BERNARDO DI MATTEO GAMBERELLI gen. ROSSELLINO
Bewegung der Umrisse ist lebendig. Das Ornament sowie die
gezierten Glieder der Simse, sind etwas herber wie jene aus der
gleichen Zeit in Florenz und ein antikes Vorbild verrät sich
noch wenig; es herrscht dagegen mittelalterliche Tradition, was
besonders in der Verzierung mit Kreislinien an der Hängeplatte
und an den Blättern der Karniesse hervortritt. Die Kapitälformen
sind schematisch.
Die übrigens glückliche Verbindung mit dem figürlichen
Teil — nur die Ecken über dem Hauptrelief wirken etwas leer —
trägt dazu bei, das Ganze, trotz, oder eben wegen der leichten
Dissonanz der Teile geradezu als ein Juwel der frühen Florentiner
Renaissancekunst uns teuer zu machen.
Die Ausführung aus pietra forte ist vortrefflich, bei sorg-
fältigster Auswahl des Materiales, so dass Verletzungen und
Verwitterungen wenig auftreten. Es kommen verhältnismässig
grosse Werkstücke zur Verwendung und ist der Fugenschnitt in
den Darstellungen ersichtlich. Durch ein Versehen sind im Haupt-
gesims des I. Stockes in der Mitte eine und in der Platte unter
der Galerie alle Stossfugen auf Bl. 2 fortgeblieben. Die letzteren
liegen je in der Mitte des darunter befindlichen Konsuls.
DAS GRABMAL DES LEONARDO BRUNI
IN SA. CROCE.
ESCHICHTLICHES. Was wir über die
Geschichte dieses für die Entwicklung des toscanischen
Renaissancenischengrabes so wichtigen Monumentes
angeben können, ist verhältnismässig sehr wenig; ebensowenig
als wir über sein Pendant, das Grabmal Carlo Marsuppinis von
Desiderio wissen. Über Verdingung und Aufstellung insbesondere
sind genaue Zeitangaben nicht vorhanden; auch den Besteller,
als welcher bisher immer die Stadt Florenz galt, deren Kanzler
ja der Verstorbene gewesen und die ihm auf Staatskosten
eine prächtige Leichenfeier hatte zu teil werden lassen, steht
nicht unzweifelhaft fest; wenigstens ist von einem Beleg, d. i.
einem diesbezüglichen Beschluss aus den Staatsakten bisher
nichts bekannt. Auch findet sich am Monument selbst kein
Hinweis. Wohl aber hatte die Vaterstadt Arezzo beschlossen,
ihrem grossen Sohne ein würdiges Denkmal mit einer Statue zu
setzen. ’) Ob dieser Beschluss in dem Grabmal in Sa. Croce
seine Ausführung fand, oder ob der von der Stadt Arezzo mit
in die dreigliedrige Kommission für die Ausführung gewählte
einzige Sohn Donato Bruni das Grabmal errichten liess, was
wohl am wahrscheinlichsten ist, muss zunächst im Dunkel bleiben.
Über den berühmten Toten, den das Monument verherrlicht, der
als Gelehrter, Humanist, Historiker und Staatsmann seiner zweiten
Heimat Florenz grossen Ruhm unter seinen Zeitgenossen — und
wie man auch heute noch behaupten kann — mit Recht genoss,
brauchen wir hier uns nicht weiter zu beschäftigen. Ein merk-
würdiger Zufall wollte es, dass eines der herrlichsten Grabmale,
das die christliche Kunst geschaffen, dem Manne zu teil wurde,
der zu Lebzeiten über den Luxus grossartiger Grabmale und die
nach seiner Meinung damit verbundene Eitelkeit den beissendsten
Spott geäussert hatte und der in seinem Testament ausdrücklich
eine einfache glatte Grabplatte sich ausbedungen hatte.1 2) Die
Entstehungszeit fällt also mit grosser Wahrscheinlichkeit in das
auf den Tod Lionardos, der 1444 erfolgte, fallende Jahrzehnt.
Aufbau. Das Denkmal (siehe Fig. 2, Bl. 3 u. 4) be-
findet sich im südlichen Seitenschiff der Kirche. Auf einer ein-
fachen, niederen Stufe von Sandstein erhebt sich zunächst der
Sockel, dessen oberer Abschluss reich profiliert und geziert ist,
und unterhalb des Frieses, welchen in Relief spielende Putten
zwischen Fruchtgehängen, in der Mitte ein Löwenkopf als
Medaillon zieren, macht ein einfacher Anlaut den Fuss. Man
beachte diese feinsinnige Anordnung. Dieser Sockel bildet den
untern Teil des Rahmens der Nische. Auf ihm erheben sich
als seitliche Umrahmungen die korinthischen stabkanneliierten
Pilaster auf schuppengezierter attischer Basis mit hoher gezierter
Plinthe. Auf den schlanken Kapitalen ruht das vollständige Ge-
bälkstück, das in all seinen Teilen dann in der Nische herum-
geführt wird. Alles ist reich aber fein geziert, die Architrav-
glieder mit Perlstab, Eierstab und Blättern, der Fries mit einem
zarten stilisierten Pflanzenornament. Ähnlichen Schmuck wie der
Architrav weist das fein profilierte Kranzgesims auf. Über dem
Gebälk wölbt sich der Halbkreisbogen, vorn und in der Füllung
mit reichem und sorgsam gegliedertem Ornament. Oben auf dem
Bogen stehen zwei kräftig — mit Rücksicht auf die Unter-
sicht vielleicht etwas zu kräftig — gebildete Engelsknaben in
aufsteigender Haltung einen Eichenkranz haltend, dessen Enden
zwischen den Füssen der Knaben über den Bogen herabfallen.
Der Kranz bildet den Rahmen für das Wappen der Bruni.3)
Nun zur Nische selbst. Sie ist mässig vertieft. Zu unterst
auf Löwenköpfen mit Klauen der viereckige, grosse Sarkophag.
Die Profilierung unten einfach, oben reicher mit Verzierungen. Das
vordere Feld nimmt die einfache viereckige Inschriftplatte, von
zwei schwebenden, trefflich in den Raum komponierten, bekleideten
Genien gehalten, ein. Auf dem Sarkophag steht die Bahre mit
einem gemusterten, trefflich drapierten Teppich belegt, von
1) Leonardo Bruni Istoria Fiorentina. Firenze, Lemonnier, 1856. Bd. I.
In der Einleitung S. 42 findet sich die folgende Urkunde:
Deliberazioni del Collegio e Consiglio dal 1444 al 1448 a ca. 34
»Et prima super prima proposita continente in effectu, quod considerata
laudabili fama excellentissimi poethae Domini Leonardi Francisci de Brunis de
Aretis et quantum hanc civitatem Aretii ejus virtutibus decoravit, ut conveniens
sit aliquid facere ad perpetuam rei memoriam ipsius, ideoquid agendum.
Quod Domini Priores Populi civitatis Aretii possint teneantur et deeiant, öligere
duos cives Aretinos: qui duo sic eligendi uno cum Donato filio dicti quondam
Domini Leonardi habeant auctoritatem, potestatcm et balyamet ex omni auctori-
tate presentis Concilii eis concessa, data et attributa intelligatur talem, tantam et
quantam habet totum presens Concilium faciendi et fieri faciendi unam statuam
in figura dicti quondam Domini Leonardi in Ulis modis et in illo loco et de illa
expensa et costo pröut et sicut eisdcm duobus civibus Aretinis sicut sopra
eligendis videbitur et placebit . . .«
2) In einem Briefe an Poggio Bracciolini (Epistolarum libri VIII cd.
Mehus. Tom. I, Lib. III, S. 93) spricht sich Leonardo höchst beissend über
Michelozzos Grabmal des Bartolommeo Aragazzi, das er auf dem Transport sah,
aus. (S. darüber auch in der Monographie über Michelozzo.)
In dem in Anm. 1 angeführten Werk ist S. 35—37 das Testament des
Leonardi Bruni abgedruckt und findet sich dort folgende Stelle: . . . Sepulturam
vero elegit apud ecclesiam S. Crucis in Florentia, in qua sepulcrum sibi fieri voluit
in loco convenienti suae qualitati cum lapide marmoreo puro sine pompa. . . .«
3) Die Form des Wappens (dieses selbst stellt einen stehenden ge-
krönten Löwen auf mit Rauten besetztem Grunde dar) lässt wahrscheinlich
erscheinen, dass es nicht ursprünglich für diesen Ort gearbeitet sei. Das gleiche
Wappen befindet sich am Palast Bruni, der jetzigen Dogana, in Arezzo.
Bewegung der Umrisse ist lebendig. Das Ornament sowie die
gezierten Glieder der Simse, sind etwas herber wie jene aus der
gleichen Zeit in Florenz und ein antikes Vorbild verrät sich
noch wenig; es herrscht dagegen mittelalterliche Tradition, was
besonders in der Verzierung mit Kreislinien an der Hängeplatte
und an den Blättern der Karniesse hervortritt. Die Kapitälformen
sind schematisch.
Die übrigens glückliche Verbindung mit dem figürlichen
Teil — nur die Ecken über dem Hauptrelief wirken etwas leer —
trägt dazu bei, das Ganze, trotz, oder eben wegen der leichten
Dissonanz der Teile geradezu als ein Juwel der frühen Florentiner
Renaissancekunst uns teuer zu machen.
Die Ausführung aus pietra forte ist vortrefflich, bei sorg-
fältigster Auswahl des Materiales, so dass Verletzungen und
Verwitterungen wenig auftreten. Es kommen verhältnismässig
grosse Werkstücke zur Verwendung und ist der Fugenschnitt in
den Darstellungen ersichtlich. Durch ein Versehen sind im Haupt-
gesims des I. Stockes in der Mitte eine und in der Platte unter
der Galerie alle Stossfugen auf Bl. 2 fortgeblieben. Die letzteren
liegen je in der Mitte des darunter befindlichen Konsuls.
DAS GRABMAL DES LEONARDO BRUNI
IN SA. CROCE.
ESCHICHTLICHES. Was wir über die
Geschichte dieses für die Entwicklung des toscanischen
Renaissancenischengrabes so wichtigen Monumentes
angeben können, ist verhältnismässig sehr wenig; ebensowenig
als wir über sein Pendant, das Grabmal Carlo Marsuppinis von
Desiderio wissen. Über Verdingung und Aufstellung insbesondere
sind genaue Zeitangaben nicht vorhanden; auch den Besteller,
als welcher bisher immer die Stadt Florenz galt, deren Kanzler
ja der Verstorbene gewesen und die ihm auf Staatskosten
eine prächtige Leichenfeier hatte zu teil werden lassen, steht
nicht unzweifelhaft fest; wenigstens ist von einem Beleg, d. i.
einem diesbezüglichen Beschluss aus den Staatsakten bisher
nichts bekannt. Auch findet sich am Monument selbst kein
Hinweis. Wohl aber hatte die Vaterstadt Arezzo beschlossen,
ihrem grossen Sohne ein würdiges Denkmal mit einer Statue zu
setzen. ’) Ob dieser Beschluss in dem Grabmal in Sa. Croce
seine Ausführung fand, oder ob der von der Stadt Arezzo mit
in die dreigliedrige Kommission für die Ausführung gewählte
einzige Sohn Donato Bruni das Grabmal errichten liess, was
wohl am wahrscheinlichsten ist, muss zunächst im Dunkel bleiben.
Über den berühmten Toten, den das Monument verherrlicht, der
als Gelehrter, Humanist, Historiker und Staatsmann seiner zweiten
Heimat Florenz grossen Ruhm unter seinen Zeitgenossen — und
wie man auch heute noch behaupten kann — mit Recht genoss,
brauchen wir hier uns nicht weiter zu beschäftigen. Ein merk-
würdiger Zufall wollte es, dass eines der herrlichsten Grabmale,
das die christliche Kunst geschaffen, dem Manne zu teil wurde,
der zu Lebzeiten über den Luxus grossartiger Grabmale und die
nach seiner Meinung damit verbundene Eitelkeit den beissendsten
Spott geäussert hatte und der in seinem Testament ausdrücklich
eine einfache glatte Grabplatte sich ausbedungen hatte.1 2) Die
Entstehungszeit fällt also mit grosser Wahrscheinlichkeit in das
auf den Tod Lionardos, der 1444 erfolgte, fallende Jahrzehnt.
Aufbau. Das Denkmal (siehe Fig. 2, Bl. 3 u. 4) be-
findet sich im südlichen Seitenschiff der Kirche. Auf einer ein-
fachen, niederen Stufe von Sandstein erhebt sich zunächst der
Sockel, dessen oberer Abschluss reich profiliert und geziert ist,
und unterhalb des Frieses, welchen in Relief spielende Putten
zwischen Fruchtgehängen, in der Mitte ein Löwenkopf als
Medaillon zieren, macht ein einfacher Anlaut den Fuss. Man
beachte diese feinsinnige Anordnung. Dieser Sockel bildet den
untern Teil des Rahmens der Nische. Auf ihm erheben sich
als seitliche Umrahmungen die korinthischen stabkanneliierten
Pilaster auf schuppengezierter attischer Basis mit hoher gezierter
Plinthe. Auf den schlanken Kapitalen ruht das vollständige Ge-
bälkstück, das in all seinen Teilen dann in der Nische herum-
geführt wird. Alles ist reich aber fein geziert, die Architrav-
glieder mit Perlstab, Eierstab und Blättern, der Fries mit einem
zarten stilisierten Pflanzenornament. Ähnlichen Schmuck wie der
Architrav weist das fein profilierte Kranzgesims auf. Über dem
Gebälk wölbt sich der Halbkreisbogen, vorn und in der Füllung
mit reichem und sorgsam gegliedertem Ornament. Oben auf dem
Bogen stehen zwei kräftig — mit Rücksicht auf die Unter-
sicht vielleicht etwas zu kräftig — gebildete Engelsknaben in
aufsteigender Haltung einen Eichenkranz haltend, dessen Enden
zwischen den Füssen der Knaben über den Bogen herabfallen.
Der Kranz bildet den Rahmen für das Wappen der Bruni.3)
Nun zur Nische selbst. Sie ist mässig vertieft. Zu unterst
auf Löwenköpfen mit Klauen der viereckige, grosse Sarkophag.
Die Profilierung unten einfach, oben reicher mit Verzierungen. Das
vordere Feld nimmt die einfache viereckige Inschriftplatte, von
zwei schwebenden, trefflich in den Raum komponierten, bekleideten
Genien gehalten, ein. Auf dem Sarkophag steht die Bahre mit
einem gemusterten, trefflich drapierten Teppich belegt, von
1) Leonardo Bruni Istoria Fiorentina. Firenze, Lemonnier, 1856. Bd. I.
In der Einleitung S. 42 findet sich die folgende Urkunde:
Deliberazioni del Collegio e Consiglio dal 1444 al 1448 a ca. 34
»Et prima super prima proposita continente in effectu, quod considerata
laudabili fama excellentissimi poethae Domini Leonardi Francisci de Brunis de
Aretis et quantum hanc civitatem Aretii ejus virtutibus decoravit, ut conveniens
sit aliquid facere ad perpetuam rei memoriam ipsius, ideoquid agendum.
Quod Domini Priores Populi civitatis Aretii possint teneantur et deeiant, öligere
duos cives Aretinos: qui duo sic eligendi uno cum Donato filio dicti quondam
Domini Leonardi habeant auctoritatem, potestatcm et balyamet ex omni auctori-
tate presentis Concilii eis concessa, data et attributa intelligatur talem, tantam et
quantam habet totum presens Concilium faciendi et fieri faciendi unam statuam
in figura dicti quondam Domini Leonardi in Ulis modis et in illo loco et de illa
expensa et costo pröut et sicut eisdcm duobus civibus Aretinis sicut sopra
eligendis videbitur et placebit . . .«
2) In einem Briefe an Poggio Bracciolini (Epistolarum libri VIII cd.
Mehus. Tom. I, Lib. III, S. 93) spricht sich Leonardo höchst beissend über
Michelozzos Grabmal des Bartolommeo Aragazzi, das er auf dem Transport sah,
aus. (S. darüber auch in der Monographie über Michelozzo.)
In dem in Anm. 1 angeführten Werk ist S. 35—37 das Testament des
Leonardi Bruni abgedruckt und findet sich dort folgende Stelle: . . . Sepulturam
vero elegit apud ecclesiam S. Crucis in Florentia, in qua sepulcrum sibi fieri voluit
in loco convenienti suae qualitati cum lapide marmoreo puro sine pompa. . . .«
3) Die Form des Wappens (dieses selbst stellt einen stehenden ge-
krönten Löwen auf mit Rauten besetztem Grunde dar) lässt wahrscheinlich
erscheinen, dass es nicht ursprünglich für diesen Ort gearbeitet sei. Das gleiche
Wappen befindet sich am Palast Bruni, der jetzigen Dogana, in Arezzo.