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Assmann, Jan
Die Gott-Mythologien der Josephsromane — Düsseldorf, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.37076#0013
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Wer will sagen, [...] wo die Geschichten ursprünglich zu Hause
sind, droben oder drunten? Sie sind die Gegenwart dessen, was
umschwingt, die Einheit des Doppelten, das Standbild mit Namen
»Zugleich«. (324).
Das mythische Zeitempfinden ist Gleichzeitigkeit oder »zeitlose
Gegenwart«, auch dies Begrübe Thomas Manns.
»Gleichzeitigkeit ist die Natur und Seinsart aller Dinge, ineinander
vermummt erscheinen die Wirklichkeiten« (669). »Darum kommt
keine andere Zeitform ihm zu als die der zeitlosen Gegenwart, welche
die Schwingung der Sphäre in sich beschließt.« (141).
Durch die Wiederkehr des Gleichen hebt die Zeit sich fortwährend
selber auf. Das Mythische ist das Zeitlose^ Diese Entdeckung des
mythischen Zeitbewußtseins als Wiederkehr, Wiederholung und
Vergegenwärtigung hat sich vor allem durch Mircea Eiiade all-
gemein durchgesetzt, aber Thomas Mann ist hier um Jahrzehnte
vorangegangen. Vorher und nachher, oben und unten heben sich
im Prinzip der mythischen Gleichzeitigkeit auf. Das Mythische
oder Wirkliche ist am Anbeginn und es ist »oben«, es »kehrt
wieder« und es »kommt herab«. Diese Wiederkehr oder Herab-
kunft gibt allem in der verlaufenden Zeit Geschehendem erst
seine Wirklichkeit. Was in der Zeit existiert, gewinnt seine Wirk-
lichkeit, Bedeutung und »Würde« durch seine Beziehung zum
Ursprünglichen bzw. Höheren. Alles Hier und Jetzt ist umfangen
von einem Nicht-hier und Nicht-jetzt, das ihm erst Wirklichkeit
verleiht im Sinne der Eindrücklichkeit und Erinnerbarkeit.
Die mythische Welt, wie TM sie rekonstruiert, ist eine Weit vol-
ler Götter, aber diese Götter sind nichts anderes als Verlängerungen

^ GWXI, S.656.

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