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Badische Fundberichte: amtl. Nachrichtenbl. für die ur- u. frühgeschichtl. Forschung Badens — 23.1967

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Sangmeister, Edward: Siedlungen der Rössener Kultur im Hegau
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https://doi.org/10.11588/diglit.44899#0031
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Siedlungen der Rössener Kultur im Hegau

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Zeichen dafür ist, daß bei einem Scherben von Binningen (Taf. 2, 5) ein recht deutlicher
tief liegender Umbruch erhalten ist, der an ein mehr langgestrecktes Gefäß denken
läßt16 17 18), obwohl gerade hier die Verzierung die locker gesetzten begleitenden Stichgrup-
pen aufweist. Auch in der Tonbehandlung scheinen noch gewisse Unterschiede zu be-
stehen insofern, als bei den stichbandkeramischen Scherben die Oberflächenglättung
weniger gut haftet, so daß sich die Scherben häufiger feintonig-mehlig als glatt anfühlen.
A. Stroh hat schon darauf hingewiesen, und wir haben es bei der Publikation der Mun-
zinger Funde erneut betont, daß hier nicht mit zweimaliger Besiedlung des gleichen
Platzes durch Stichbandkeramiker und Rössener gerechnet werden dürfe17). Beim Vie-
senhäuser Hof verbot es sich durch die geringe Zahl beigemischter stichbandkeramischer
Scherben, bei Munzingen war an Rössener Formen nur das Armringpaar festzustellen,
im übrigen wurde Rössener verändernder Einfluß auf die Keramik angenommen, der
nur bei Gleichzeitigkeit und Nachbarschaft, nicht bei zeitlicher Ablösung verständlich ist.
Das gleiche muß nun wohl auch für Mühlhausen und Binningen angenommen werden,
nach dem abgebildeten Material auch für die Schaffhausener Fundstelle18). Für Mühl-
hausen haben wir sogar noch weitergehende Hinweise, da eine Gruppe von Gefäß-
scherben der südwestdeutschen Stichkeramik Einflüsse zeigt, die auf Übernahme von der
Stichbandkeramik hindeuten.
So scheint mir z. B. bei dem Scherben eines Bauchknickgefäßes (Taf. 1,17) die Stempel-
technik als nicht charakteristisch für südwestdeutsche Stichkeramik. Dort verwendet man
Stempel aus Formstichen, die zunächst tiefer, später seichter angewendet werden. Die
hier auftauchenden Stempel entsprechen eher denen, die zur Herstellung verschliffener,
mehrzeiliger Stichreihen dienten19) oder gar solchen jüngerer Linearkeramik20). Das
kommt noch bei mindestens zwei weiteren Scherben zum Ausdruck (Taf. 1,14; 5,2),
während bei einem anderen, anscheinend von einem Bauchknickgefäß (Taf. 5, 29), die
senkrechte Reihe scharf eingestochener Schrägstiche an Verzierung der Munzinger
Stichbandkeramik21) erinnert. Auch die Rhombenstempel auf einem Gefäß stichband-
keramischer Form (Taf. 6,4) mögen am leichtesten durch Rössener Einfluß erklärt
werden. Hatte also die ältere Rössener Kultur einen Einfluß auf die Stichbandkeramik,
so gab diese ihrerseits einen Einfluß an die südwestdeutsche Stichkeramik, wofür gerade
auch diese neuen Beobachtungen herangezogen werden können.
Wie um noch besonders deutlich zu machen, welche Vielfalt an Kulturbeziehungen im
Neolithikum bestand, erscheinen unter den doch recht wenigen Scherben von Mühlhausen
ein oder zwei, bei denen man geneigt ist, sie der Hinkelsteingruppe zuzuweisen (Taf. 3,
15; 5, 19; auch 6, 8. 9). Die gerade Wandung des gelben feintonigen Gefäßes und die Ver-
zierung aus hochgezogenen Dreiecken in sehr feiner Ritztechnik lassen eher an Hinkel-
stein selbst als an eine durch Hinkelstein beeinflußte, südwestdeutsche Stichkeramik
denken.

16) H. Butschkow a. a. O. Taf. 67, 1; 70, 1. 2; 72, 7.
17) VgL Anm. 12; W. Dehn, E. Sangmeister a. a. O. 21.
18) Ur-Schweiz 17, 1953, 68 ff. Abb. 49 (W. U. Guyan).
19) W. Dehn, E. Sangmeister a. a. O. Taf. 6, 3.
20) W. Buttler a. a. O. Taf. 5, 16; Chr. Pescheck, Katalog Würzburg I (1958) Taf. 7,2.14; 8, 5. 6.17.
21) W. Dehn, E. Sangmeister a. a. O. Taf. 6, 5.
 
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