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Bernoulli, Johann Jacob
Römische Ikonographie (Band 1): Die Bildnisse berühmter Römer — Stuttgart, 1882

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https://doi.org/10.11588/diglit.662#0144

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Cicero.

Cicero.

(Taf. X-XI1. Münataf. II. 49. 50.)

M. Tullius Cicero, geb. zu Arpinum 106 v. Chr., galt schon in
seinem 27. Jahre (Verteidigung des Eoscius von Ameria) für den
ersten Redner seiner Zeit. Obgleich ein homo novus, erlangt er im
J. 63 v. Chr., dem 43. seines Lebens, unterstützt durch die politi-
schen Verhältnisse, das Consulat. Während desselben vereitelt er
die Verschwörung des Catilina. Indes nehmen seine Feinde und
Neider von ebendaher den Anlass ihn zu stürzen. Er wird im Jahre
58 durch ein Gesetz des'Clodius verbannt. Nach seiner Rückkehr
(57) findet er den Senat durch das Triumvirat gelähmt. Er kann
sich ebensowenig entschliessen von der politischen Laufbahn abzu-
treten, als offen für seine Gesinnung einzustehen. Beim Ausbruch
des Bürgerkriegs zwischen Pompejus und Caesar (49) stellt er sich
nach langem Schwanken auf Seite des ersteren, macht aber nach der
Schlacht bei Pharsalus (48), an der er persönlich nicht Teil genom-
men, seinen Frieden mit Caesar, und beschäftigt sich eine Zeit lang
mit litterarischen Studien. Das Jahr 44 (Ermordung Caesars) ruft
ihn noch einmal auf die Schaubühne des öffentlichen Lebens. An-
gestachelt von Ehrgeiz und von leidenschaftlichem Hass gegen An-
tonius stellt er sich an die Spitze des Senats und sucht eine Ver-
bindung des jungen Octavian mit der Optimatenpartei zu Stande zu
bringen. Aber die Gründung des 2. Triumvirats macht seinen
Hoffnungen und Bestrebungen ein Ende. Von Octavian preisgegeben
und flüchtig, wird er auf seinem Landgut bei Formiae, nicht ganz
vierundsechzigjährig, getötet (43 v. Chr.).

Cicero's Charakter wird bekanntlich verschieden beurteilt, wie
immer, wo neben grossen Vorzügen grosse Schwächen. Das vernich-
tende Urteil, welches die neuere Geschichtschreibung über seine
politische Laufbahn gefällt hat, wird bei billiger Rücksichtsnahme
auf die Schwierigkeit der Zeiten etwas modificiert, aber der Haupt-
sache nach schwerlich wieder umgestossen werden; denn es beruht
auf ebenso erschöpfender Kritik der Quellen als allgemein geltenden
sittlichen Anschauungen. Cicero fehlt die Charaktergrösse, die un-
sere Teilnahme an seinem Geschick zu einem tragischen Mitgefühl
erheben könnte. Indes war es ungerecht, dieses den Menschen und
 
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