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Badische Fundberichte: amtl. Nachrichtenbl. für die ur- u. frühgeschichtl. Forschung Badens — 21.1958

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Sangmeister, Edward: Riesensteingrab und Menhir bei Degernau, Ldkrs. Waldshut
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https://doi.org/10.11588/diglit.43788#0093
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Riesensteingrab und Menhir bei Degernau, Ldkrs. Waldshut

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E. Vogts enge Verknüpfung der Gruppe mit der S. O. M.-Kultur und Horgen bleibt
stichhaltig, da das „Seelenloch“ ja direkt oder indirekt mit dem der S. O. M.-Kisten zu
verbinden ist. Schwieriger ist es mit der Klärung der Beziehung „unmittelbar vor“ oder
„kurz nach“ der Glockenbecherinvasion. Das hängt weitgehend mit der Fehlinterpre-
tation der Glockenbecherausbreitung als einer kurzfristigen, zielgerichteten Expansion
zusammen, bei der die räumlich vom angenommenen Ausgangspunkt am weitesten ent-
fernten Funde auch die jüngsten sein müßten.33) Da wir nicht mehr dieser Ansicht sind,
werden wir den Versuch chronologischer Fixierung anders angehen müssen, sofern wir
uns nicht mit der Verknüpfung mit Horgen begnügen wollen.
Nun hat diese letzte aber gerade dadurch an Gewicht gewonnen, daß wir die Vermutung
aussprachen, daß das Grab von Degernau möglicherweise an der 1936 entdeckten Scher-
benstelle gestanden haben könne. Wenn das auch nicht gesichert ist, so muß diese
Scherbenstelle, die Horgener und frühbronzezeitliches (A 2) Material ergab, doch ent-
standen sein, während in ihrer Nähe das Grab bestand. Das heißt, die Menschen, die
ihre Toten in dem Steingrab beisetzten, und die Leute, die hier Horgener Keramik
hinterließen, sollten sicher miteinander in Berührung gestanden haben, wenn sie schon
nicht identisch waren. Und dasselbe gilt wohl für die Frühbronzezeitkeramik. Da sie an
der gleichen Stelle, stratigraphisch nicht trennbar, angetroffen wurde, könnte an Kon-
tinuität gedacht werden, was besonders im Falle, daß es sich um die Grabstelle handelt,
leichter verständlich wäre, als wenn wir an einen Siedlungsplatz denken müßten.
Es bleibt uns der Versuch, die südfranzösischen Megalithgräber näher zu datieren, und
mit ihrer Hilfe auch Anhalte für feinere Datierung der Hochrheingruppe zu gewinnen.
Das ist nicht ganz einfach. Doch scheint immerhin festzustehen, daß Megalithgräber
während des ausgehenden Chasseen (B) auftauchen und dann fortlaufend bis in die
Urnenfelderzeit hinein belegt bzw. wiederbelegt werden. Die Phase des jüngeren Chas-
seen wird in Südfrankreich durch eine Schicht abgelöst, die „pots-de-fleur“ (S. O. M.)
und Glockenbecher-Elemente kombiniert enthält.34) Mit ihr ist auch die Kultur der
„pasteurs-des-Plateaux“ verzahnt, der die uns interessierenden Gräber, besonders die
Mauerwerk-Gräber zuzuschreiben sind. Soweit bleiben wir also im Horizont Horgen-
Glockenbecher, zugleich aber auch in der Zeit der „Grotten“ von Arles, die jetzt ein-
setzen. Genauere Untersuchung hat nun gezeigt, daß die Masse der Mauerwerk-Gräber
aber wohl etwas jünger anzusetzen ist. Die Fundkombinationen mit Glockenbechern
lassen nämlich eine gewisse Gruppe aussondern, bei denen „Rückstromelemente“ aus

33) In einer ungedruckten Arbeit über „Die Glockenbecherkultur in Mitteleuropa“ glaube ich die
Ausbildung von Sekundärzentren in Böhmen und Mitteldeutschland und eine von dort aus-
gehende, auch nach Westen weisende Expansion nachweisen zu können. Dadurch allein muß
der Glockenbecherkultur nördlich der Alpen schon ein längerer Zeitraum zugewiesen werden.
Sie beginnt etwa gleichzeitig mit Horgen, lebt aber auch noch neben der Schnurkeramik und
bis in die Frühbronzezeit (A 1) hinein.
34) Südfranzösisches Chronologieschema etwa in: Atti del 1° Congresso Internazionale di Pre-
istoria e Protoistoria Mediterranea, Firenze 1950, 177 (P. Pannoux, J. Arnal); Bulletin de la
Societe Prehistorique Fran?aise 48, 1951/52, 563 (J. Arnal, G. Benazet); Zephyrus 4, 1953,
343 (J. Arnal).
 
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