Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 20.1904

DOI Heft:
Heft 4
DOI Artikel:
Kiehl, Reinhold: Die architektonische Bedeutung des Daches
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44901#0035
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
1904

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 4


Daches.

wieder, mögen nun
die einzelnen Bauten
aus der Barockzeit,
der Renaissance, dem
Mittelalter stammen.
Der Umriß der
ganzen Baumassen
aber wird in erster
Linie bestimmt durch
die Ausbildung des Daches. Infolgedessen hat das Dach
eine hohe architektonische Bedeutung.
Zu den Städten, die noch am besten ein Gesamtbild aus
alter Zeit zeigen, gehören unter anderen Rothenburg und
Meißen (Abb. 1 u. 2). In reizvoller Linie lösen sich die Dach-
massen von dem einfachen Grundriß des Gebäudes los. Dazu
geben das Rot der Ziegeldeckung, das die Natur mit einer
dem Auge wohltuenden Patina überzogen, das Blau des Him-
mels, das Grün der Bäume einen prächtigen Farbeneinklang.
Das Satteldach ist als einfachste Form am häufigsten an-
gewandt; es gibt dem Bauwerk etwas Ernstes und würdevoll

s gibt noch viele
|g| alte deutsche
Städte, Städtchen und
Dörfer, in denen sich
die mannigfaltigsten
Bauten aus den ver-
schiedensten Zeiten
zu einem einheitlichen
Gesamtbilde ver-
einen: Befestigungs-
türme, Mauern und
Tore aus dem Mittel-
alter, reiche Patrizier-
häuser der Renais-
sance mit ihren steilen
Giebeln, schlichte
Bürgerhäuser aus der
Barockzeit mit ihren
behaglichen Dächern;
hier in der Stadt eine

K rt F\f-l
(3)

Die architektonische Bedeutung des
Von Regierungsbaumeister R. Kiehl in Charlottenburg.



ehrwürdige Kathedrale mit reichem Turm alles überragend,
dort im Dorf ein schmuckloses Kirchlein, dessen schlichter
Turm schützend über das behäbige Gedränge der alten Dächer
blickt. Eine Stimmung der Ruhe und Behaglichkeit breitet
sich über solchen Bildern aus, eine Stimmung, die in uns nur
selten eins — man könnte fast behaupten keins — unsrer
neuzeitlichen Städtebilder hervorruft.
Nicht das Alter einer Stadt im Gegensatz zu der Neuheit
der eben entstandenen Bauten bedingt diese Verschiedenheit
der Eindrücke, auch nicht die in jeder Stilperiode wechselnden
Einzelformen sind von maßgebendem Einfluß. Diese geben
nur die Begleitung zu dem Grundton, der in der Zusammen-
fassung und in der Umrißlinie großer einfacher Massen zu
suchen ist. Dieser eine, ausgeprägt deutsche Zug kehrt immer

Vornehmes. Welch einen monumentalen Eindruck macht in


25
 
Annotationen