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Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (2): Mythologische Cyklen — Berlin, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.12015#0210
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l9

THEBANISCHER KREIS

bohrt hat; die Rechte legt er trauernd an die Schläfe und
schaut mitleidig auf das ausgesetzte Kind. (Auffindung
des Oedipus durch den korinthischen Hirten nach Petersen,
Benndorf und Schöne).

In der rechts folgenden, die erste Abtheilung schlies-
senden vierten Scene ist der Auszug des jungen Oedi-
pus aus Korinth dargestellt; Euripides Pboeniss. V. 32—35
yßyj os vrvpaaig yivvaiv i^avhpovjuevog
walg ovjudg y) yvovg yj rivog juafröiv napa

rovg (f)vaavTag Sk/xocQ-sTv &ekuv
vrpog o'äiU.a Qoißov.
Vgl. Diodor IV «54, 2 b oi OioiTTovg ju,ud~uv itapd rivog rr)v
read-' iavTov imoßokyp eirexe/pyjaev sTzepur^aai tt)v Tiv&iav vrepi tccv
ko.t ükTj&siav yovicev. Der noch fast knabenhafte Oedipus,
der mit einer auf der rechten Schulter gehefteten und um
den linken Arm gewickelten Chlamys bekleidet ist, ent-
weicht schnellen Schrittes nach rechts, die Finger der
rechten Hand nachdenklich zum Kinn erhoben und den
Kopf nach links zurückgewandt. Ihm nach eilt, offenbar
um ihn zurückzuhalten, der korinthische Hirt, der ihn
einst auf dem Kithaeron gefunden hat; er ist als kräftiger
bärtiger Mann gebildet und, zum Unterschied von dem

entfernen und streckt die Rechte gnadeflehend aus. Hinter
den Rossen entflieht ein mit Aermelchiton und Mantel
bekleideter Diener des Laius, die Linke ausstreckend
und mit der Rechten schaudernd sein Gesicht bedeckend.
Unter den Rossen ist zur Ausfüllung des Raumes ein
Helm angebracht. Euripides Pboeniss. V. 39—44

Kai viv Ksksvsi kaiov rpoyyikärrtg'

« %6vef rvpdvvoig iK7rob(av juis&tciraGO.

8 %' eijfwr dvavbog, jusya (ppov&v ttüXqi oi viv

yy[katg rSvovrag i^efai'vioaov vrobw

öd-sv.........

itaig Traripa Kaim.
Hygin fab. 67 obviam ei Oedipus venit. quem satellites cum
viam regi dari iuberent, neglexit. rex equos immisit et
rota pedem eius oppressit. Oedipus iratus inscius
patrem suum de curru detraxit et occidit. Für das
Entkommen des einen Dieners vgl. Sophokles Oid. Tyr.
V. 756, es ist derselbe, der einst den Oedipus ausgesetzt
hat V. 1142.

Die links anschliessende fünfte Scene zeigt Oedipus
vor der Sphinx, vgl. 181. 182. 203. Sie sitzt die rechte
Vordertatze erhebend auf dem Q/kiov öpog, unter dessen

thebanischen Hirten, mit der Exomis bekleidet. Iii der Ueberhang die Reste ihres letzten Opfers, ein menschlicher
Linken trägt er einen derben Stock, die Rechte streckt er, Kopf und Unterarm, liegen. Oedipus, der einen langen

wie beschwichtigend, nach Oedipus hin aus. Wahrschein-
lich hat man sich vorzustellen, dass Oedipus von diesem
Hirten selbst erfahren hat, dass er nicht der wirkliche
Sohn des korinthischen Königs Polybus, sondern ein von
der Königin Periboea oder Merope untergeschobenes
Findelkind ist. Ob diese Deutung der Euripideischen
Worte yj Tivog ßadxv näpa, die wohl in Wahrheit auf die
Sophokleische Version {Oed. Tyr. V. 77p. 780) anspielen
und auch von dem Scholiasten und von Apollodor bibl. III
5, 7, 3 auf diese bezogen werden, von einem Mythographen
herrührt oder ob sie im Kreis der Illustratoren entstanden
ist, lässt sich nicht entscheiden; denkbar wäre übrigens
auch, dass Euripides selbst in seinem Oidipus die Sache in
dieser Weise dargestellt hätte. (Der Bote, der den theba-
nischen Hirten herbeiholt nach Petersen, Benndorf und
Schöne).

Hierauf folgt die an der rechten Ecke stehende und
die zweite Abtheilung einleitende fünfte Scene, die
Tödtung des Laius. Der bärtige Laius, im langen
gegürteten Aermelchiton, der Bühnentracht der Könige,
steht auf einem von zwei galoppirenden Rossen gezogenen
Streitwagen. Oedipus, auf dessen linker Schulter die
Chlamys mit zurückgeschobener Spange liegt, hat ihn mit
der Linken bei den Haaren gepackt und zückt mit der
Rechten auf ihn das Schwert. Laius sucht mit erho-
bener Linken die Hand des Oedipus aus seinem Haar zu

Mantel trägt und in der Linken die Lanze mit abwärts
gekehrter Spitze hält, hebt die Rechte vor das Gesicht mit
demselben Gestus, wie auf 181. 182. 203.

Es folgt links, durch einen Oelbaum getrennt, die
siebente und letzte Scene, die Erkennung des Oedipus.
In stolzer Haltung, mit einem auf der rechten Schulter
gehefteten Mantel bekleidet, in der Linken die aufwärts
gekehrte Lanze, die Rechte auf den Sitz gestützt, sitzt
König Oedipus auf einem Felsen. Vor ihm steht der
thebanische Hirt, der ihn ausgesetzt hat, in demselben
Aermelchiton und mit derselben Ledertasche, wie in der
dritten Scene. Er ist zum alten bärtigen Mann geworden;
mit der Linken stützt er sich auf einen derben Stock; die
Rechte streckt er lebhaft gesticulirend vor. Hygin fab. 67
item Menoetes {Moenetes Vat.; ales Fris.; MsXoißog oder
Mskißoiog Suidas) senex, qui eum exposuerat ex pedum cicatri-
eibus et talorum agnovit Lai filium esse. (Der korinthische
Hirt vor Oedipus, mit den beiden links folgenden Figuren
der vierten Scene zusammenzunehmen Petersen, Benndorf
und Schöne).

Als Eckmasken sind behelmte jugendliche Krieger-
köpfe verwandt.

Nach der Haartracht der Porträtfiguren auf der Vor-
derseite des Sarkophagkastens Arbeit aus der ersten Hälfte
des dritten Jahrhunderts, etwa der Zeit des Elagabal und
Alexander Severus.
 
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