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Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (2): Mythologische Cyklen — Berlin, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.12015#0088
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TROISCHER KREIS

steckende Schwerte sein rechter Arm ist gesenkt, die jetzt
mit dem ganzen Arm weggebrochene linke Hand hielt
schwerlich ein Attribut, sondern machte wahrscheinlich
einen Gestus der Verwunderung. Hinter diesen drei
Figuren ist in flacherem Relief ein nach links gewandter,
gleichfalls mit Helm, Panzer, Mantel und Stiefeln beklei-
deter Krieger angebracht; mit der vorgestreckten Rechten
führt er ein Pferd am Zaum, dessen Kopf zwischen der
zweiten und dritten Figur sichtbar wird; vgl. den Gefährten
des Achilles auf 26 b. Die vier Troianer sind mit tief
gegürtetem Aermelchiton, Hosen und Schuhen bekleidet;
drei sind unbärtig und tragen die phrygische Mütze; auch
die Eckfigur, die jetzt einen modernen bärtigen Kopf hat,
war wohl ursprünglich unbärtig und trug, wie der grosse
Abstand zwischen ihren Schultern und dem oberen Rand
wahrscheinlich macht, die phrygische Mütze. Der Vorderste
von diesen Troianern legte die rechte Hand auf einen,
vielleicht dem Achilles gehörigen Schild. Der zweite trägt
in der linken Hand einen Bogen, ist daher wahrscheinlich
als Paris zu deuten (vgl. 62 b); mit der rechten Hand,
deren Ergänzung durch die Armhaltung gesichert ist, führt
er ein Pferd am Zügel, das vielleicht für Achilles bestimmt
ist, vgl. 23. 25. 26. Der dritte stützte die jetzt weggebro-
chene rechte Hand vermuthlich auf einen Speer, von dem
ein kleiner Rest am oberen Rand auf der Mütze der im
Hintergrund stehenden Figur erhalten ist; die Linke ruht
auf dem Schwertgriff". Der vierte zwischen den beiden
zuletzt beschriebenen Figuren in flachem Relief dargestellte
Troianer wendet den Kopf nach rechts; seine Arme sind
nicht sichtbar.

Auf der linken Schmalseite Fig. 62a die Vermählung
des Achilles mit der Polyxena. In der Mitte Achilles
in gleicher Tracht, wie auf 62, nur bedeckt hier der
Mantel fast die ganze Brust und den linken Arm; in der
linken Hand hält er eine unten gebrochene Rolle, wohl
den Ehecontract, von der gesenkten rechten Hand sind
die drei oberen Finger mit dem Gestus der Betheuerung
ausgestreckt; das Gesicht wendet er nach Polyxena hin,
die mit Chiton und Schuhen bekleidet und in einen langen
über den Hinterkopf gezogenen Schleier gehüllt neben ihm
steht die Rechte gesenkt, die Linke zur Brust erhoben, das
Haupt ein wenig geneigt, den Blick auf Achilles gerichtet.
Zwischen beiden im Hintergrund die Amme der Polyxena
(Hecuba Jahn), in Kopftuch und Chiton; die linke Hand
hält sie nach oben geöffnet vor den Leib, das Gesicht wendet
sie zu Polyxena; links schliesst eine Gespielin oder Schwester
der Polyxena, die mit langem ärmellosem hochgegürtetem
Chiton bekleidet ist und mit beiden Händen eine kleine
Toilettenbüchse hält, offenbar die Brautführerin, rechts
ein Grieche in derselben Tracht wie Achilles, mit der

Rechten den Zipfel seines Mantels fassend, offenbar der
Brautführer, die Scene ab. Der linke Fuss der letzteren
Figur ist auf der Vorderseite an der linken Ecke des
unteren Randes erhalten. Im Hintergrund wird zwischen
Polyxena und der Brautführerin der Kopf eines Mädchens,
zwischen Achilles und dem Brautführer der Kopf und die
Füsse eines weiteren Griechen sichtbar; beide blicken nach
rechts.

Auf der rechten Schmalseite Fig. 62 b der Tod des
Achilles. Von einem Pfeil, der seinen linken Fuss in
der Höhe des Knöchels durchbohrt hat, tödtlich verwundet
sinkt Achilles zurück; der linke Arm hängt schlaff"
herab, die rechte Hand fasst mit schmerzlicher Bewegung
nach der Stirn; die Gewandung ist dieselbe, wie auf 62
und 62 a. Ein Grieche, wohl derselbe, der auf 62 a als
Brautführer erschien, sucht den Zurücksinkenden zu
stützen, indem er ihn mit beiden Händen um die Brust fasst;
die Tracht ist wieder dieselbe wie bei Achilles. Ein zweiter
mit gegürteter Exomis und Stiefeln bekleideter Grieche
hockt vor Achilles, fasst mit der Rechten dessen ver-
wundeten Fuss und legt die geschlossene Linke an das
Kinn, während er das Antlitz besorgt zu Achilles empor-
hebt. Ein dritter, gleichfalls mit der Exomis bekleidet, eilt
von vorn auf Achilles zu und scheint ihn mit ausgestreckten
Armen umfassen zu wollen; doch ist nur der rechte, die
Brust des Achilles berührende Arm sichtbar; den Kopf
wendet dieser Grieche nach einer im Hintergrund stehenden
Figur um, die mit der Rechten seine Schulter berührt und
ihn anzurufen scheint; vgl. 25. Diese Figur trägt gegürte-
ten Chiton und Mantel; das etwas fette, bartlose Gesicht
zeigt den Ausdruck der Besorgniss; auf dem Kopf sitzt
eine Lederkappe, ähnlich derjenigen, welche auf 62 der
vermuthliche Doryphoros des Achilles trägt; gewiss ist es
ein Grieche. Dem Achilles gegenüber steht, in derselben
Tracht wie auf 62, nämlich phrygischer Mütze, gegürtetem
Aermelchiton, Hosen und Schuhen, Paris, der eben den
Pfeil abgeschossen hat; er hält noch in der Linken den
Bogen und zeigt sich nach vorn beugend mit der Rechten
triumphirend auf den verwundeten Fuss des Achilles,
während er den Kopf nach einem im Hintergrund stehen-
den Troianer zurückwendet, der vermuthlich die Scene
abschloss; vielleicht ist er Deiphobus zu benennen. Der
rechte Fuss des Achilles und beide Füsse der rechten Eck-
figur sind nach Hübner ergänzt, was aus Versehen auf
unsrer Abbildung nicht bemerkt ist.

Die dieser Darstellung zu Grunde liegende Sagenversion
wird in einer Glosse des Cod. Guelferbytanus zu Euripides'
Hekabc V. 388 (Scholia graeca in Euripidis tragoedlas ed.
Dindorf I p. 316) überliefert: &>; (sc. 6 'AXigavbpog) dvri/cpvg
ccvtov (sc. roD 'AxiXXexg) ardg Zrpwasv avrov iasto. ßiXovg.
 
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