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Belvedere: Monatsschrift für Sammler und Kunstfreunde — Band 7.1925

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Feulner, Adolf: Jean François Oeben
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https://doi.org/10.11588/diglit.69286#0047

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JEAN FRANCOIS OEBEN
VON ADOLF FEULNER
Jean Francois Oeben ist der berühmteste Ebenist unter Louis XV. gewesen. Er ist einer
der großen Namen in der Geschichte der französischen Kunsttischlerei, einer der Meister,
die überall angeführt werden, wenn vom französischen Rokokomöbel die Rede ist1. Er
war »menuisier ebeniste du Roi«, der bevorzugte Lieferant des Hofes, der Madame Pom-
padour, des hohen Adels, er war der eigentliche Lehrer der bekanntesten Ebenisten der
Louis-XVI.-Zeit, wie Riesener, Carlin, Leleu. Schon in gleichzeitigen Aufzeichnungen, wie
im »Journal des Lazare Duvaux«2, wird er mit Lob genannt; auch später wird er mit
der nötigen Reverenz zitiert. 1760 wurde ihm zu Ehren eine Medaille geprägt.
Diese Berühmtheit ist bisher mehr legendär gewesen. Von den Möbeln, die seinen
Namen tragen, ist nur eines der Größe des Ruhmes würdig, der Schreibtisch Ludwigs XV.,
das bureau du roi im Louvre. Die Möbel, die die Begeisterung der Zeitgenossen Oebens
bildeten, die secretaires ä coffre-fort, die fauteuils mechaniques, die Sammlungsschränke
mit Bronzen von Caffieri, wie der Maler Boucher einen hatte, sind verschwunden.
Vielleicht weil sie zu kompliziert waren. Die wenigen signierten Möbel, die bisher bekannt
waren, würden nicht genügen, die traditionelle Bedeutung zu rechtfertigen. Sie sind,
zum Teil wenigstens, vielleicht gar nicht von seiner Hand. Es wäre doch zu wundern,
wenn jede Spur seiner Wirksamkeit verschwunden wäre. Einige unbekannte Möbel in
Privatbesitz, die hier beschrieben werden sollen, zeigen uns den Weg, auf dem man
weiterkommen kann.
Zunächst müssen die wichtigsten, bekannten Daten vorausgeschickt werden. Wie schon
der Name sagt, stammt Oeben aus Deutschland. Nach dem Ehekontrakt vom 29. Juni 1741
ist er der Sohn des Postmeisters Franz Oeben von »Eusbern en Allemagne«. Damit
ist nicht Ebern im bayrischen Franken gemeint, auch nicht Eisborn in Westfalen, denn
dort kommt der Name nicht vor3. Der Ort muß erst gefunden werden. Vielleicht sind
diese Zeilen eine Anregung zur Lösung. Auch das Datum der Geburt ist nicht angegeben.
Es wird in die Jahre um 1720 fallen. Die erste bestimmte Nachricht ist der Ehekontrakt4.
Oeben heiratet 1749 Frangoise Marguerite Vandercruse, die Tochter des Ebenisten
Vandercruse, genannt Lacroix. Damit kam er in eine angesehene Ebenistenfamilie hinein.
1 Die ältere Literatur ist überholt durch die Zusammenfassungen bei Vial, Marcel, Girodie, les artistes decorateurs du bois, II.,
Paris 1922, S. 57, mit Belegen und Literaturangaben. Ergänzungen bei F. de Salverte, Les Ebenistes du XVIIIe siecle,
Paris 1920, S. 237. 2 L. Courajod, Livre-journal de Lazare Duvaux. Paris 1873. 3 Mitteilungen der Pfarrämter Ebern
und Eisborn. 4 Nach dem Ehekontrakt vom 29. Juni 1749 wohnte Oeben, der Sohn des »defunt Francois Oeben,
maitre des postes ä Eusbern (Allemagne) et d'Anne Pierre, son epoux (das ist eine Übersetzung von Anna Peter), in der
Grande rue du Faubourg Saint-Antoine. Er gehörte also zur großen Kolonie der auswärtigen, meist deutschen Handwerker,
die im Viertel von Saint-Antoine an der Seine das Asylrecht des Klosters genossen und dort ihr Gewerbe ausüben durften,
ohne der Zunft anzugehören. In der Regel sind die ausgelernten Gesellen eingewandert.

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