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Belvedere: Monatsschrift für Sammler und Kunstfreunde — Band 7.1925

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Probszt, Günther: Friedrich v. Amerling in der Galerie des 19. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.69286#0108

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GÜNTHER PROBSZT

Ornat des Ordens vom goldenen Vließe in Schönbrunn kennt1, fast durchwegs un-
bekannt sind.
Die hohe Bedeutung dieses hervorragenden Bildes wurde schon früh gewürdigt: »Ein
Prachtstück von herber Naturwahrheit und Geistigkeit« nannte es 1898 Karl v. Lützow2.
Höchst bezeichnend für Amerlings unbestechliche künstlerische Gesinnung ist übrigens
die Anekdote, die sich an dieses Bild knüpft. Als die Kaiserin verlangte, die ihr zu streng
erscheinenden Züge des Kaisers durch ein leises Lächeln zu mildern, soll ihr Amerling
geantwortet haben: »Das kann ich nicht. Es wär' ein Kindesmord. Wenn ich einen so
mächtigen Potentaten mal', so denk' ich mir ihn als Herrn über Millionen Menschen, über
deren Schicksal er nachdenkt. Und so ein Mensch lächelt nicht«3.
1836 hat Amerling in Wien das Bildnis des Malers Theodor Alconiere, in Mailand das
des Bildhauers Pompeo Marchesi gemalt, dessen Statue Franz I. den innern Burghof
schmückt, zwei hervorragende Beispiele aus der sehr beträchtlichen Reihe von »Prima-
porträts«, wie der Künstler diese meist für seine Privatgalerie bestimmten Bilder nannte,
wo er stets das Antlitz derer vor sich haben wollte, die ihm im Leben einst nahe gestanden.
Und diese Bildkategorie, zu der auch das Porträt des Kupferstechers Franz Stöber (um
1830) unserer Galerie sowie die oben gelegentlich der Münchner Anstellung erwähnten
Köpfe Schadows und Fendis zu zählen sind, gehört zu dem besten, das Amerling ge-
schaffen, auch dadurch schon interessant, weil es eben wirklich »Persönlichkeiten« sind,
die uns hier entgegentreten. In unglaublich kurzer Zeit, meist im Laufe einiger Stunden
entstanden, die Kleidung kaum über die Untermalung hinaus gediehen, dagegen der Kopf
mit wenigen Pinselstrichen kraftvoll herausmodelliert, zeugen diese »Primaporträts«
durch das intuitive Erfassen der dargestellten Persönlichkeit weit eindringlicher von
der hohen Meisterschaft Amerlings, als die große Schar der bestellten Bildnisse psycho-
logisch langweiliger Personen, die in langen Sitzungen sorgfältig durchgemalt wurden.
Die Krone aller Amerling-Bilder,nicht nur der Österreichischen Galerie, sondern überhaupt,
bildet aber unstreitig das große Familiengemälde, das den Großindustriellen und Kunst-
mäzenRudoll von Arthaber im Kreise seiner drei Kinder darstellt (1837). Gruppenporträts
hat Amerling selten gemalt, die bekanntesten sind das der gräflichen Familie Breunner (1834)
und das schon wiederholt erwähnte des Professors Bischoff(1836)/ beide Meisterwerke.
1 Österreichische Kunsttopographie II, SS.XXXV und I2o. 2 Der Wiener Congreß, herausgegeben von Eduard Leisching
Wien 1898, 115. 3 Von Frankl a. a. 0.31 irrtümlicherweise auf das Kaiserbild in Laxenburg bezogen. Doch schreibt
Amerling selbst ins Tagebuch: »Für Berlin bestimmt, jedoch für zu alt und mürrisch von der Kaiserin gefunden, nicht
abgeschickt«. — Es ist der Galerieleitung nicht hoch genug zu danken, daß sie dieses Bild aus einem ihm unwürdigen
Aufbewahrungsort in einem verstaubten Depot der Hofburg ans Tageslicht brachte. 4 Abgebildet bei Hans Tietze, Friedricli
Amerlings Gruppenporträts (Alt-Wiener Kalender 1919, S. 8ff.). — Ein Gruppenbild der Familie des Fürsten Lobkowitz
(1829) wurde von Amerling leider zerschnitten, weil ihm bei der Prinzessin Anna (später Gräfin Harrach) die »Ähnlichkeit«
nicht gelingen wollte. Aus dem Jahre 1833 stammt das Doppelporträt der Baronin Henriette Pereira-Arnstein und ihrer
Tochter Henriette (Abbildung Österreichische Kunsttopographie VIII, S. 11), nocli locker im kompositionellen Aufbau.

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