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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 20.1904

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Heft 12
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Osterrieth, Albert: Der Urherberschutz für Werke der Baukunst und der Entwurf eines Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie
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Die Architektur auf der Großen Berliner Kunstausstellung 1904, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.44901#0102

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1904

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 12


Architekt: J. Reuters in Wilmersdorf-Berlin.

Skizze zu einer Villa.


Damit wird dem Architekten im Interesse des Unterrichts
und der Wissenschaft das gleiche Opfer auferlegt wie den
übrigen Künstlern. Es dürfte aber schwer fallen, eine noch
weiter gehende Einschränkung des Urheberrechts an Bauwerken
durch das Interesse des Schul- oder Unterrichtswesens zu be-
gründen. Insbesondere ist auch in Betracht zu ziehen, daß die
unbedingte Freigabe der Nachbildung gerade auch vielfach un-
künstlerische und mangelhafte Reproduktionen zur Folge hat,
die schon aus künstlerischen und pädagogischen Gründen
unterdrückt werden müssen.
Der Freigabe der Außenansicht öffentlich aufgestellter
Kunstwerke liegt ein an sich zutreffender Gedanke zu Grunde,
nämlich der, daß jedes an einem öffentlichen Platz oder an
der öffentlichen Straße dauernd aufgestellte Kunst- oder Bau-
werk einen Teil des allgemeinen Straßenbildes darstellt, das
kein Urheber für sich allein in Anspruch nehmen kann. Es wird
niemand, auch nicht ein Fanatiker des Urheberrechts, das Ver-
langen eines Architekten unterstützen, daß bei der Darstellung
eines öffentlichen Platzes ein einzelnes Denkmal oder ein Ge-
bäude ausgelassen werde. Von der Tatsache, daß ein Gebäude
oderein Denkmal an einem bestimmten Platz sich befindet, kann
selbstverständlich immer auch im Bilde Kenntnis gegeben
werden. Was aber dem Urheber vorbehalten sein soll, ist die
Nachbildung des Bauwerkes oder Kunstwerkes als solchen,
das heißt diejenige Nachbildung, die keinen andern Zweck
verfolgt, als das eine betreffende Werk wiederzugeben, und
die infolgedessen auch mittelbar sich als eine wirtschaftliche
Verwertung dieses Werkes darstellt. Der Entwurf geht in
der Begründung kurz auf diesen Gesichtspunkt ein, lehnt ihn
aber ab, da die Abgrenzung zwischen der Wiedergabe des
Straßenbildes und der Nachbildung eines einzelnen Gebäudes
schwierig sein würde, zumal in vielen der in Betracht kommen-
den Fälle, zum Beispiel bei Ansichtspostkarten, Photographieen,
Städtebildern, bei denen das Werk selbst der eigentliche
Gegenstand der Nachbildung und die Darstellung der Um-
gebung nur Beiwerk und Umrahmung ist. Letzteres mag zu-
treffen, wird aber von den Interessenten mit Recht als ein
Mißbrauch betrachtet, der nicht von dem Gesetzgeber aus-
drücklich sanktioniert werden sollte. Im übrigen darf die
Schwierigkeit der tatsächlichen Feststellung nicht den Aus-
schlag für die Negierung eines wohl begründeten Urheber-
rechts bilden. Sonst würde man auf allen Gebieten des
Urheberrechts zu ungerechtfertigten und im Grunde auch un-
nötigen Einschränkungen kommen. Begrifflich ist die Wieder-
gabe eines Straßenbildes etwas durchaus andres als die Wieder-
gabe eines einzelnen Gebäudes. Nach der Art der Aufnahme,
der Wahl des Standpunktes, der Art der Wiedergabe, dem
Format, der Technik und dem Zusammenhang mit ähnlichen,
von dem gleichen Verleger herausgegebenen Nachbildungen

wird immer das eine oder das
andre Kriterium überwiegen.
Wenn im Zweifel die Gerichte
sich für die Zulässigkeit der
Nachbildung entscheiden, wird
das Unglück auch nicht groß
sein. Unter keinen Umständen
aber trifft der von dem Ent-
wurf geltend gemachte Gesichts-
punkt in denjenigen Fällen zu,
wo nicht nur eine Außenansicht
des Gebäudes, sondern wo sämt-
liche Fassaden und vor allem
auch einzelne Teile gesondert
wiedergegeben werden.
Will man infolgedessen den
Architekten wirksam schützen,
so wäre ihm jedenfalls das aus-
schließliche Recht der Nach-
bildung zum Zweck der ge-
werblichen Verbreitung vorzu-
behalten :
l.für einzelneTeiledesWerkes;
2. für die Nachbildung mehrerer Fassaden;
3. für die Nachbildung des Gebäudes, soweit dieses nicht
einen Bestandteil eines Straßenbildes ausmacht. Eine darüber
hinausgehende Freigabe der Werke der Baukunst würde den
Wert des neuen Gesetzes für die Architekten fast illusorisch
machen.
Auf die übrigen Bestimmungen des Entwurfes einzugehen,
ist hier nicht am Platze. Es genügt hervorzuheben, daß der
Schutz gleich dem der Werke der Literatur und Tonkunst und
der übrigen Werke der bildenden Künste bis nach Ablauf von
30 Jahren nach dem Tode des Urhebers dauert, daß das Recht
unter Lebenden oder von Todes wegen übertragbar ist, daß
die vorsätzliche oder fahrlässige Verletzung zum Schadenersatz
verbindet und die vorsätzliche Verletzung auch noch unter
Strafe gestellt wird.
Es ist zu hoffen, daß es den deutschen Architekten ge-
lingen wird, im Bundesrat und im Reichstag die Erkenntnis
zu wecken, daß auch die wirtschaftliche Verwertung des an
öffentlichen Plätzen und Straßen dauernd aufgestellten Werkes
dem Architekten vorbehalten bleiben muß. Wird dieses Ziel
erreicht, dann können wir gewiß sein, daß auch das deutsche
Urheberrecht dazu beitragen wird, die originale, künstlerische
Produktion zu heben und damit zur Förderung unsrer heimi-
schen Baukunst beizutragen.

Die Architektur auf der Großen Berliner Kunst-
ausstellung 1904.


(Schluß.)
■ as gänzliche Fehlen von Grundrissen und Schnitten neben den
Schaubildern vermindert die Anziehungskraft der ausgestellten
Entwürfe gegenüber dem größeren Publikum zum wenigsten auf
einem Gebiete der Baukunst, das dem Laien naturgemäß am
nächsten liegt und sich gegenwärtig ja besondrer Anteilnahme erfreut,
dem Landhausbau.
Skizzen und Entwürfe zu Landhäusern der verschiedensten Art und
Größe sind in größerer Anzahl vorhanden von Balcke (S. 86), Bangert,
Högg, Reuters (S. 92), Dinklage & Paulus, Schutte & Volmer,
Roensch. Erdmann & Spindler zeigen in zwei Buntstiftzeichnungen
die Ansichten des eben vollendeten Schlosses Klein-Kommerowe bei Treb-
nitz und von Spindlers eigenem Wohnhause in Zehlendorf (Tafel 90).
Ludwig Otte gibt in dem Herzfeldschen Hause im Wildpark wieder ein
Beispiel seiner prächtigen, ebenso vornehmen wie anheimelnden Schöpfungen,
die mit ihrer an französische Vorbilder des 18. Jahrhunderts gemahnenden
Architektur, mit der glücklichen Zusammenstimmung der Farben und den
verständnisvollen Grundrißlösungen zu dem Besten gehören, was in dem
neueren Landhausbau, namentlich in den anspruchsvollen Villenvororten
der Großstädte, geschaffen worden ist. Von Paul Jäger ist eine Villen-
gruppe aus Lankwitz, von Balcke &Sickel ein Wettbewerbentwurf zu
einer Villenkolonie in Zehlendorf-West ausgestellt (S. 89). Professor Pütz er

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