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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 20.1904

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Heft 4
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Kiehl, Reinhold: Die architektonische Bedeutung des Daches
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https://doi.org/10.11588/diglit.44901#0036

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1904

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 4

Die Abbildungen

sich großen Dachmassen


1

Osterode b. Ilfeld

in

in

Ro THE


über quadratischem
zeigt das bekannte
Hegereiterhäuschen in
Rothenburg o. d. T.
(Abb. 13).
Bei alten Kirch¬
türmen ist der Ab¬
schluß durch ein ein¬
faches Satteldach sehr
häufig, öfters mit Dachreiter und Giebelausbildung
nach allen vier Seiten. Wie verschiedene Bilder
zeigen uns die Kirchtürme aus Lychen i.Mark, Söhre
bei Hildesheim, Hannover (Abb. 14, 15, 16) reizvoll
gelöst aus derselben einfachen Grundform; nicht
minder gefällig ist ein abgewalmtes Satteldach wie
bei dem kleinen Dorfkirchlein
i. Harz (Abb. 17) oder ein
mansardartiges unregelmäßig
achteckiges Zeltdach der
Möttingen (Abb. 18). Andre

Kirche
wirkungsvolle Turmlösungen zeigen mit
abgewalmtem Dach Schloß Trausnitz
(Abb. 19), mit einfachem oder mansard-
artigem Zeltdach alte Festungstürme
und Tore in Nürnberg, Rothenburg,
Danzig (Abb. 20, 1, 21).
Das Mansarddach mit seiner be¬
haglichen gebrochenen Linie, entsprechend den weichen Formen
der Barockzeit, in der es zumeist auftritt, ist entweder einfach
sattelförmig, dann teilweise oder ganz abgewalmt (Abb. 22),
wobei dann wieder bald der obere, bald der untere Teil höher
ist; bisweilen mit reizvollem Aufsatz eines Ausluges (Abb.23).
Bei allen diesen Beispielen, die sich ins Hundertfache ver-
mehren ließen, kehrt immer der eine Grundzug wieder, das Über-
wiegen der Gesamtmassen, die Umrißbildung, hinter der die
Einzelformen zurücktreten. Das gerade gibt den Bauten ver-
schiedenster Jahrhunderte ihr einheitliches Gepräge; es sind
lediglich künstlerische Gesichtspunkte gewesen, weswegen
man reiche Mittel auf wir¬
kungsvolle Dachlösungen
verwendete; noch bis spät
in das 18. Jahrhundert hin¬
ein, als bereits die ersten
vielstöckigen Miethäuser
entstanden, verzichtete man
nicht auf das Dach (Abb. 24),
wie wir es z. B. in Dres¬
den sehen. Und so blieb
es, bis uns die »antike Bau¬

beleben; bald überragt der
höhere First eines in Breite
und Höhe bedeutenderen
Baues das bescheidene
Nachbarhaus oder ein in
einfachster Weise eingefüg-
tes Oberlichtdach unter-
bricht die lange Linie des
Satteldaches, das in der gan-
zen Tiefe des Hauses hinter
sich hinstreckt (Abb. 5). In

daches haben sich mannigfaltige Abwechs¬
lungen ergeben, so durch ganze oder teil¬
weise Abwalmung des Firstes, meist nicht
in derselben Neigung wie das Hauptdach.
9 u. 10 zeigen solche Lösungen; bei der einen tritt mehr die
Bewohnbarkeit des Dachraumes, bei der andern die Benutzung-
ais Vorrats- und Bodenraum in die Erscheinung. Anbauten
verschiedenster Form schmiegen
untergeordnet an (Abb. 11 u. 12).
Ein typisches Beispiel des Zelt¬
daches, dieses gewissermaßen
vollständig abgewalmten Sattel¬
daches
Grundriß,

dem Straßengiebel
andern Städten wechseln die nach der Straße zu-
gekehrten Giebel ab mit Dächern, deren Trauflinie
nach der Straße liegt. Bei diesen tritt die Dachfläche selbst
mehr in architektonische Erscheinung; sie ist belebt von
kleineren oder größeren Giebelaufsätzen, Reihen von Dach-
luken, Erkern, je nachdem das Dachgeschoß mehr als Wohn-
geschoß oder als Vorratsraum benutzt wird. Solche Bilder
sehen wir unter vielen anderen Städten z. B. in Hildesheim
(Abb. 6). Eine reizvolle Lösung bei Ausnutzung* des Dach-
raumes zu Wohnzwecken zeigt ein schlichtes Bürgerhaus aus
Nürnberg (Abb. 7).
An Straßenecken
sind durch das
Zusammenschnei-
den verschiedener
Dachrichtungen
malerische Um-
rißlinien gebildet,
insbesondere,
wenn eine engere
Straße eine Ein-
schränkung in der
Höhenentwick-
lung des Baues an
ihr verlangt, was
auch schon Bau-
ordnungen frühe-
rer Jahrhunderte
vorschrieben (Ab-
bildung 8).
Aus der Grund-
form des Sattel-

ihrer schlichten Masse
die Mauthalle in Nürn-
berg (Abb. 3), deren ge-
waltiges Satteldach, durch
den mehrstöckigen Lade-
giebel unterbrochen, eine
Linienführung von außer-
ordentlicher Wirkung
zeigt. Um diese Wirkung
zu erhalten, entschloß
man sich in neuerer Zeit
nicht zu einem Abbruch
des Gebäudes, sondern
gestaltete nur durch ge-
schickte Vermehrung
bezw. Vergrößerung der
Fenster den neueren Be-
dürfnissen entsprechend
die Wandflächen um,
ohne daß dadurch der
Gesamteindruck gelitten
hat. Ein bewegteres Bild
zeigt, wieder nur mit dem einfachen Satteldach in malerischer
Gruppierung erreicht, das Rathaus in Gandersheim (Abb. 4).
Giebel an Giebel reihen sich die Satteldächer bei den schmalen
Häusern, wie sie besonders charakteristisch sind
in den alten Hansestädten. Man denke z. B. an die
alten Gassen Danzigs. Auch hier sind es wieder
gerade die Dachlinien, die den gleichmäßigen Rhyth-
mus der Häuserreihen









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