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Bernoulli, Johann Jacob
Römische Ikonographie (Band 1): Die Bildnisse berühmter Römer — Stuttgart, 1882

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https://doi.org/10.11588/diglit.662#0201
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M. Brutus. 189

besonders edel geformtes Profil mit vortretendem Mund und Unter-
gestellt, eine steile, niedrige Stirn und im Winkel damit eine gerade,
fast stumpfe Nase, endlich eine magere Complexion ', die besonders
in den harten Umrissen des Unterkiefers und in dem dünnen Hals
zu Tage tritt. Die auch sonst (z. B. in der runderen Kopfform und
dem zugespitzteren Profil) abweichende macedonische Münze zeigt
ihn ohne Bart.

Was mir von Brutnsköpfen auf Gemmen bekannt ist, nämlich
zinneist nur die Abdrücke bei Cades (V. Nr. 237—244), ist entweder
von den Münztypen abhängig, oder falsch benannt, also im besten
Falle secundäres Quellenmaterial. — Zwei darunter (Nr. 237 und 238)
haben im Felde neben dem Kopfe die Abzeichen des Dolches und
der Freiheitsmütze, zwei weitere (Nr. 239 und 240) bloss das Ab-
zeichen des Dolches. Man sollte denken, über diese vier könne kein
Zweifel obwalten, und in der That sind sie wohl sämmtlich als Brutus
gemeint. Aber ebenso wahr ist, dass man ohne die beigegebenen Ab-
zeichen nur einen darunter (Nr. 238), einen kleinen Onyx der Samm-
lung Beverley, sofort als Brutus erkennen würde, und zwar als eine
ziemlich genaue Beproduction der Goldmünze des Pedanius Costa.
Nr. 240, ein rother Jaspis unbekannten Aufbewahrungsortes, scheint
zwar ebenfalls den Münztypen nachgebildet, aber ungenau und mit
stärkerem Bart, während Nr. 237 und 239, ein Karneol und ein
Chalcedon, eine gemeinere Physiognomie zeigen, bei der man eher
an einen Afrikaner oder an eine Persönlichkeit wie Spartacus denkt,
obgleich gerade dieser in Wirklichkeit vielleicht kein Repräsentant
des Sklaventypus war 2.

Von den übrigen Abdrücken bei Cades ist Nr. 243 ein schönes
Brutusbildnis vom Charakter der Silbermünzen, bärtig, mit kurzer
vortretender Stirn und dicken, aber geschlossenen Lippen, während
in Nr. 244, einem Sardonyx der Sammlung Vannutelli, wieder der
schon erwähnte äthiopische Typus vorliegt; hier in einer Ausführung
von bewunderungswürdiger Feinheit. Der etwas grössere Kopf ohne
Hals auf einem Cameo der Sammlung Vidoni (Cades Nr. 241), und

1 Die Magerkeit scheint eine Bestätigung zu finden in dem bekannten
Ausspruch Caesars, er fürchte nicht die wohlbeleibten und schönfrisierten Herrn,
sondern die bleichen und hageren, worunter er nach Plutarch den Brutus und
Cassius verstand (Plut. Brut. 8. Antonius 11). In Wahrheit freilich konnte Caesar
nur den Cassius meinen, da er gegen Brutus kein derartiges Misstrauen hegte.
Allein da man die Aeusserung später auch auf Brutus bezog, so musste sie doch
einigermassen zu seiner Körperbeschaft'enbeit passen.

s Aehnlich, doch mit gebogener Nase, der im Museo Worsleyano (Tf.
23. 2) als Brutus abgebildete Gemmenkopf.
 
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