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Belvedere: Monatsschrift für Sammler und Kunstfreunde — Band 7.1925

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Stix, Alfred: Studien Delacroix' zu seinem Wandgemälde "Jakob ringt mit dem Engel" in der Kirche St. Sulpice in Paris
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https://doi.org/10.11588/diglit.69286#0113

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STUDIEN DELACROIX' ZU SEINEM WANDGEMÄLDE
JAKOB KIN GT MIT DEM EN GEL« IN DER KIRCHE ST. SULPICE
IN PARIS
VON ALFRED STIX
Zu den letzten großartigen Werken Delacroix' gehört die Ausmalung der Kapelle
Saints-Anges in der Kirche St. Sulpice in Paris. Das Programm umfaßt ein Decken-
gemälde, den »Sturz Luzifers«, und zwei Seitengemälde, die »Vertreibung des Heliodor«
und »Jakob ringt mit dem Engel«. Zu letzterem hat die Österreichische Galerie vor kurzem
eine Ölskizze auf Leinwand erworben. Kurze Zeit darauf kamen vier Handzeichnungen
Delacroix' in Besitz der Albertina, welche ebenfalls Studien zu diesem Wandgemälde
enthielten. Da außerdem eine weitere von Meyer-Graefe publizierte Zeichnung (Ent-
wicklungsgeschichte der modernen Kunst, II. Auflage, S. 144) zu dem Bilde bekannt ist,
so sind wir hier in der Lage, wie selten einmal, die Entwicklung eines Werkes dieses
Künstlers zu verfolgen.
Die Zeichnungen in der Albertina (Abb. 2 bis 5) sind durchwegs ganz flüchtige Bleistift-
entwürfe, welche auf den ersten Blick erste Gedanken verraten. Von ihnen bringt die
erste (Abb. 2) einen Gesamtentwurf. Die Gruppe der Kämpfenden ist schon ungefähr
so gedacht, wie sie später ausgeführt wurde, aber ihre Stelle im Bild ist mehr gegen
die Mitte hin gerückt. Das Gefolge Jakobs rechts ist nur ganz vage angedeutet, das Wasser,
das die linke untere Ecke ausfüllt, geht, wie auf der Skizze, weit über die Mitte des
Bildes hinaus, der Hintergrund ist erst ganz flächenartig disponiert, in der Mitte sieht
man einen großen Baum, der sich in zwei Äste teilt, links sind durch eine Reihe von
Strichen Waldpartien angedeutet, während der rechte Teil frei bleibt. Die Grund-
elemente der Komposition sind also schon vollständig vorhanden, während natürlich
im einzelnen, besonders bei der Landschaft, noch fast alles geändert wurde. Am
meisten hat den Künstler bei seinen Entwürfen naturgemäß die prachtvolle Gruppe
der beiden Kämpfenden beschäftigt. Die drei weiteren Zeichnungen der Albertina ent-
halten Detailstudien zu dieser. Von ihnen dürfte das Blatt mit den drei Varianten
wohl zuerst entstanden sein (Abb. 3), da es noch ganz verschiedene Lösungsversuche
bringt, einmal sogar direkt im Gegensinn, obwohl Delacroix vermutlich diese Variante
nur als Kontrolle für die plastische Möglichkeit der Gruppe gezeichnet hat. Auch sind
bei diesem Blatte die Flügel des Engels noch nicht berücksichtigt.
Es ist erstaunlich, mit welcher Intensität Delacroix von Anfang an das Motiv schon im
Kopfe ausgearbeitet haben muß. Das fast stierartige Anspringen Jakobs gegen den
Engel, das Heben des linken Fußes, das der ganzen Aktion einen so hohen Grad von
Stärke verleiht, findet sich von der ersten Skizze an bis zur schließlichen Ausführung

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