MICHELOZZO DI BARTOLOMMEO
welcher somit der ist, der auf Figur 17 von der Wendeltreppe längs
dem Hauptsaal zur Kapelle führt. Wäre die Treppe rechts gelegen,
so hätte es überhaupt gar keinen Gang zwischen Treppe und
Kapelle geben können und selbst die Annahme eines Irrtums in der
Bezeichnung eines etwaigen podestartigen Vorraumes der Kapelle
als »andito« ist ausgeschlossen, weil ein solcher nur eine ungefähr
1,80 m lange Wandfläche besessen hätte, um die 7 braccia (nach
Dr. Hans Stegmann bloss 5 braccia) lange Tapete mit der Verkün-
digung, welche das Inventar in diesem Gange angiebt, aufzunehmen.
Ebenso ist die Annahme ausgeschlossen, es habe etwa ein
zwischen Kapelle und Hauptsaal bis zur Via Cavour verlängerter
Gang die Bezeichnung »andito della Capella« geführt, denn im
zweiten Stock, um die drei um den Haupthof führenden
Gänge zu benennen, heisst der links vom Hof (S. 42v) »andito
ehe va alla chamera di Piero«, der rechts (S. 52) »andito ehe va
dalla chamera della tascha allo andito della chapella«, es bleibt
somit für den vorderen Gang der Loggia auch hier nur die Be-
zeichnung »andito della Capella« übrig, die er vom Namen des im
ersten Stocke darunterliegenden Ganges empfangen hatte. Somit
scheint jeder Zweifel bezüglich der Lage der alten Treppe gehoben.
Ob die Nebentreppe hinten rechts etwa früher bescheidener
und noch steiler gewesen sei, da sie bloss als „scaletta“ bezeichnet
ist, ist ungewiss. Selbstverständlich führten noch kleine Treppen
zu den an verschiedenen Stellen der drei Stöcke befindlichen, im
Inventar als Soffitte bezeichneten Zwischengeschossen.
Grundrisse und innere Einteilung. Der
Umstand, dass ausnahmsweise einmal von einem Zeitgenossen
und noch dazu von einem Architekten, Filarete, eine eingehendere
Besprechung eines Bauwerkes vorliegt, sollte zu der Meinung
berechtigen, dass dadurch alle Zweifel an der ursprünglichen
Beschaffenheit schwinden müssten. Leider ist dies nur teilweise
der Fall, und stände man auch mit Hilfe der bei Vasari befind-
lichen Nachrichten mancher Ungewissheit gegenüber. Erst das
bereits erwähnte Inventar, nach dem Tode Lorenzos il Magnifico
aufgenommen, welches von • E. Müntz in allen Teilen, welche
die Künste berühren, veröffentlicht wurde ’), sowie die Angabe
der nicht von Müntz gegebenen Räumlichkeiten, die auf meine
Bitte H. Dr. Hans Stegmann aus dem Originalinventar copierte,
gestattet nun mit Sicherheit die Hauptzüge der inneren Einteilung
festzustellen. Wir begleiten sie mit den Seitenzahlen des Inventars.
Es zeigt, dass Filarete nur die wesentlichsten Räume und auch
diese nicht alle anführt1 2). Dass in der Aufzählung der Räume
im Inventar eine soviel als möglich der wirklichen Reihenfolge
derselben entsprechende Ordnung befolgt wurde, wird bei ein-
gehender Beobachtung klar.
Naheliegend ist die Annahme, dass überall, wo im Inventar
von 1492 der Name des damaligen Hausherrn Lorenzo vorkommt,
ursprünglich die Räume des alten Cosimo zu setzen sind. Be-
greiflich ist, dass beide die eigenen Hauptwohnräume nach dem
Garten gelegt hatten, weil sie dort ruhiger und auch etwas
sicherer waren. Sie bildeten in zwei Geschossen die Gemächer
Kaiser Karls V., als er am 29. April 1536 hier abstieg3), wie
sie früher 1494 wohl auch für Karl VIII. von Frankreich ge-
dient hatten.
Erdgeschoss. Vordere Ecke links: die Loggia de’ Medici
mit zwei Portalen; dahinter die Treppe. An den Eingang
schlossen sich sechs gewölbte Räumlichkeiten, Voltae, zu keller-
artigen Zwecken (S. 1—2V) und vermutlich die Camera del
Portinaio (S. 31v). In der Ecke rechts Magazin oder Stallung4).
Links vom Hof hinten: die Sala grande (Inv. 3); davor ihre
Camera, Anticameretta und Scrittoio. Rechts vom Hof, hinten
wohl: das Zimmer mit zwei Betten (Inv. 9). Zwischen der
hinteren Treppe und dem vorderen Eckraum, das grosse Zimmer
Lorenzos (Inv. 6) neben den Zimmern der Kanzleibeamten und
der Staffieri jedes mit Vorzimmer. Diese hintere Treppe muss
auch als eine innere Verbindung zwischen den beiden grossen
Räumen Lorenzos unten, namentlich seines hinteren Schlafzimmers,
mit seiner grossen darüberliegenden Camera angesehen werden.
Der Umstand, dass im Erdgeschoss so gut wie kein Platz
für die einer solchen Wohnung würdigen Stallungen vorhanden
waren, noch auch möchte man glauben, für die Räume des welt-
berühmten Bankhauses, lässt vermuten, dass beide vorwiegend
im alten Hause, der »Casa Vecchia de’ Medici« geblieben waren,
welches ganz in der Nähe stand, und wie schon bemerkt, da be-
gann, wo der jetzige von den Riccardis vergrösserte Palast auf hört.
Erster Stock. Zuerst der vordere Gang bezeichnet als
Korridor der Kapelle (Inv. 12 und 52); am Ende desselben die
Kapelle (Inv. 12). An der Via Larga, der Haupt- oder Thron-
saal. Die Räume zu beiden Seiten desselben gelang es nicht
zu bezeichnen.
Der Gang rechts vom Hof ist als »anticamera della Camera
grande detta di Lorenzo« (Inv. i6v) bezeichnet. Da in dieser
Anticamera welche eine wahre kleine Galerie von Gemälden und
Reliefs enthielt eine Thür, bezeichnet als »uscio dello Scrittoio«
war, so kann letzterer berühmte Raum (Inv. 16), angeführt als
Scrittoio di Piero, (ohne Zweifel bei Filarete das Studietto)
nur an der Stelle der jetzigen Haupttreppe gesucht werden.
Sein Fussboden und Decke waren einst mit glasierten Terracotten
Luca della Robbias bekleidet5). Es enthielt nach dem Inventar
eine wahre Schatzkammer von Münzen, Kameen und anderen
Kostbarkeiten. Die Camera grande Lorenzos (Inv. 13V, die Camera
Cosimos, wie Filarete, dessen Gedächtniszweifel somit durch das
Inventar gehoben sind, sie nennt) lag hinten rechts mit drei Fenstern
nach dem Garten. Daneben links mit vier Fenstern die »Saletta«
mit einem Kamin und einem »acquaio« gegenüber der »Sala«,
An der Via de’ Gori, an der hinteren Ecke, die »Camera di Mon-
signore, wo jetzt Giuliano ist« (Inv. 38"), ferner die Chapelletta
(Inv. 4iv) mit einer kleinen Treppe hinten, um in die Soffitta über
dem Korridor links vom Hofe, wohl die Anticamera (Inv. 41), zu
gelangen. Diese drei letzten Räumlichkeiten sind diejenigen, welche
Filarete, als dem verstorbenen Sohne Cosimos, Giovanni, einst
gehörig bezeichnet, es sei denn, dass man in seinem Studio
bellissimo die Saletta selbst sehen will. Vielleicht war es möglich,
1) E. Müntz, Les Collections des Medicis au XVe s. Op. cit.
2) Dr. Wolfgang von Oettingen, in seinem Werk über Filarete, Quellen-
schriften für Kunstgeschichte, gegründet von R. von Eitelberger, giebt die ganze
Stelle. Wien 1890.
3) Vasaris Brief an Pietro Aretino, VIII. 260.
4) Wohl der Raum, der allein im Inv. S. 2V als Stall, und zwar als früherer,
bezeichnet ist: ehe soleva essere stalla terrena. Das Wort terrena berechtigt kaum
anzunehmen, dass es damals schon Stallungen, anderswo als im Erdgeschoss be-
findlich, gegeben habe.
5) Über die Ausstattung dieses berühmten Studietto giebt auch Vasari
eine eingehende Schilderung im Leben Lucas della Robbia, II, S. 174, wo in der
Anmerkung übrigens dieser Raum auch als Studio Cosimos angeführt wird.
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welcher somit der ist, der auf Figur 17 von der Wendeltreppe längs
dem Hauptsaal zur Kapelle führt. Wäre die Treppe rechts gelegen,
so hätte es überhaupt gar keinen Gang zwischen Treppe und
Kapelle geben können und selbst die Annahme eines Irrtums in der
Bezeichnung eines etwaigen podestartigen Vorraumes der Kapelle
als »andito« ist ausgeschlossen, weil ein solcher nur eine ungefähr
1,80 m lange Wandfläche besessen hätte, um die 7 braccia (nach
Dr. Hans Stegmann bloss 5 braccia) lange Tapete mit der Verkün-
digung, welche das Inventar in diesem Gange angiebt, aufzunehmen.
Ebenso ist die Annahme ausgeschlossen, es habe etwa ein
zwischen Kapelle und Hauptsaal bis zur Via Cavour verlängerter
Gang die Bezeichnung »andito della Capella« geführt, denn im
zweiten Stock, um die drei um den Haupthof führenden
Gänge zu benennen, heisst der links vom Hof (S. 42v) »andito
ehe va alla chamera di Piero«, der rechts (S. 52) »andito ehe va
dalla chamera della tascha allo andito della chapella«, es bleibt
somit für den vorderen Gang der Loggia auch hier nur die Be-
zeichnung »andito della Capella« übrig, die er vom Namen des im
ersten Stocke darunterliegenden Ganges empfangen hatte. Somit
scheint jeder Zweifel bezüglich der Lage der alten Treppe gehoben.
Ob die Nebentreppe hinten rechts etwa früher bescheidener
und noch steiler gewesen sei, da sie bloss als „scaletta“ bezeichnet
ist, ist ungewiss. Selbstverständlich führten noch kleine Treppen
zu den an verschiedenen Stellen der drei Stöcke befindlichen, im
Inventar als Soffitte bezeichneten Zwischengeschossen.
Grundrisse und innere Einteilung. Der
Umstand, dass ausnahmsweise einmal von einem Zeitgenossen
und noch dazu von einem Architekten, Filarete, eine eingehendere
Besprechung eines Bauwerkes vorliegt, sollte zu der Meinung
berechtigen, dass dadurch alle Zweifel an der ursprünglichen
Beschaffenheit schwinden müssten. Leider ist dies nur teilweise
der Fall, und stände man auch mit Hilfe der bei Vasari befind-
lichen Nachrichten mancher Ungewissheit gegenüber. Erst das
bereits erwähnte Inventar, nach dem Tode Lorenzos il Magnifico
aufgenommen, welches von • E. Müntz in allen Teilen, welche
die Künste berühren, veröffentlicht wurde ’), sowie die Angabe
der nicht von Müntz gegebenen Räumlichkeiten, die auf meine
Bitte H. Dr. Hans Stegmann aus dem Originalinventar copierte,
gestattet nun mit Sicherheit die Hauptzüge der inneren Einteilung
festzustellen. Wir begleiten sie mit den Seitenzahlen des Inventars.
Es zeigt, dass Filarete nur die wesentlichsten Räume und auch
diese nicht alle anführt1 2). Dass in der Aufzählung der Räume
im Inventar eine soviel als möglich der wirklichen Reihenfolge
derselben entsprechende Ordnung befolgt wurde, wird bei ein-
gehender Beobachtung klar.
Naheliegend ist die Annahme, dass überall, wo im Inventar
von 1492 der Name des damaligen Hausherrn Lorenzo vorkommt,
ursprünglich die Räume des alten Cosimo zu setzen sind. Be-
greiflich ist, dass beide die eigenen Hauptwohnräume nach dem
Garten gelegt hatten, weil sie dort ruhiger und auch etwas
sicherer waren. Sie bildeten in zwei Geschossen die Gemächer
Kaiser Karls V., als er am 29. April 1536 hier abstieg3), wie
sie früher 1494 wohl auch für Karl VIII. von Frankreich ge-
dient hatten.
Erdgeschoss. Vordere Ecke links: die Loggia de’ Medici
mit zwei Portalen; dahinter die Treppe. An den Eingang
schlossen sich sechs gewölbte Räumlichkeiten, Voltae, zu keller-
artigen Zwecken (S. 1—2V) und vermutlich die Camera del
Portinaio (S. 31v). In der Ecke rechts Magazin oder Stallung4).
Links vom Hof hinten: die Sala grande (Inv. 3); davor ihre
Camera, Anticameretta und Scrittoio. Rechts vom Hof, hinten
wohl: das Zimmer mit zwei Betten (Inv. 9). Zwischen der
hinteren Treppe und dem vorderen Eckraum, das grosse Zimmer
Lorenzos (Inv. 6) neben den Zimmern der Kanzleibeamten und
der Staffieri jedes mit Vorzimmer. Diese hintere Treppe muss
auch als eine innere Verbindung zwischen den beiden grossen
Räumen Lorenzos unten, namentlich seines hinteren Schlafzimmers,
mit seiner grossen darüberliegenden Camera angesehen werden.
Der Umstand, dass im Erdgeschoss so gut wie kein Platz
für die einer solchen Wohnung würdigen Stallungen vorhanden
waren, noch auch möchte man glauben, für die Räume des welt-
berühmten Bankhauses, lässt vermuten, dass beide vorwiegend
im alten Hause, der »Casa Vecchia de’ Medici« geblieben waren,
welches ganz in der Nähe stand, und wie schon bemerkt, da be-
gann, wo der jetzige von den Riccardis vergrösserte Palast auf hört.
Erster Stock. Zuerst der vordere Gang bezeichnet als
Korridor der Kapelle (Inv. 12 und 52); am Ende desselben die
Kapelle (Inv. 12). An der Via Larga, der Haupt- oder Thron-
saal. Die Räume zu beiden Seiten desselben gelang es nicht
zu bezeichnen.
Der Gang rechts vom Hof ist als »anticamera della Camera
grande detta di Lorenzo« (Inv. i6v) bezeichnet. Da in dieser
Anticamera welche eine wahre kleine Galerie von Gemälden und
Reliefs enthielt eine Thür, bezeichnet als »uscio dello Scrittoio«
war, so kann letzterer berühmte Raum (Inv. 16), angeführt als
Scrittoio di Piero, (ohne Zweifel bei Filarete das Studietto)
nur an der Stelle der jetzigen Haupttreppe gesucht werden.
Sein Fussboden und Decke waren einst mit glasierten Terracotten
Luca della Robbias bekleidet5). Es enthielt nach dem Inventar
eine wahre Schatzkammer von Münzen, Kameen und anderen
Kostbarkeiten. Die Camera grande Lorenzos (Inv. 13V, die Camera
Cosimos, wie Filarete, dessen Gedächtniszweifel somit durch das
Inventar gehoben sind, sie nennt) lag hinten rechts mit drei Fenstern
nach dem Garten. Daneben links mit vier Fenstern die »Saletta«
mit einem Kamin und einem »acquaio« gegenüber der »Sala«,
An der Via de’ Gori, an der hinteren Ecke, die »Camera di Mon-
signore, wo jetzt Giuliano ist« (Inv. 38"), ferner die Chapelletta
(Inv. 4iv) mit einer kleinen Treppe hinten, um in die Soffitta über
dem Korridor links vom Hofe, wohl die Anticamera (Inv. 41), zu
gelangen. Diese drei letzten Räumlichkeiten sind diejenigen, welche
Filarete, als dem verstorbenen Sohne Cosimos, Giovanni, einst
gehörig bezeichnet, es sei denn, dass man in seinem Studio
bellissimo die Saletta selbst sehen will. Vielleicht war es möglich,
1) E. Müntz, Les Collections des Medicis au XVe s. Op. cit.
2) Dr. Wolfgang von Oettingen, in seinem Werk über Filarete, Quellen-
schriften für Kunstgeschichte, gegründet von R. von Eitelberger, giebt die ganze
Stelle. Wien 1890.
3) Vasaris Brief an Pietro Aretino, VIII. 260.
4) Wohl der Raum, der allein im Inv. S. 2V als Stall, und zwar als früherer,
bezeichnet ist: ehe soleva essere stalla terrena. Das Wort terrena berechtigt kaum
anzunehmen, dass es damals schon Stallungen, anderswo als im Erdgeschoss be-
findlich, gegeben habe.
5) Über die Ausstattung dieses berühmten Studietto giebt auch Vasari
eine eingehende Schilderung im Leben Lucas della Robbia, II, S. 174, wo in der
Anmerkung übrigens dieser Raum auch als Studio Cosimos angeführt wird.
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