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Assmann, Jan
Die Gott-Mythologien der Josephsromane — Düsseldorf, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.37076#0016
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2. Monotheismus

Quer dazu stehr die andere semantische Achse, die ich mit dem
Stichwort Monotheismus kennzeichnen möchte. Hier geht es
um höchste Bewußtheit, angespannteste Aufmerksamkeit und
ständige Sorge, »Gottessorge«. Wenn im mythischen Denken
Göttliches und Menschliches ständig ineinander spielen und sich
ineinander spiegeln, so heißt es hier: »Gott ist die Unterschei-
dung« (227). Er hat mit den Göttern des Mythos nichts zu tun.
Abraham, der diesen Gott »hervorgedacht hatte«,
wußte nichts von Gott zu erzählen —, nicht in dem Sinn, wie andere zu
erzählen wußten von ihren Göttern. Es gab von Gott keine Geschich-
ten. Das war vielleicht sogar das Bemerkenswerteste: Der Mut, mit
dem Abram Gottes Dasein von vornherein, ohne Umstände und
Geschichten, hinstellte und aussprach, indem er »Gott« sagte. Gott
war nicht entstanden, nicht geboren worden, von keinem Weibe. Es
war auch neben ihm auf dem Throne kein Weib, keine Ischtar, Baalat
und Gottesmutter. Wie hätte das wohl sein mögen? Man brauchte
sich nur seiner Vernunft zu bedienen, um zu verstehen, daß es in
Ansehung von Gottes ganzer Beschaffenheit keine mögliche Vorstel-
lung war. (319)
Der monotheistische Gott ergänzt und verlängert nicht die
menschliche Existenz ins Vollkommene, zeitlos Musterhafte, son-
dern gehört in eine Sphäre absoluter Transzendenz. Er ist »ein
Gott aus der Ferne, Elohim, der Gott von draußen und drüben«
(138), ein Gott »außer der Welt« und »ebenso notwendig ein Gott
außerhalb seiner Werke. Makom hieß er, der Raum, weil er der
Raum der Welt war aber die Welt nicht sein Raum« (318). Die
radikale Außerweltlichkeit Gottes zeigt sich vor allem an der unge-
heuren und immer erneuten Anstrengung, der »Gottessorge«, die

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