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Badische Fundberichte: amtl. Nachrichtenbl. für die ur- u. frühgeschichtl. Forschung Badens — 18.1948/​1950

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Kimmig, Wolfgang: Neufunde der frühen Urnenfelderzeit aus Baden
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https://doi.org/10.11588/diglit.42247#0098
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W. Kimmig

buckelmanier von Werder hängt dann wieder eng mit der bekannten Gold-
schale von Zürich (Kossinna a. a. O., Taf. 15, 5) zusammen, die schon frühzeitig
(entgegen Kossinna) als Nachbildung eines westhallstättischen Bombentopfes
erkannt worden ist.
Diese mehr skizzenhafte Übersicht sollte vor allem zeigen, daß mit der Aus-
bildung der südwestdeutsch-schweizerisch-nordostfranzösischen Urnenfelderkul-
tur im Sinne von Reineckes Hallstatt A und B eine Reihe von Werkstätten
Goldarbeiten herzustellen beginnen, die auf Grund eines ganz bestimmten
Stiles eng miteinander verknüpft sind. Von diesem Werkstättenkreis, der auch
Bronzegefäße erzeugt hat, müssen sowohl die „nordischen“ Goldgefäße wie
auch gewisse irische Erzeugnisse stark beeinflußt worden sein. Der Streu-
bereich dieser Werkstätten reicht im Osten bis an die Westgrenze Ungarns. Un-
ter den vielfältigen Produkten ahmen vor allem die Gefäße fast durchweg
westliche Urnenfelderformen nach. Man wird diesen Formenkreis nach dem
Vorgang Menghins als westhallstättisch-keltisch bezeichnen dürfen. Sein Ein-
fluß nach Norden bricht mit dem Ende der jüngeren Urnenfelder (Hallstatt B)
im wesentlichen ab, da nunmehr ostalpine Bronzegefäßwerkstätten den nordi-
schen Markt erobern. Das Goidschmiedehandwerk ist jedoch im Westen auch
fernerhin gepflegt worden, wie die vielfältigen Goldarbeiten des nordwest-
alpinen Späthallstattraumes beweisen. Hier wird ganz offensichtlich eine le-
bendige Tradition sichtbar, die letztlich in den kostbaren Goldarbeiten des
Frühlatenekreises eine späte Nachblüte erfährt.
Das Bild, das sich aus unserer Analyse gewinnen läßt, bestätigt weitgehend
die schon in den Bad. Fundber. 17, 1941—1947, 166 ff. gewonnenen Vermutun-
gen. Es ist ganz offenkundig, daß die sich ruhig und gleichmäßig entwickelnde,
süddeutsche Bronzekultur von Hügelgräberart in der Endphase ihrer Entwick-
lung von einem starken östlichen Kulturstrom getroffen wird, der zu einer Auf-
splitterung dieses ursprünglich fest in sich geschlossenen Kreises führt. Trotz
vieler verbindender Züge bilden sich zahlreiche kleine Lokalgruppen, die sich
gerade im Oberrheingebiet auch schon genauer fassen lassen. Das exakte Alter
dieser Gruppen zu bestimmen, ist außerordentlich schwierig. Diese Schwierig-
keit hat F. Holste damit zu begründen gesucht, daß er sie — als Fremdkul-
turen — der eigentlichen Bewegungszeit zuweisen und in betonten Gegensatz
zu den konsolidierten Verhältnissen während der älteren Urnenfelder zeit
(Hallstatt A) zu stellen suchte 53). Demgegenüber möchten wir eher die Ansicht
vertreten, daß es sich bei diesen Gruppen gar nicht um ethnische Zuwanderun-
gen handelt, sondern um Vertreter der heimischen Bronzezeit, die sich im
Lande selbst, lediglich durch östliche Kultureinflüsse infiziert, entwickeln. Das
wesentliche Kulturgut dieser Leute hat keinerlei Vorformen im Osten. Selbst
wo es sich um Neuerscheinungen handelt (Brandritus, Messer), werden solche
Elemente nach eigenen Gesetzen und Vorstellungen umgeformt.
Dazu kommt ein weiteres. Das Auftreten von Schalen mit geknickter Wan-
dung, also einer typischen Urnenfelderform, weiter die oft metallisch scharfe
Profilierung der alten, bronzezeitlichen Henkelkrüge, beweist unseres Erachtens
eindeutig, daß Funde solcher Art — rein zeitlich gesehen — gar nicht oder nur
wenig von den üblichen Urnengräbern älterer Art (Hallstatt A) entfernt sind.
Entscheidend ist hier neben dem chronologischen vor allem auch der kulturelle

53) Bonn. Jahrb. 146, 1941, 190 (Besprechung von W. Kimmig, Urnenfelderkultur). —
Ders. in Prähist. Zeitsehr. 33/34, 1939/40, 412 ff.
 
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