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Berliner Kunst-Herold: wirtschaftl. Zentralorgan für bildende Künstler ; offizielles Publikations-Organ des Verbandes Deutscher Illustratoren, der Bildhauer-Vereinigung von Mitgliedern des V.B.K. und der Ortsvereine der A.D.K., sowie der Freien Vereinigung der Graphiker — 4.1904

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.66975#0184
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BERLingR ——SSO
iKUHST-REROLD

Her ausgeber und Verleger: Redaktion:
HERMANN WEISS, STEGLITZ, Humboldtstr. 30. BERLIN W„ Bellevuestr. 3, (Künstlerhsus).
Sprechstunde 4—5, Telephon: Amt VI, 4901.


Erscheint am 10. und 25. jeden Monats. Abonne-
ment mit Postversendung 3 M'<. Preis der einzelnen
Nummer 40 Pfg.
Anzeigen-Annahme in der Redaction und In sämt-
lichen Annoncen - Expeditionen. Anzeigenpreis pro
4 gespaltene Nonparaillezeile 40 Pfg.
Offizielles Publikations-Organ des Vereins Berliner Künstler, des Verbandes Deutscher Illustrationen, der Bildhauer-
Vereinigung des V. B K. und der Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft, des Künstlerverbandes Deutscher
Bildhauer und der Freien Vereinigung der Graphiker.
No. 22.
BERLIN, den 26. November 1904
IV. Jahrgang.

Uliffeilungen des Vorlandes des Vereins
Berliner Kßnftier.
Die Komriiisson zur Abfassung der an Reichstag und
Bundesrat zu richtenden Petition betreffs des sogenannten
„Rechtes am eigenen Bilde“, welche aus den Herren Otto H.
Engel, Fritz Gehrke, Franz Jüttner, Otto Marcus, Justizrat
Michaelis, William Pape, Martin Schauss und Max Schlichting
bestand, hat unter Hinzuziehung des Herrn Dr. Alb. Oster-
rieth ihre Aufgabe inzwischen erledigt. Der Entwurf der Pe-
tition ist nunmehr dem Hauptvorstand in Dresden zur Druck-
legung und Verbreitung übergeben worden.

Eingabe an den Bundesrat und Reichstag zum
neuen Lkheberrechtsgeietz.
Dam hohen Bundesrat dem hohen Reichstage
beehren sich die unterzeichneten bildenden Künstler folgendes
mit der Bitte um wohlwollende Prüfung vorzutragen:
In dem Entwurf für ein neues Urheberrechtsgesetz befindet
sich eine Bestimmung, die ein völlig neues Prinzip in die
Urheberrechtsgesetzgebung bringt. Es handelt sich um die
§§ 16 und 17,, welche lauten:
§ 16: „Bildnisse, dürfen nur mit Einwilligung des Abge-
bildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden.
Nach dem Tode des Abgebildeten bedarf es bis zum Abläufe
von zehn Jahren der Einwilligung der Angehörigen des Abge-
bildeten. Angehörige im Sinne dieses Gesetzes sind der über-
lebende Ehegatte, und die Kinder des Abgebildeten, und wenn
weder ein Ehegatte noch Kinder vorhanden sind, die Eltern
des Abgebildeten.
Bildnisse aus derii Bereiche der Zeitgeschichte dürfen ohne
die nach Abs. 1 erforderliche Einwilligung verbreitet und zur
Schau gestellt werden, sofern nicht dadurch ein berechtigtes
Interesse des Abgebildeten verletzt' wird.
Die Vorschrift des Abs. 1 findet keine Anwendung auf
solche Bilder, deren Zweck nicht in. der..Darstellung einzelner
Personen besteht, insbesondere, auf die Wiedergabe von Land-
schaften, von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vor-
gängen.”
§ 17: „Für amtliche Zwecke dürfen. Bildnisse von den
Behörden ohne Einwilligung des Berechtigten, sowie des Ab-

gebildeten oder seiner Angehörigen vervielfältigt, verbreitet
oder öffentlich zur Schau gelstelllt werden.”
Bisher war von einem Porträtschutz nur insoweit die
Rede, als, dem Besteller eines Porträts ein gewisses Recht
eingeräumt war, § 8 dies Gesetzes vom 9. Januar 1876. Von
einem Recht des Abgebildeten war bisher nie die Rede, viel-
mehr konnte sich der bildende Künstler der Gesichtszüge seiner
Mitmenschen bedienen wie jedes anderen Objekts. Tatsäch-
liche Unzuträglichkieiteii,. die. durch diesen bisherigen Rechts-
zustand auf dem Gebiete der bildenden Kunst hervorgerufeii
wären, sind wenigstens nicht bekannt geworden. Es kann jn
der Theorie zugegeben werden, dass das gesteigerte Bedürf-
nis nach dem Ausbau des Persönlichkeitsrechts diesen Zu-
stand als änderungsbedürftig erscheinen lässt. Demgegenüber
erlauben wiir uns, darauf hinzuweisen, dass die vorgeschla-
genen neuen Bestimmungen in der Praxis ernste Unzuträg-
lichkeiten für die bildende Kunst im Gefolge haben müssen.
Um seine Mission erfüllen zu können, hat der Künstler das
Interesse,
1) in der Darstellung des Menschen unbeschränkt zu sein,
soweit er dadurch nicht mit dem gemeinen Recht in, Konflikt
kommt;
2) Kopf- und Figurenstudien zu reproduzieren und zu ver-
breiten; .
3) altes ausstellen zu können, war er schafft und zwar
sowohl um sein künstlerisches Schaffen, seine künstlerische
Individualität der Mitwelt zu offenbaren, als auch um sich
bekannt zu machen und um eine Verwertung der Werke zu
ermöglichen.
Diese. Interessen werden durch den vorfliegenden Entwurf
schwer gefährdet. Zunächst scheint uns mehr als bedenklich,
dass der Begriff „Bildnis” nicht definiert ist. Aus- dem Zu-
sammenhang'scheint hervorzugehien, dass nicht nur die spe-
ziellen Arbeiten der Porträtmaler und Porträtbildhaüer ihs
Auge gefasst sind, sondern dass mit einzelnen, im Entwurf
präzisierten Ausnahmen jede A b b i ill d u n g einer Person
getroffen werden soll, die die Züge dieser Person deutlich er-
kennen lässt. Dies würde zunächst zur Folge haben, dass
ein Ausstellen und Reproduzidfieh von Kopfstudien unmöglich
gemacht würde. Die Künstler könnten zwar mit den Berufs-
modellen entsprechende Verträge abSchliessen. Bei Gelegen-
 
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