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Becker, Hanna Luise; Altdorfer, Albrecht [Ill.]
Die Handzeichnungen Albrecht Altdorfers — München, 1938

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https://doi.org/10.11588/diglit.28867#0085
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gen von der überragenden Größe Michael Pachers, dessen Kunst
als erste große Synthese von Nord und Süd hier weiterlebt und fiir
alles kommende hedeutungsvoll wird. Es geschieht nun das Selt-
saine, daß deutsche Künstler aus Schw'aben und Franken: Jörg
Breuund Lucas Cranach um die Jalirhundertwende nach Öster-
reich gehen; nicht nach Salzburg oder Tirol, sondern nach Wien
und Niederösterreich, wo sie zwar keine Künstlerpersönlichkeit
suchen, sondern das Land, das ihnen zwar keine Aufträge zukom-
naen läßt, aber ihnen aus seiner reichen künstlerischen Tradition
bedeutsame Anregung wird. So entfalten sich ungeahnte Kräfte,
ausgehend von einer neuen Umweltsbetrachtung entsteht ein
ebenso neues Landschaftsbild, das von einer überraschenden
Naturverbundenheit ist. Landschaft wird mehr als nur Hinter-
grund und Bildfüllung, sie ist als eine Einheit mit der Komposi-
tion erfaßt, nach ihren äußeren Errscheinungsformen lebendig
und erfüllt mit allen schwebenden Reizen von Atmosphäre und
Stimmung.

In den frühen Wiener Werken Lucas Cranachs ist der „Donau-
stil“ zuerst faßbar. Noch über den Bernhards-Altar Jörg Breus 34
in Zwettl hinausgehend, sind die einzigartigen Hintergrundsland-
schaften der Bildnisse — der Cuspinian und Reuß — und die lie-
benswürdige Gestaltung der „Ruhe auf der Flucht“ im Hinblick
auf Altdorfer am bedeutungsvollsten. Das Berliner Bild gibt das
Idyll einer Landschaft in sorgsam gezeichneten Bäumen einer
breitästigen Tanne und einer schmalen schlanlcen Birke vor einem
durchlichteten Himmel.

Kleines Format, und sorgsame Ausführung im einzelnen sind
ebenso entscheidend für den Eindruck wie jene fast menschlich-

34 In gewisser Weise können die schmalen Tafeln Ruelands Frueaufs mit
der Klosterneuburger-Gründungslegende (1507?) sieh der Auffassuog Breus
verwandt fühlen, obgleich sie mehr erzählt sind und von einer ruhigen Hei-
terkeit, die im Gegensatz steht zu dem fast qualvollen Bemühen um die Form
bei Breu. Sie lcönnen zumindest ein Beweis dafür sein, daß eine große Be-
reitschaft für die Landschaftsgestaltung in diesem Gebiet vorhanden ist.
(Entstehungsort der Bitder Frueaufs vielleicht Passau, Wien wahrschein-
licher.)

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