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Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (2): Mythologische Cyklen — Berlin, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.12015#0040
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TROISCH

ER KREIS

Gruppe der römischen Sarkophage 27. 28 zu voller Geltung;
der vom linken Fuss abgestreifte Frauenschuh ist nur auf 27
dargestellt, während 20. 21. 22. 25. 28 zwar auch den
rechten Fuss beschuht, den linken entblösst zeigen, aber
den an der Erde stehenden Schuh darzustellen unterlassen.
Vereinzelt geht man soweit, die Mädchenkleidung des
Achilleus überhaupt nicht mehr anzugeben, sondern ihn im
crassen Widerspruch mit der Situation einfach als nackten,
nur mit einer leichten Chlamys bekleideten Jüngling darzu-
stellen 23. 23 a. 26. 29. 3g.

Die griechischen Exemplare 20—22 (vgl. 41. 42?)
zeigen alle fast genau denselben Typus; Achilleus stürmt
nach links; Deidameia kniet links; die linke Seite wird
durch die achäische Gesandtschaft und eine sitzende Lyko-
medestochter, die rechte durch die Königin und zwei
weitere Lykomedestöchter eingenommen. Geringe Ab-
weichungen finden sich nur in der Gruppenbildung und
in der Figur des Odysseus, der 20. 21 erstaunt zurückfährt,
22 auf Achilleus zueilt. Statt des Trompeters auf 20. 21
erscheint auf 22 der alte Phoinix. Ganz vereinzelt steht 23,
der Versuch aus den Elementen von 20—22, eine neue
zeitlich früher fallende Scene zu bilden, den Moment, wo
dem Achilleus die Waffen vorgelegt werden. Wie äusser-
lich diese Neubildung ist, zeigt sich recht augenfällig darin,
dass Odysseus, Diomedes und Phoinix selbst hier nicht als
Kaufleute charakterisirt sind und Achilleus gerade hier nicht
in Frauengewändern erscheint.

Von den griechisch-römischen Exemplaren 24
— 26. 32, die sich in ihrem tektonischen Aufbau und in
der Ausdehnung des plastischen Schmuckes über alle vier
Seiten genau an die griechischen Muster anschliessen, behält
24 auch das griechische Compositionsschema bei, während
25. 26 das in dieser Classe besonders beliebte Schema einer
streng symmetrischen, an den Ecken durch zwei sitzende
Figuren eingerahmten Composition zur Anwendung bringen.
An den Ecken erscheinen Agamemnon (vgl. 23) und Lyko-
medes (vgl. 24); Odysseus steht auf 26 neben diesem, auf 25
neben jenem; Deidameia ist, wohl hauptsächlich der Sym-
metrie zu liebe, nicht knieend, sondern auf 25 neben, auf 26.
32 hinter Achilleus stehend dargestellt; eine grosse Anzahl
von männlichen Füllfiguren wird eingesetzt, während die
Lykomedestöchter nur in der Mittelgruppe erscheinen.
Achilleus selbst erscheint auf 26. 32 in gleicher Bewegung
wie auf den griechischen Sarkophagen, jedoch ohne Frauen-
gewänder, auf 25 nach rechts bewegt und statt der Lanze
das Schwert schwingend.

Die eigentlich römischen Exemplare weisen bei
Festhaltung des Grundschemas ungewöhnlich viele Vari-
ationen im Einzelnen auf; bei allen nimmt, im Gegensatz
zu den griechischen Sarkophagen, die meist aus Ulysses,
Diomedes und dem Bläser bestehende Gesandtschaft die
rechte Seite ein. Die erste Gruppe 27. 28 betont am

stärksten das Charakteristische des Vorgangs, namentlich
die Verkleidung als Mädchen. Achilleus stürmt nach rechts;
Deidameia kniet links; Lykomedes schliesst an der linken
Ecke die Darstellung ab. Ihr nahe steht das singulare
Exemplar 29, auf welchem jedoch der übrigens hier ganz
nackt gebildete Achilleus von einer Kline aufspringt und
Lykomedes fehlt. In der zweiten, nur durch zwei sehr
verstümmelte Exemplare 30. 31 vertretenen Gruppe kniet
Deidameia rechts, während Achilleus nach links fortstürmt;
dieselbe Anordnung findet sich auf einem pompejanischen
Gemälde (s. unten), und der tensa Capitolina fabgeb. Rullettino
della Commissione comunalc V tav. 12. 13) und darf daher wohl
auf ein gemeinsames Originalgemälde zurückgeführt werden.
Während diese beiden ersten Gruppen einander ziemlich
gleichzeitig sein mögen und wohl noch der ersten Hälfte
des zweiten Jahrhunderts angehören, zeigt die dritte Gruppe
33—36 den Charakter der Antoninenzeit. Deidameia
kniet, wie in der zweiten Gruppe, rechts, Achilleus er-
scheint, wie in der ersten Gruppe, nach rechts bewegt.
Neu und ungewöhnlich ist die Darstellung des Ulysses,
ohne Pileus, mit dem langen struppigen Haar und Bart der
Antoninenzeit, in der Hand statt des Schwertes die Lanze,
ähnlich dein Lykomedes auf 24. Charakteristisch ist das
starke Pathos in der Bewegung der Figuren, namentlich der
Mittelgruppe, die durch Beifügung mehrerer Amoren er-
weitert wird. Dieser dritten Gruppe nahe steht, soweit die
mangelhafte Erhaltung und starke Ergänzung ein Urtheil
gestatten, 37, auf welchem wenigstens die Hauptfigur,
Achilleus, in derselben Bewegung dargestellt ist; doch fehlen
die Amoren, und Deidameia hatte, wenn sie anders über-
haupt knieend dargestellt war, ihren Platz links neben
Achilleus. Als vierte Gruppe lassen sich bei mancher Ver-
schiedenheit in Einzelheiten die beiden gleichfalls durch
Ergänzung sehr entstellten Exemplare 38. 39 zusammen-
fassen. Die Bewegung des Achilleus ist ähnlich wie bei
der dritten Gruppe; auch fehlt nicht ein auf ihn zufliegen-
der (38) oder sich ihm anschmiegender (3g) Amor; doch war
Deidameia auf 3g sicher und auf 38 wahrscheinlich nicht
vor Achilleus knieend, sondern wie auf 25. 26. 32 neben
ihm stehend dargestellt; die nur auf 3g theilweise er-
haltene achäische Gesandtschaft scheint ähnlich, wie in der
dritten Gruppe, gebildet gewesen zu sein. In sämmtlichen
vier Gruppen nehmen die erschreckt durcheinander laufen-
den Schwestern der Deidameia einen besonders breiten
Raum ein. Einzelne Typen derselben kehren mit geringen
Variationen ziemlich regelmässig wieder, namentlich das
meist an die linke Ecke gesetzte Mädchen mit dem
bogenförmig flatternden Gewand, das hastig nach links
fliehend auf Achilleus zurückblickt 27. 28. 2g. 31. 32.
33. 37. 3g. Eine Sonderstellung nimmt 40 ein, bei dem
die Hauptfiguren, Achilleus und Deidameia, nach Art einer
statuarischen Gruppe und, abgesehen von dem Amor, auch
 
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