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Bernoulli, Johann Jacob
Römische Ikonographie (Band 1): Die Bildnisse berühmter Römer — Stuttgart, 1882

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https://doi.org/10.11588/diglit.662#0202

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190

M. Brutus.

der jugendliche auf einem Karneol unbestimmten Besitzes (Nr. 242)
scheinen sehr fragliche Brutusbildnisse zu sein. Ebenso der nicht
bei Cades vertretene Karneol des Cabinet des Medailles zu Paris
(Chabouillet Nr. 2072, abg. bei Duruy Hist. d. Rom. III. p. 427).

Von. dem sogenannten Brutus auf dem Goldring des Herakleidas
in Neapel (Brunn Geschichte d. gr. Kstlr. IL p. 504) steht mir leider
kein Abdruck zu Gebote.

Unter all den genannten können also nur zwei (Cades Nr. 238
und 243) vollkommene Sicherheit der Person und zugleich Bildnis-
ähnlichheit beanspruchen.

Es fragt sich, sind diese den Münzen entnommenen und auf den
Gemmen mehr oder weniger treu reproducierten Züge, ihre Zuver-
lässigkeit vorausgesetzt, genügend, um noch Marmorbildniss e
nach ihnen zu bestimmen, und ist es überhaupt wahrscheinlich, dass
noch solche vorhanden sind?

Mit der Niederlage bei Philippi hatte die Republik den Todes-
stoss erlitten. Wie es fortan keine Ehrenstellen mehr für ihre An-
hänger und Vertreter gab, so auch keine öffentlichen Denkmäler.
Indes retteten sich gleichwohl einzelne Bildnisse des Brutus in die
Kaiserzeit hinein. Augustus war als Alleinherrscher in dieser Be-
ziehung tolerant und nahm es sogar beifällig auf, als ihm ein ehe-
maliger Quaestor des Brutus das Bild desselben in seinem Hause
zeigte '. Die Bürger von Mailand, die eine als Bildnis und Kunst-
werk ausgezeichnete Erzstatue des Brutus in ihrer Stadt hatten stehen
lassen, stellte er zwar bei einem Besuch deswegen zur Rede, aber
nur scherzweise und ohne die Bildsäule zu entfernen2. Also das
Bildnis kam auf die Nachwelt; und da es in der Kaiserzeit, beson-
ders unter den Claudiern, noch manche stille Verehrer der republi-
kanischen Staatsform und ihrer Verfechter gab, so wird es aueh an
späteren Vervielfältigungen desselben nicht ganz gefehlt haben.

Die andere Frage, ob die Münzen ein hinreichend bestimmtes
Bild geben, hängt von dem Gewicht ab, das man dem macedonischen
Typus beilegt. Stellt man ihn gleichberechtigt neben die Denare
und Goldstücke, so ist es schwer, die charakteristischen Züge mit
Bestimmtheit zu erfassen, und man kann höchstens eine gewisse An-
zahl von Bildnissen bezeichnen, bei denen die Möglichkeit, Brutus
darzustellen, grösser ist als bei andern. Legt man aber die Gold-
und Silbermünzen als die einzigen zuverlässigen Typen zu Grunde,

1 Appian B. c. IV. 51.

2 Plut. comp. Dionis et Bruti, fin.
 
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