Ich kann nun nichts sagen, als ich bin hier, ich habe
nach Tischbein geschickt.“ Atemlos vor Glück hat Goe-
the es in sein Tagebuch notiert, als er am Abend des 29.
Oktober 1786 in Rom eintraf. Knapp acht Wochen hatte
die Reise von Karlsbad in die Hauptstadt der alten Welt
gedauert, und in Hast, ohne längeres Verweilen, hatte
sie der Dichter zurückgelegt. Durch Bilder und Briefe
war der Maler ihm kein Fremder mehr, hatte doch Goe-
the selbst ihn an den Herzog Ernst von Gotha empfoh-
len, der Tischbein durch ein Stipendium den Aufenthalt
in Italien ermöglichte. Seit 1783 lebte dieser in der Tiber-
stadt, bildete sich und malte und war zugleich der be-
gehrte Cicerone, an den sich die deutschen Rombpsucher
aus der literarischen und künstlerischen Welt gerne wand-
ten.
Maler und Dichter trafen sich in einer Locanda am
Wege nach St. Peter. „Sie sassen in einem grünen Rock
am Kamin, gingen mir entgegen und sachten: ich bin
Goethe! und ich erkante im Augenblick den Mann, der
das WellenGetöse des menschlichen Gemüth in seiner
Tiefe kennt.“ Aus dieser ersten Begegnung ist ein halbes
Jahr enger, herzlicher Freundschaft geworden. Goethe
zog zu Tischbein ins Quartier, zum Kutscher des Kar-
dinals Caraffa und seiner Frau Piera, am Corso gegen-
über dem Palazzo Rondanini, unweit der Piazza del
Popolo. Es war eine Künstlergesellschaft, die hier hau-
ste, Tischbein und die Maler Schütz und Bury sowie der
Bildhauer Lips. Als Goethe einzog, gab er sich selbst als
pittore Filippo Miller aus.
Und dann begann eine Zeit gemeinsamen Lebens, voll
Aufregung und dankbaren Staunens. Goethe hat es
genau aufgeschrieben, für sich im Tagebuch, für seine
Freunde in Briefen. Tischbein hat es gezeichnet. Da
steht der Dichter am Fenster und sieht auf das Treiben
und Eilen des Corso herab (Abb. 1). Die Porta del
Popolo war das große Eingangstor im Norden der
Stadt. Die Pilger von jenseits der Alpen, die Bauern
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nach Tischbein geschickt.“ Atemlos vor Glück hat Goe-
the es in sein Tagebuch notiert, als er am Abend des 29.
Oktober 1786 in Rom eintraf. Knapp acht Wochen hatte
die Reise von Karlsbad in die Hauptstadt der alten Welt
gedauert, und in Hast, ohne längeres Verweilen, hatte
sie der Dichter zurückgelegt. Durch Bilder und Briefe
war der Maler ihm kein Fremder mehr, hatte doch Goe-
the selbst ihn an den Herzog Ernst von Gotha empfoh-
len, der Tischbein durch ein Stipendium den Aufenthalt
in Italien ermöglichte. Seit 1783 lebte dieser in der Tiber-
stadt, bildete sich und malte und war zugleich der be-
gehrte Cicerone, an den sich die deutschen Rombpsucher
aus der literarischen und künstlerischen Welt gerne wand-
ten.
Maler und Dichter trafen sich in einer Locanda am
Wege nach St. Peter. „Sie sassen in einem grünen Rock
am Kamin, gingen mir entgegen und sachten: ich bin
Goethe! und ich erkante im Augenblick den Mann, der
das WellenGetöse des menschlichen Gemüth in seiner
Tiefe kennt.“ Aus dieser ersten Begegnung ist ein halbes
Jahr enger, herzlicher Freundschaft geworden. Goethe
zog zu Tischbein ins Quartier, zum Kutscher des Kar-
dinals Caraffa und seiner Frau Piera, am Corso gegen-
über dem Palazzo Rondanini, unweit der Piazza del
Popolo. Es war eine Künstlergesellschaft, die hier hau-
ste, Tischbein und die Maler Schütz und Bury sowie der
Bildhauer Lips. Als Goethe einzog, gab er sich selbst als
pittore Filippo Miller aus.
Und dann begann eine Zeit gemeinsamen Lebens, voll
Aufregung und dankbaren Staunens. Goethe hat es
genau aufgeschrieben, für sich im Tagebuch, für seine
Freunde in Briefen. Tischbein hat es gezeichnet. Da
steht der Dichter am Fenster und sieht auf das Treiben
und Eilen des Corso herab (Abb. 1). Die Porta del
Popolo war das große Eingangstor im Norden der
Stadt. Die Pilger von jenseits der Alpen, die Bauern
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