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Der Beobachter vom Donnersberg — 6.1798 [VD18 9037035X]

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https://doi.org/10.11588/diglit.29029#0229
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Kindern von Gott verworfene Wesen, und beschließt,
sie umzubringen, bewaffnet sich mit einem Messer, und
führt in der nämlichen Stunde einer Nacht sein abscheu-
liches Vorhaben aus. Mit seiner Frau fängt er an,
dann den Schwiegervater, darin seinen ältesten Sohn,
und so der Reihe nach bis zum Jüngsten, das kaum den
Schoos der Mutter verlassen hatte. Ein Streich war
genug, jedem derselben den Tod zu Leben. Die Rase-,
rei des Fanatismus trieb den Unglücklichen so weit, sich
seiner That bei seinen Nachbarn zu rühmen. Als der
Friedensrichter dazu kam , um das Verbrechen sicher zu
stellen, fand er den Kanibalen an seiner Thüre, wel-
cher zu ihm ruhig sagte: Gehet nur hinein! ihr werdet
sehen , daß ich eine schöne Arbeit gemacht habe.
Die Zahl der Todten wird sicher gestellt, und der
Friedensrichter bleibt dabei still. Nur auf die ernsthaf-
testen Drohungen deg benachbarten Kommissärs läßt er
den Schuldigen arretiren. Schon hatte dieser mehrere
Geständnisse gerhan, als der Pfarrer, der wohl ahn-
den mochte, daß dies Ungeheuer ihn in seinen Antwor-
ten kompromittiren könnte, die Frechheit hatte, zu
begehren, ihn zu sprechen. (Dieser ist ein Eidbrüchi-
ger und ein A^nworner und bekannter Feind der Re-
gierung.) Der Friedensrichter ziehet sich zurük, und
läßt den Schuldigen mit dem noch größeren Ungeheuer
< . Kaum hatte ihn Rouve, » r Pfarrer, wieder
r . en, als dieser seine Aussagen ruderte, den Reui-
c, -nachte, und dabei erklärte, daß er, da er wegen
s .r schreklichen That Lie Besinnung-ganz verloren
f c, er n ohl in fernen vougen Aussagen einige Un-
t.achcheilcn könnte gesagt haben»
Departement vom Donnersberg.
Mainz vom 22. Fruktidor. Man weis schon
lange, daß in Mainz nichts von Seiten der republika-
nischen Regierung geschehen kann, ohne daß es Pfaffen-
wuth mit ihrem giftigen Geifer besudelte. Vorfälle die-
ser Art zu rügen, hieße sich selbst beschmutzen. Allein
folgende Anektode, die abwechselnd Lachen und Unwil-
len erregt, verdient unfern Lesern mitgetheilt zu wer-
de:!. Unter den hiesigen Betschwestern giebt man fol-
gende Geschichte als die Veranlassung zur Bekanntma-
chung des Gesetzes über die freie Ausübung des Got-
tesdienstes an. Ein fr. Krieger stand auf dem Domi-
nikvnetkirchhofe Schildwache z ihm erschien eine schim-
mernde weibliche Luftgestalt, umgeben mit einem Schei-
ne , die sich immermehr der Erde nährte, so, daß der Krie-
ger von einem unerklärbaren Schauer ergriffen sinnlos
zu Boden sank.. Ein Offizier kam dazu, brachte ihn zur
Besinnung, hörte von dem Soldaten die Wunderer-
scheinung; dieser berichtete es seinen Obern, und so
entstaub das Gesez über den freien Gottesdienst, wel-
ches doch schon lange vorher in der ganzen Republik be-
kannt gemacht war. Merkwürdig dabei ist, daß die
Wundererscheinung nur auf den tapfern Krieger eine so
Arekliche Wirkung hatte, ohne daß sie auf y junge
Mädchen, dreaus der Ntcheschule nach Hause giengen,

und den ganzen Vorfall mit ansahen, den geringem
Eindruk machte. Unser peinliches Gesezbuch enthUr
kein Gesez, das auf einen Betrüger anwendbar wäre?
Vereinen dummen Tropfen überredet hätte, er habe
ihn die Kunst gelehrt, sich gegen die Wirkung eines
Flintenschusses zu sicheru; wenn Vieser? in blindem
Vertrauen auf den Betrüger, an sich oder einem arr^
Vern den Versuch des Kunststückes machte, und so Mord
und Selbstmord begierige; allein diesem Uibel kann leicht
durch einen Zusaz abgeholfen werden. Aber wie daH
leichtgläubige Volk vor den Uibeln bewahren, mit denen
es mancher vor kurzem noch privilegirter Betrüger zu
überhäufen sucht ? Man würde es für die Ideen eimS
Terroristen erklären, wenn man sagte, Vie EnEspe-
langen des Pfarrers Rouve aus dem Departements der
Ardeche und die Erfindung obiger Wundergeschichte
habe gleiche Quelle und gleiche Folgen. Die schlimmsten
Folgen des Pfaffentrugs, weil sie die allgemeinsten
sind, sind die, daß sie den Menschen von drr Aufmerk-
samkeit auf seine häusliche Glükseligkeit? auf seinen
Nahrungsstand und allen geselligen Tugenden abziehen-,
E Hiezu bietet sich in jeder Minute des Lebens Gekegelt
z heit dar, aber nicht immer finden sie eine Vendee re.?
« wo sie ihr Unheil im großen treiben, und mit den Pro-
phezeihungen des Bartholomaus Holzhäuser in der
Hand und seinen Worten: Schont der Gottlosen nicht kk
im Munde,, zum Patriotenmord aufhetzen können
Allein das tägliche und stündliche Fanatischen führt
auch dazu, im Fall der Möglichkeit der Anwendung.
Von Strasburg wird geschrieben, daß der Direk«
tor Reubel euch einen Tags vorher von Paris erhalte
nen.Kourier, am 14. dieses von Plombieres nach Pard
zuruk gekehrt sei.
Ausland.
Nom den 8. Fruktidor. Nach allen Nachrichten
aus Neapel und diesem Königreiche wird sich vre gegen-
wärtlge Krise durch einen Zug gegen dieses Land endi-
gen müssen. Unsere Truppen und die fränkischen sind'
dazu auf allen Enden gerüstet und bereit, das arglistige
Verfahren der Neapolitaner,. die den jüngst gedämpft
ten Aufruhr in verschiedenen Theilen unseres Gebietes-
anzundeten und unterhielten, zu rächen. Ein neapoli-
tanischer Fürst hat zu diesem Zwecke 40 bis 50,000 Ze-
chinen unter die verblendeten Einwohner ausgestreut; ür
jeder andern Rüksicht aber ist die Gemeinschaft zwisckeW
dem Gebiete unserer Republik und dem Neapolitanischem
ganz aufgehoben. Viele werden wegen Verdacht der
Freiheitsliebe aus diesem Königreiche verbannt. Die--
jenigen-, die wegen ihren^ politischen! Meinungen einge--
kerkert waren, aber durch Vermittlung der fr. Regie-
rung wieder freigelassen waren, sehen von neuem dem
Augenblicke entgegen? wieder eingefpeert zu wertzem
Der König hat einen Befehl ergehen lasten, kraft desi.
sen alle Einwohner seiner Lande, er selbst und seineKin^
der miteinbegriffen, vom rZten bis zum 45sten Jahren
zum Kriegsdienste sich bereit halten sollen. Bei dieses-
 
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