschwung gewonnen. — Nach einem langen Vanda-
lismus23, ist die gebührende Sorgfalt für die Ueberreste der
deutschen Vorwelt wieder erwacht, und das richtige Gefühl
ist ziemlich herrschend geworden; Daß die Historie ein spe-
zifisches Gegengift wider revolutionäre Neuerung und wi-
der ungedultiges Experimentiren sey, — wer seinen Sinn
ernst und würdig auf die Vergangenheit richte, sey nicht zu
fürchten in der Gegenwart — und es gebe kein kräftigeres
Bindungsmittel zwischen Volk und Dynastie, als eine recht
nationale Geschichte”.24 Die von Schenk’schen Empfehlun-
gen führten zu einem Kabinettsbefehl vom 29. Mai 1827, in
dem es um den Schutz der Denkmale seit der Römerzeit
und der Denkmale im öffentlichen Besitz geht, sowie unter
Punkt 2 ein Verzeichnis angeregt wird: „Die summarischen
von den einzelnen Behörden oder von Geschichts- und
Kunstfreunden des Orths, welche sich wohl dazu geeignet
finden dürften, anzufertigende Anzeigen und Verzeichnisse
jener Denkmale einzusenden, welche alsdann Unserer Aca-
demie der Wissenschaften als Notizen und Anhaltspunc-

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