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Markante Bauten der ostslowakischen Renaissance stellen die
mit Schildzinnenattiken bekrönte Glockentürme und Kirchen-
türme dar. Dieses Motiv verbreitete sich auf den evangelischen
Kircheunbauten in der Zeit der Gegenreformationskämfe (Kež-
marok 1586—1591, eine Attikabekrönung hat auch der neben
der Pfarrkirche stehende Turm, Spišská Bělá Glockentürme 1598,
Spišská Sobota 1598, Strážky 1629, Vrbov 1644, Sabinov 1657,
später umgebaut, Poprad 1658, Podolinec 1659). Alle diese
Glockentürme erinnern an Wehrtürme, sind prismenförmig und
von einfachen Proportionen, die sich dem Verhältnis 1 :2
nähern. Nach Kežmarok wurden die Kirchentürme in Podhorany
(Ende des 16. Jahrhunderts), in Jamnik, in Cervenica, in Spišský
Hrhov (Anfang des 17. Jahrhunderts), in Osikov 1612, in Granč-
-Petrovce 1626, in Svinia 1628, in Radačov 1630, in Chmelov
1634, in Chmiňany und Harakovce mit Attikenbekrönungen
überbaut.
Vollendet in der Einfachheit ihrer Formen, Proportionen und
der Eingliederung in die Naturlandschaft sind die volkstümlichen
hölzernen Glockentürme in den Döfern aus diesem Zeitabschnitt
(Malé Ozorovce 1619, Trstené bei Liptovský Mikuláš, Slovenské
Pravno). Lebensfroh und licht sind die Innenräume einiger
Dorfkirchen mit bunt bemalten hölzernen Kasettendecken und
Emporen (Smrečany, Výborná, Kraskovo usw.).5
Am freiesten äusserten sich die neuen architektonischen Ideen
auf den Schlossbauten. Die Ursachen ihrer neuen freien Standort-
bestimmung in der Ebene waren vielseitig; die Veränderungen
der Motive militärischen, Verteidigungscharakters sind sicherlich
die bewusstesten Grundfaktoren gewesen, doch in der simultanen
Einheit wirksamer Faktoren kristallisierten auch die architek-
tonischen Eigenschaften : sie stehen frei in der Naturumgebung,
im offenen Raum, die Plastizität ihrer Baumasse kann hier voll
zur Geltung kommen.
Schlösser in der Ebene wurden in der Slowakei verhältnismäs-
sig lange, bis in das 17. Jahrhundert gebaut. Ihre Verteidigungs-
fähigkeit, obzwar sie noch häufig befestigt und mit Wassergräben
umgeben wurden, war schon beschränkt und allmählich sekun-
där.
Im 16. Jahrhundert erschienen mehrere Typen von Schlössern:
die einfachen Bauten in Blockform hatten ihre Vorgänger in den
spätgotischen Kurien, die regelmässigen vierflügeligen Schloss-
bauten in den gotischen Burgen von der Art des Schlosses in
Zvolen (Altsohl) (1370—1380).
Das Schloss in Betlanovce (1564—1568) ist charakteristisch
durch seine einheitliche, rechteckförmige kubische Baumasse
und seine Disposition, die an Bürgerhäuser erinnert. Am ersten
Stockwerk umgab das Schloss ursprünglich ein gedeckter hölzerner
Laubengang. Die Baumasse des Schlosses, sein Grundriss und die
Hauptfassade haben die Proportionen 1 : 2, die Seitenfassade
1:1. Das Schloss in Hájniky (1618) ist in seiner kubischen Form
und übersichtlichen Disposition auch von ausgeprägter Klarheit.
Einen reinen Typus eines regelmässigen vierflügeligen Schlosses
mit Eckbasteien und einem regelmässigen Arkadenhof stellt das
Thurzo-Schloss in Bytča dar (Kilian Syroth de Mediolano,
1571 —1575). Das einstöckige, symmetrische Schloss hat inmitten
der Hauptfassade, über dem Tor, einen Turm und war von einem
Wassergraben umgeben. Die Wände des Arkadenganges auf dem
Hof sind mit historischen Malereien verziert. Im Jahre 1601
wurde neben dem Schloss das sogenannte Hochzeitspalais erbaut,
welches reich mit Sgraffitos geschmückt ist. Weniger regelmässig
ist das Schloss in Strážky (1570—1590), auch mit Innenhof und
bekrönt mit einer Schildzinnenattika. Sein Eigentümer, der
Humanist G. Horváth-Stančič gründete hier im Jahre 1588 eine
humanistische Akademie.
Eine ganze Reihe von vierflügeligen Schlössern mit Innen-
höfen und Eckbasteien blieb erhalten (Šala, Bošany, Ende des
16. Jahrhunderts, Zemianske Kostolany, um das Jahr 1610, Hu-
menné 1610, Horné Lefantovce 1618, Trebostovo, Žiar nad
Hronom 1631, Ožďany, TopoTčianky 1662 usw.). Von den
häufigsten Typen sind es die einfache Bauten in Blockform mit
vier oder zwei Eckbasteien oder Erkern (Klátová Nová Ves, 16.
Jahrhundert, Hanušovce 1564, Horná Lehota, Mokřaď, Divinka,
Moravany, Liptovský Ján, Liptovský Štiavnik, Považské Podhradie,
Ostrá Lúka, Markušovce, Dolná Mičiná, Lúka usw.). Einen
markanten Wohnturm besitzt das Schloss in Pečovská Nová Ves
(1649).
Einige Schlösser sind durch zwei die Hauptfassade flankieren-
den eckigen Turmbasteien charakterisiert (Fričovce, M. Sorger
1623—1630, mit einer reichen Schildzinnenattika mit Ädikulen,
Trstín, Necpaly, Diviaky aus der zweiten Hälfte des 17. Jahr-
hunderts) .
Die markantesten Schlösser, aber auch die übrigen bei uns im
16. und 17. Jahrhundert entstandenen Bauten, bringen sichtbar
die allgemeiner gültigen Prinzipien des architektonischen Schaf-
fens und Komposition der Renaissance zum Ausdruck; Logik und
Übersichtlichkeit der Disposition, Einfachheit der Baumassen-
und Raumkomposition, Tendenz zur Symmetrie und Horizon-
talität, an den Schlössern auch durch vertikale Akzente ausge-
wogen, und die innere Abgeschlossenheit der plastisch wirkenden
Baumasse.
Dem Streben nach reinen, kubischen Formen, nach der Hori-
zontalität entsprach die Bekrönung des Baues durch eine Attika.
Das galt im wesentlichen Masse für unsere gesamte Renaissance-
architektur, nicht nur für Schlösser und Glockentürme, besonders
wenn wir uns dessen bewusst werden, dass die mit Attiken
bekrönten Fassaden im 16. und 17. Jahrhundert viel häufiger
vorkamen, als sie bis heute erhalten blieben.
Die Proportionsanalyse der Volumen- und Dispositionskompo-
sition mehrerer Renaissancebauten, sowie auch ihrer Fassaden,
der Aufrisse einiger Details, z. B. der Portale und Pastoforien,
zeigt, dass auch unsere Renaissancebaumeister die Tendenz
hatten, einfache Proportionsbeziehungen, die dem Verhältnis
der einfachen, ganzen Zahlen nahe stehen, anzuwenden. Die
einfachen Bauvolumenproportionen des Schlosses in Betlanovce
(1 : 2, 1 : 1) wurden schon erwähnt, ähnliche Proportionen zeigt
der Grundriss des Schlosses in Hájniky, in Klátová Nová Ves
und in Dolná Mičiná. Die Schlösser in Bytča, Humenné und
Necpaly sind im Grundriss Vierecke, in Necpaly wiederholt sich
an dem Seitenanblick das Verhältnis 1 : 2. Die ruhige Disposition
und Raumkomposition vieler Renaissancebauten ist auch durch
ihre Formenähnlichkeit bedingt; bei der Analyse wiederholen
sich hier häufig parallele Diagonalen. Die Ähnlichkeit der
Fassadenteile im Verhältnis 1 : 2 wiederholt sich auch an dem
Rathaus in Banská Bystrica, die Arkadenfassade des Levočaer
Markante Bauten der ostslowakischen Renaissance stellen die
mit Schildzinnenattiken bekrönte Glockentürme und Kirchen-
türme dar. Dieses Motiv verbreitete sich auf den evangelischen
Kircheunbauten in der Zeit der Gegenreformationskämfe (Kež-
marok 1586—1591, eine Attikabekrönung hat auch der neben
der Pfarrkirche stehende Turm, Spišská Bělá Glockentürme 1598,
Spišská Sobota 1598, Strážky 1629, Vrbov 1644, Sabinov 1657,
später umgebaut, Poprad 1658, Podolinec 1659). Alle diese
Glockentürme erinnern an Wehrtürme, sind prismenförmig und
von einfachen Proportionen, die sich dem Verhältnis 1 :2
nähern. Nach Kežmarok wurden die Kirchentürme in Podhorany
(Ende des 16. Jahrhunderts), in Jamnik, in Cervenica, in Spišský
Hrhov (Anfang des 17. Jahrhunderts), in Osikov 1612, in Granč-
-Petrovce 1626, in Svinia 1628, in Radačov 1630, in Chmelov
1634, in Chmiňany und Harakovce mit Attikenbekrönungen
überbaut.
Vollendet in der Einfachheit ihrer Formen, Proportionen und
der Eingliederung in die Naturlandschaft sind die volkstümlichen
hölzernen Glockentürme in den Döfern aus diesem Zeitabschnitt
(Malé Ozorovce 1619, Trstené bei Liptovský Mikuláš, Slovenské
Pravno). Lebensfroh und licht sind die Innenräume einiger
Dorfkirchen mit bunt bemalten hölzernen Kasettendecken und
Emporen (Smrečany, Výborná, Kraskovo usw.).5
Am freiesten äusserten sich die neuen architektonischen Ideen
auf den Schlossbauten. Die Ursachen ihrer neuen freien Standort-
bestimmung in der Ebene waren vielseitig; die Veränderungen
der Motive militärischen, Verteidigungscharakters sind sicherlich
die bewusstesten Grundfaktoren gewesen, doch in der simultanen
Einheit wirksamer Faktoren kristallisierten auch die architek-
tonischen Eigenschaften : sie stehen frei in der Naturumgebung,
im offenen Raum, die Plastizität ihrer Baumasse kann hier voll
zur Geltung kommen.
Schlösser in der Ebene wurden in der Slowakei verhältnismäs-
sig lange, bis in das 17. Jahrhundert gebaut. Ihre Verteidigungs-
fähigkeit, obzwar sie noch häufig befestigt und mit Wassergräben
umgeben wurden, war schon beschränkt und allmählich sekun-
där.
Im 16. Jahrhundert erschienen mehrere Typen von Schlössern:
die einfachen Bauten in Blockform hatten ihre Vorgänger in den
spätgotischen Kurien, die regelmässigen vierflügeligen Schloss-
bauten in den gotischen Burgen von der Art des Schlosses in
Zvolen (Altsohl) (1370—1380).
Das Schloss in Betlanovce (1564—1568) ist charakteristisch
durch seine einheitliche, rechteckförmige kubische Baumasse
und seine Disposition, die an Bürgerhäuser erinnert. Am ersten
Stockwerk umgab das Schloss ursprünglich ein gedeckter hölzerner
Laubengang. Die Baumasse des Schlosses, sein Grundriss und die
Hauptfassade haben die Proportionen 1 : 2, die Seitenfassade
1:1. Das Schloss in Hájniky (1618) ist in seiner kubischen Form
und übersichtlichen Disposition auch von ausgeprägter Klarheit.
Einen reinen Typus eines regelmässigen vierflügeligen Schlosses
mit Eckbasteien und einem regelmässigen Arkadenhof stellt das
Thurzo-Schloss in Bytča dar (Kilian Syroth de Mediolano,
1571 —1575). Das einstöckige, symmetrische Schloss hat inmitten
der Hauptfassade, über dem Tor, einen Turm und war von einem
Wassergraben umgeben. Die Wände des Arkadenganges auf dem
Hof sind mit historischen Malereien verziert. Im Jahre 1601
wurde neben dem Schloss das sogenannte Hochzeitspalais erbaut,
welches reich mit Sgraffitos geschmückt ist. Weniger regelmässig
ist das Schloss in Strážky (1570—1590), auch mit Innenhof und
bekrönt mit einer Schildzinnenattika. Sein Eigentümer, der
Humanist G. Horváth-Stančič gründete hier im Jahre 1588 eine
humanistische Akademie.
Eine ganze Reihe von vierflügeligen Schlössern mit Innen-
höfen und Eckbasteien blieb erhalten (Šala, Bošany, Ende des
16. Jahrhunderts, Zemianske Kostolany, um das Jahr 1610, Hu-
menné 1610, Horné Lefantovce 1618, Trebostovo, Žiar nad
Hronom 1631, Ožďany, TopoTčianky 1662 usw.). Von den
häufigsten Typen sind es die einfache Bauten in Blockform mit
vier oder zwei Eckbasteien oder Erkern (Klátová Nová Ves, 16.
Jahrhundert, Hanušovce 1564, Horná Lehota, Mokřaď, Divinka,
Moravany, Liptovský Ján, Liptovský Štiavnik, Považské Podhradie,
Ostrá Lúka, Markušovce, Dolná Mičiná, Lúka usw.). Einen
markanten Wohnturm besitzt das Schloss in Pečovská Nová Ves
(1649).
Einige Schlösser sind durch zwei die Hauptfassade flankieren-
den eckigen Turmbasteien charakterisiert (Fričovce, M. Sorger
1623—1630, mit einer reichen Schildzinnenattika mit Ädikulen,
Trstín, Necpaly, Diviaky aus der zweiten Hälfte des 17. Jahr-
hunderts) .
Die markantesten Schlösser, aber auch die übrigen bei uns im
16. und 17. Jahrhundert entstandenen Bauten, bringen sichtbar
die allgemeiner gültigen Prinzipien des architektonischen Schaf-
fens und Komposition der Renaissance zum Ausdruck; Logik und
Übersichtlichkeit der Disposition, Einfachheit der Baumassen-
und Raumkomposition, Tendenz zur Symmetrie und Horizon-
talität, an den Schlössern auch durch vertikale Akzente ausge-
wogen, und die innere Abgeschlossenheit der plastisch wirkenden
Baumasse.
Dem Streben nach reinen, kubischen Formen, nach der Hori-
zontalität entsprach die Bekrönung des Baues durch eine Attika.
Das galt im wesentlichen Masse für unsere gesamte Renaissance-
architektur, nicht nur für Schlösser und Glockentürme, besonders
wenn wir uns dessen bewusst werden, dass die mit Attiken
bekrönten Fassaden im 16. und 17. Jahrhundert viel häufiger
vorkamen, als sie bis heute erhalten blieben.
Die Proportionsanalyse der Volumen- und Dispositionskompo-
sition mehrerer Renaissancebauten, sowie auch ihrer Fassaden,
der Aufrisse einiger Details, z. B. der Portale und Pastoforien,
zeigt, dass auch unsere Renaissancebaumeister die Tendenz
hatten, einfache Proportionsbeziehungen, die dem Verhältnis
der einfachen, ganzen Zahlen nahe stehen, anzuwenden. Die
einfachen Bauvolumenproportionen des Schlosses in Betlanovce
(1 : 2, 1 : 1) wurden schon erwähnt, ähnliche Proportionen zeigt
der Grundriss des Schlosses in Hájniky, in Klátová Nová Ves
und in Dolná Mičiná. Die Schlösser in Bytča, Humenné und
Necpaly sind im Grundriss Vierecke, in Necpaly wiederholt sich
an dem Seitenanblick das Verhältnis 1 : 2. Die ruhige Disposition
und Raumkomposition vieler Renaissancebauten ist auch durch
ihre Formenähnlichkeit bedingt; bei der Analyse wiederholen
sich hier häufig parallele Diagonalen. Die Ähnlichkeit der
Fassadenteile im Verhältnis 1 : 2 wiederholt sich auch an dem
Rathaus in Banská Bystrica, die Arkadenfassade des Levočaer