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Stegmann, Carl von; Geymüller, Heinrich von; Geymüller, Heinrich von; Stegmann, Carl von [Hrsg.]; Geymüller, Heinrich von [Hrsg.]
Die Architektur der Renaissance in Toscana: dargestellt in den hervorragendsten Kirchen, Palästen, Villen und Monumenten nach den Aufnahmen der Gesellschaft San Giorgio in Florenz; nach Meistern und Gegenständen geordnet (Band 5): Leonardo da Vinci, Giuliano da Sangallo, Antonio da Sangallo der Ältere — München: Verlagsanstalt F. Bruckmann A.-G., 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.54599#0023
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GIULIANO DA SANGALLO

ANTEIL GIULIANOS AN DEN ENTWÜRFEN

ZUM PALAZZO STROZZI').


M Jahre 1887 veröffentlichte Jocloco del Badia einige
Notizen aus den Archiven des Palazzo Strozzi, aus
denen die ganz neue Thatsache hervorging, dass auch

G. da Sangallo durch Anfertigung eines Holzmodells, an den
Studien für die Erbauung dieses Palastes beteiligt war.
Diese Angaben lehren, dass zwischen dem 19. September
1489 und dem 6. Februar 1490, in drei Malen, 115 Lire 10 Soldi
an G. da Sangallo bezahlt wurden: »per sua manifattura e parte
di lengname messo in fare el modello del deficio della chasa«1 2).
H. von Stegmann glaubte sich nun zum irrigen Schluss
gezwungen, dass G. da Sangallo der Erfinder des vorhandenen
Modells, des Grundrisses des Palastes, folglich der eigentliche
Architekt des Palazzo Strozzis sei. Er reihte das Modell, als

Blatt 5, in dessen Monographie ein und liess, auf dem Doppel-
blatt der Fassade, statt den Namen Benedettos da Majano, den
Giulianos da Sangallo stechen und dasselbe als Bl. 16 erscheinen.
Diese Auffassung ist, wie man sehen wird, nicht richtig.
Zum besseren Verständnis teile ich hier den ganzen Wort-
laut der auf G. da Sangallo bezüglichen Stellen mit3).
Ich fand in diesem Bande eine Anzahl von Thatsachen,
die mehr Licht in die Angelegenheit werfen. Weitere grössere
Angaben bezüglich Sangallo als die von Del Badia im Auszug
erwähnten scheinen nicht vorhanden zu sein. Ein erschöpfendes
Studium aller Bände des scheinbar wohlgeordneten Archivs dürfte
jedoch mindestens ein halbes Jahr in Anspruch nehmen. Ich
spreche hier Sr. Durchlaucht dem Principe Don Piero Strozzi
meinen verbindlichsten Dank aus für die „Gentilezza“, mit welcher

er mir diese Nachforschung gestattete.
Seit bald vierzig Jahren habe ich Giuliano wegen seines
Anteils an der Peterskirche genau verfolgt, seine Werke und
Zeichnungen studiert, aber nie in seinem Stile den geringsten An-
haltspunkt für eine Thätigkeit im Palazzo Strozzi gefunden.
Nichts beweist bei den vielen Modellen die gemacht
wurden, dass gerade das vorhandene das von Giuliano an-
gefertigte sei. Immerhin bin ich geneigt, bis auf weiteres, mit
II. von Stegmann anzunehmen, dass wir sein Modell vor uns haben.
Es ist, wie H. von Stegmann sagt, im Massstab von 1:40

ausgeführt und misst nach seinen Angaben in den Umfassungs-
wänden: 1,335 m Länge, 0,987 m Breite und 0,720 m Gesamt-
höhe. Dies ergäbe 53,40 m (statt 53,56 m), 39,48 m (statt
39,62 m) und 28,80 (statt 31,310) m. Länge und Breite wären

-somit die des ausgeführten Palastes. Dagegen wäre die Höhe

2,51 m4) geringer, und nach der genauen Aufnahme des Modells,

die ich durch Herrn Castellucci vornehmen liess, sogar 3,85 m.
Das Bl. 1 der Monographie Benedetto da Majanos zeigt, wie gross
die Unterschiede zwischen Holzmodell und dem Palaste sind.

Weiteren Aufschluss giebt die Zeichnung Nr. ig2A der

Uffizien, die zum Glück II. von Stegmann ebenfalls hier veröffent-

licht hat5). Sie stellt die Häuser und Paläste um die Piazza

degli Strozzi dar. Hier hat der Palazzo nur 60 Braccia Front,

statt 67, somit 4,08 m weniger als jetzt. Diese Darstellung ist

also älter als der 20. März 1489, an welchem Tage die heutigen

Frontlängen amtlich bewilligt wurden. Dennoch steht die Archi-

tektur hier der Ausführung viel näher als im Modell Sangallos.

Die Zeichnung wird in den Uffizien Benedetto da Majano zu-

geschrieben. Jedenfalls ist sie nicht von G. da Sangallo. Im

Verhältnis zur halben Breite ist die Höhe genau dieselbe wie in
der Ausführung (sogar 0,10 m grösser), währenddem nach dem
Holzmodell die Höhe 3,85 m geringer werden sollte. Ehe G. da

Sangallo sein oder das jetzige Holzmodell fertigte, waren also

schon viel reifere Entwürfe anderer Meister vorhanden. Sein

Modell war also bloss ein neuer Vorschlag für das Äussere,
„une consultation“, wie Clausse schreibt, dem aber keine Folge
gegeben wurde.
Vielleicht war die Ausführung des Modells Sangallos
nur eine neue List Filippo Strozzis, um den Gönner Sangallos,
Lorenzo il Magnifico, für seine beabsichtigten Pläne zu gewinnen.
Es ist somit klar, dass Giuliano nicht der Architekt dieses
herrlichen Baues war.

DER PALAZZO GONDI IN FLORENZ.

Dein besonderes Interesse ©x® Der Ruf dieses Pa-
lastes ist wegen seines reizenden Hofs ein wohlverdienter. Da
hier nicht von einer Beteiligung Cronacas, Sansovinos oder anderer
Meister die Rede ist, zeigt er das echte Können und den Ge-
schmack Giulianos,

1) W Der Text auf Seite 12 ist nicht gültig! Von hier aus
ist der Text von H. von Geymüller. Vor seinem Hinscheiden hatte H. von
Stegmann die Seite 12 schon veröffentlicht und die folgende war bereits
druckfertig. Eine Reihe von Arbeiten über G. da Sangallo, die seit dem
Tode H. von Stegmanns entstanden sind, besonders aber die Möglichkeit,
diese Frage eingehender zu prüfen, zwangen mich jedoch, diese zwei Seiten
von neuem zu bearbeiten, da sich die Schlüsse H. von Stegmanns als unhalt-
bar erwiesen.
2) Siehe: Raccolta delle Migliori Fabbriche antiche e moderne di
Firenze, misurate ecc. dagli architetti R. ed E. Mazzanti e T. del Lungo
ecc. op. cit. Dispensa 2 5a p. 28. Firenze 1887. Del Badia betont dabei, dass
er sich nicht auf die Fragen, die man hieraus ziehen könnte, einlassen
wolle, und in der darauf folgenden Nota artistica wird die bisherige An-
nahme stehen gelassen. G. Clausse, Les Sangallo, architectes, etc. Bd. I.
Giuliano et Antonio (J’Ancien), Paris 1900, S. 179, betrachtet dies Modell mit
Recht, wie es sich herausstellt, einfach ,,cq>mme une consultation“. C. von
Fabriczy dagegen, in seinen Zusätzen zur 8. Auflage von Buckhardts Cicerone,
glaubt wie H. von Stegmann, Giuliano als den Meister des Palazzo Strozzi
ansehen zu müssen.
3) Sie befinden sich im Band N°- 49: Debitorj e creditorj, appartenente

alla muraglia della chasa di firenze. Er beginnt am 4. Juli 1489, hat 240 fol.,
von denen 208 beschrieben sind, und geht bis 1491.

+ 1489 -|-
Fol.i2v- Guliano dassanghallo cheffa
el modello della chasa del nostro
maggiore de dare adj 19 di set-
tenbre lire venticinque soldi otto
piccioli per ma (mano) di filippo
strozzi e conpagni posto ehe
debbono avere in qn. 3 . . . . L. 25.08.
E de dare adj 12 di dicienbre L venti-
cinque soldi dodici portö chontanti
Bernardino di Marcholino nipote
in F. 4. d’oro larghi la chapsa
auere in questo a 18 . . . . L. 25.12
E adj 6 di gugno L sessanta quattro
soldi dodici portö edetto contanti
in F. x d’oro larghi in oro per
resto di sua fatica del modello
della chasa per poliza di franc0.
horafo soscripta dal maggiore.
La chapsa avere in q°. 18 . . L. 64.10.
115.10.

+ 1498
Fol. 13. Giuliano dassanghalo di rin-
chontro de auere adj 22 di luglio
Lire ciento quindici soldi dieci
piccioli facciangli buoni per ssua
manifattura et parte dj lengniame
messo Jn ffare el modello di lengo
della chasa.
posto spese di murare debbono
dare Jn q°. carte 54 .... L. 115.10.

1) NB. Fol. 18 liest man noch einmal:
a Guliano da Ssanghallo posto debbj dare
In q°. 13.L. 25.12.

4) Dass H. von Stegmann hier 7 m angab, war wohl nur ein Druckfehler.
5) Siehe: Illustrazione Storica, Disegni, Bl. 5.

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