Baumeister: das Architektur-Magazin (6.1908)

DER BAUMEISTER ° 1908, FEBRUAR.

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ja kein weinumranktes
Landhaus, sondern ein
Mietspalast — und die
an sich traurig wie ein
Vogel im Käfig dahin-
vegetiert.
Wird aber die ver-
lorene Liebesmüh er-
kannt, oder besinnt sich
der Hausbesitzer auf
die grenzenlose Billig-
keit desGrassamens und
erfüllt die behördliche
Vorschrift der „garten-
mässigenUnterhaltung“
des Vorgartens lediglich
durch eine Rasenfläche,
wogegen die zum Buch-
staben verpflichtete Be-
hörde nichts einwenden
kann, so ist das hoch-
umzäunte Maulwurfs-
heim erst recht eine
contradictio in adjecto
— im zugefügten Gitter
nämlich.
Ganz schlimm und
rettungslos wird die
Sache aber gar, wenn
die,,moderne Entwicke-
lung“ über solche Vor-
gartenstrassen kommt.
Die Stadtväter hatten
sie als vornehmere
Wohnstrasse geplant;
die Vorgärten sollten
den ruhigen Eindruck
heben; sie und die
Breite der Strasse soll-

Haus Eberhardt, Ulm a. D.

Arch. Gebr. Rank, München.

ten namentlich auch hy-
gienischherrlichwirken.


Aber der vor die Tore hinausschwellende Verkehr
ersieht gerade diese grössere Strassenbreite als
besonders geeignet für seine Ausdehnung. Eine
Strassenbahn findet sich ein und bald auch — der
Kaufmann. Der Hausagrarier aber merkt, dass er
mit Ladenausbrüchen viel mehr Geld verdienen
kann, als mit Wohnungsvermieten. Erst entstand
der Grünkramhandel im Keller; der Barbier, der
Schuster siedelte sich dort an ‘und lockte in
harmlos ungeschickter Weise neue Kunden hinter
den Vorgartenverhau, indem er bunte, möglichst
bunte und blanke Schilder an das Gitter heftete.
Folgt dann der Ladenausbruch und jammert der
Kaufmann, dass man seine Zigarrenkisten, Seifen-
pakete, Damenhüte wegen der unseligen Gitter

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Wohl vermögen in einigen „Boulevardstrassen“ mit
ganz tiefen Vorgärten — wie auf der Nordseite der
„Bockenheimer Landstrasse" in Frankfurt am Main
oder der — einst leider! — unvergleichlichen
Berliner Bellevuestrasse — die Künste des Gärtners
einmal alle Sinne gefangen zu nehmen; aber schon
die Südseite jener Bockenheimer Landstrasse mit ihren
schmaleren Vorgärten zeigt, dass mit ein paar Rosen-
und Päonienbüschen, Eibenbäumchen und dergleichen
doch immer nur ein ärmliches Zwitterding erzeugt
wird. Natur in homöopathischer Dose, die zu dem
Bauwerk keine Beziehung gewinnt — denn das ist

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