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Bernoulli, Johann Jacob
Römische Ikonographie (Band 1): Die Bildnisse berühmter Römer — Stuttgart, 1882

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https://doi.org/10.11588/diglit.662#0039

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Atilius ßegulus. 27

• M. Atilius Regulus.

Auf Eegulus, den Feldherrn des ersten punischen Kriegs, wur-
den und werden zum Teil noch jetzt ein paar numismatische, glyp-
tische und plastische Bildnisse bezogen, von denen indes auch nicht
eines wissenschaftlich aufrecht erhalten werden kann.

Der unbärtige Kopf mit der Adlernase und dem fetten Kinn auf den
Denaren der gens Livineja, bald mit der Umschrift (L.) REGVLVS
PH., bald ohne Umschrift, hat, wie Borghesi bewiesen *, mit dem
alten Regulus nichts zu thun, sondern ist das Bildnis eines Praetors
Regulus aus caesarischer Zeit, geprägt im J. 43 v. Chr. von dessen
Enkel L. Livinejus Regulus, Sohn eines der 6 oder 8 Stadtpraefecten,
die während Caesars Abwesenheit in Spanien (46 auf 45 v. Chr.) mit
der Leitung der öffentlichen Angelegenheiten beauftragt waren
(Mommsen), wenn anders der Münzmeister nicht selber einer der
Stadtpraefecten war, und das Bildnis vielmehr seinen Vater darstellt
(Borghesi) 2.

Ganz apokryph ist ferner die Beziehung auf Regulus bei einem

1 Borghesi Oeuvres numismat. I. p. 194.

2 Ueber das Jahr der Prägung vgl. v. Sallet Zeitsehr. f. Numism. IV. p. 135,
als Berichtigung von Mommsen Gesch. d. röm. Münzw. p. 741, welcher das Jahr
38 v. Chr. vermutet hatte.

So lange man das Bildnis auf den Consul des ersten punischen Kriegs be-
zog, sah man sich der befremdlichen Thatsache gegenübergestellt, dass ein
Livinejer einen Ahnherrn der Atilier auf seine Münzen geprägt haben sollte.
Um dieselbe zu erklären, hatte Visconti nach dem Vorgang von Faber (lllustr.
imagg. Nr. 38) und Andern angenommen, dass der Name Regulus durch Adoption
von den Atiliern in das Geschlecht der Livinejer übergegangen sei, weshalb die
letztern den M. Atilius Regulus zu ihren Vorfahren zählen und eine Ehre darin
suchen konnten, sein Bildnis auf ihre Münzen zu setzen.

Hiegegen macht Borghesi folgende Gründe geltend:

Der letzte uns bekannte Atilius Regulus ist der Prätor des Jahres 541 der
Stadt (213 v. Chr.), nach welcher Zeit der Name aus der Geschichte verschwindet.
Die Livinejer umgekehrt sind ein ziemlich spätes Geschlecht, das erst im letzten
Jahrhundert der Republik, als die Atilier höchst wahrscheinlich schon ausgestor-
ben waren, zu einigem Ansehen kam. Eine Verbindung beider Familien durch
Adoption ist also an sich schon im höchsten Grade unwahrscheinlich. Aber ge-
setzt auch, sie hätte stattgefunden, so würde sich der Adoptierte aller Analogie
nach nicht Livinejus Regulus sondern Livinejus Atilianus genannt haben, wie
der jüngere Scipio sich nach seinem Adoptivvater (Paulus Aemilius) Aemilianus
nannte. Die unveränderte Annahme des väterlichen Familiennamens durch den
Adoptierten (z. B. Caecilius Metellus Pius durch Metellus Scipio) kommt vor
 
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