Die Technik der frühmittelalterlichen Keramik eines Dorfes bei Merdingen, Ldkrs. Freiburg i. Br.
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bewegung selbst kann dabei nicht oder kaum ausgenutzt werden, weil der Drehtisch zu
wenig Masse und darum bei der Drehung ein zu geringes Beharrungsvermögen hat.
Außer diesen Drehtischen ist auch eine Drehsäule denkbar, das ist eine um eine senk-
rechte Achse drehbare Holzsäule, die sich in der Wirkung wegen ihrer bedeutenderen
Masse der späteren Töpferscheibe nähert. Ein solches Gerät wäre aus jedem Stamm-
abschnitt leicht herzustellen.
Ob das Gerät der kalkverarbeitenden Werkstatt ein Drehtisch oder eine Drehsäule war,
kann nicht entschieden werden. Keinesfalls ist, das beweisen die Quellrandböden von
viererlei Durchmessern, eine Töpferscheibe späterer Art (Handtöpferscheibe, Block-
scheibe oder Spindelscheibe) benutzt worden. Denn sie liefert mit ihrer großen Scheiben-
fläche keine Quellrandböden.
Daß die Töpferscheibe späterer Art oder großflächige Drehtische in den quarzgemager-
ten Ton verarbeitenden Werkstätten benutzt worden sind, ist durchaus möglich. Denn
hier treten die Quellrandböden sehr spärlich auf. Gleichwohl sind die Gefäße noch in
den meisten Fällen in der alten Art des Aufbauens geformt worden. Die Drehung der
Scheibe wurde meist nur zur Nacharbeit, zur Erzielung einer besseren Rundung benutzt.
Diese Feststellungen für die Merdinger Keramik stimmen mit den Ausführungen Rieths
(1939) über die Töpferscheibe im Mittelalter überein. Danach wurden im Süden Deutsch-
lands fuß- und handgetriebene Blockscheiben benutzt. Die Töpfe sind im allgemeinen
frei aufgedreht und von laufender Scheibe abgeschnitten; es gibt aber auch (noch im
14. Jahrhundert) aufgewülstete und nachgedrehte Stücke, die auf langsam laufender
Scheibe gearbeitet sind.
P. Grimm (1933) nimmt für die Herstellung des Randes der Keramik des 12. Jahr-
hunderts in den Harzlandschaften die Benützung eines sog. Formholzes an.
Der zunächst freihändig vorgearbeitete und etwas angetrocknete Rand sei durch „eine kleine
Holzform, die mit ihren beiden Schenkeln bis zum Hals reichte“, fertiggestellt worden. Diese
sei „aufgesetzt und rundherum bewegt“ worden, während das Gefäß überhaupt nicht oder nur
langsam bewegt wurde. Die Benutzung des Formholzes soll durch das ganze 12. Jahrhundert
hindurch gedauert und zu einer reichen Mannigfaltigkeit in der Ausgestaltung der Ränder ge-
führt haben.
Es ist bedauerlich, daß Grimm sich nicht näher über die Beschaffenheit des Formholzes aus-
spricht. Sicher ist, daß die beiden Schenkel des Formholzes nicht fest miteinander verbunden
gewesen sein können. Bei jeder von der Kugel oder dem Kegelmantel abweichenden Form, also
bei allen irgendwie unregelmäßig gekrümmten oder geknickten Hälsen, bei allen verdickten
Gefäßrändern wäre es unmöglich gewesen, ein solches Formholz nach Fertigstellung des Halses
und Randes vom Gefäß wegzunehmen, ohne die erzielte Form zu zerstören. Das Formholz
mußte also aus zwei Teilen bestanden haben, die oben durch ein Gelenk verbunden waren oder
mit Zapfen zusammengesteckt werden konnten.
Gefunden worden ist natürlich ein solches Formholz nicht. Wäre es vom mittelalterlichen Töpfer
erfunden oder angewendet worden, so ließe sich dies gleichwohl leicht beweisen, da irgendwo
einmal zwei verschiedene Töpfe mit völlig übereinstimmenden Hals- und Randprofilen entdeckt
worden wären. Denn das wird wohl ernsthaft niemand behaupten wollen, daß ein solches Form-
holz nur dazu gedient habe, den Rand eines einzigen Gefäßes zu formen, und daß zur Herstel-
lung der vielen Randprofile, die Grimm abbildet, ebenso viele Formhölzer angefertigt worden
wären. Völlig abzulehnen ist auch die Meinung Grimms, die bessere Beherrschung der Formholz-
technik habe zu einer größeren Mannigfaltigkeit der Formen geführt. In Wirklichkeit ist öde
Eintönigkeit das Kennzeichen aller Schablonenarbeit.
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bewegung selbst kann dabei nicht oder kaum ausgenutzt werden, weil der Drehtisch zu
wenig Masse und darum bei der Drehung ein zu geringes Beharrungsvermögen hat.
Außer diesen Drehtischen ist auch eine Drehsäule denkbar, das ist eine um eine senk-
rechte Achse drehbare Holzsäule, die sich in der Wirkung wegen ihrer bedeutenderen
Masse der späteren Töpferscheibe nähert. Ein solches Gerät wäre aus jedem Stamm-
abschnitt leicht herzustellen.
Ob das Gerät der kalkverarbeitenden Werkstatt ein Drehtisch oder eine Drehsäule war,
kann nicht entschieden werden. Keinesfalls ist, das beweisen die Quellrandböden von
viererlei Durchmessern, eine Töpferscheibe späterer Art (Handtöpferscheibe, Block-
scheibe oder Spindelscheibe) benutzt worden. Denn sie liefert mit ihrer großen Scheiben-
fläche keine Quellrandböden.
Daß die Töpferscheibe späterer Art oder großflächige Drehtische in den quarzgemager-
ten Ton verarbeitenden Werkstätten benutzt worden sind, ist durchaus möglich. Denn
hier treten die Quellrandböden sehr spärlich auf. Gleichwohl sind die Gefäße noch in
den meisten Fällen in der alten Art des Aufbauens geformt worden. Die Drehung der
Scheibe wurde meist nur zur Nacharbeit, zur Erzielung einer besseren Rundung benutzt.
Diese Feststellungen für die Merdinger Keramik stimmen mit den Ausführungen Rieths
(1939) über die Töpferscheibe im Mittelalter überein. Danach wurden im Süden Deutsch-
lands fuß- und handgetriebene Blockscheiben benutzt. Die Töpfe sind im allgemeinen
frei aufgedreht und von laufender Scheibe abgeschnitten; es gibt aber auch (noch im
14. Jahrhundert) aufgewülstete und nachgedrehte Stücke, die auf langsam laufender
Scheibe gearbeitet sind.
P. Grimm (1933) nimmt für die Herstellung des Randes der Keramik des 12. Jahr-
hunderts in den Harzlandschaften die Benützung eines sog. Formholzes an.
Der zunächst freihändig vorgearbeitete und etwas angetrocknete Rand sei durch „eine kleine
Holzform, die mit ihren beiden Schenkeln bis zum Hals reichte“, fertiggestellt worden. Diese
sei „aufgesetzt und rundherum bewegt“ worden, während das Gefäß überhaupt nicht oder nur
langsam bewegt wurde. Die Benutzung des Formholzes soll durch das ganze 12. Jahrhundert
hindurch gedauert und zu einer reichen Mannigfaltigkeit in der Ausgestaltung der Ränder ge-
führt haben.
Es ist bedauerlich, daß Grimm sich nicht näher über die Beschaffenheit des Formholzes aus-
spricht. Sicher ist, daß die beiden Schenkel des Formholzes nicht fest miteinander verbunden
gewesen sein können. Bei jeder von der Kugel oder dem Kegelmantel abweichenden Form, also
bei allen irgendwie unregelmäßig gekrümmten oder geknickten Hälsen, bei allen verdickten
Gefäßrändern wäre es unmöglich gewesen, ein solches Formholz nach Fertigstellung des Halses
und Randes vom Gefäß wegzunehmen, ohne die erzielte Form zu zerstören. Das Formholz
mußte also aus zwei Teilen bestanden haben, die oben durch ein Gelenk verbunden waren oder
mit Zapfen zusammengesteckt werden konnten.
Gefunden worden ist natürlich ein solches Formholz nicht. Wäre es vom mittelalterlichen Töpfer
erfunden oder angewendet worden, so ließe sich dies gleichwohl leicht beweisen, da irgendwo
einmal zwei verschiedene Töpfe mit völlig übereinstimmenden Hals- und Randprofilen entdeckt
worden wären. Denn das wird wohl ernsthaft niemand behaupten wollen, daß ein solches Form-
holz nur dazu gedient habe, den Rand eines einzigen Gefäßes zu formen, und daß zur Herstel-
lung der vielen Randprofile, die Grimm abbildet, ebenso viele Formhölzer angefertigt worden
wären. Völlig abzulehnen ist auch die Meinung Grimms, die bessere Beherrschung der Formholz-
technik habe zu einer größeren Mannigfaltigkeit der Formen geführt. In Wirklichkeit ist öde
Eintönigkeit das Kennzeichen aller Schablonenarbeit.