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Die Bewegung: Zeitung d. dt. Studenten — 10.1942

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Nr. 16 (8. August 1942)
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Ausgab© Süd

INIELPREIS 15 PFENNIG / MÜNCHEN, 8. AUGUST 1942 / 1Q.J

AHRGAHG / FOLGE 16

Studenten im Kriege

Von Dr. Heinz Wo/ff

Im landläufigen Denken beginnen Anfang
August die Ferien für die Studenten und Sta-
dentinnen. Und es ist ja auch früher immer so
gewesen, daß mit dem Beginn des Monats
August die langen Hochschulferien anfingen,
die ungefähr drei bis dreieinhalb Monate zwi-
schen dem Sommer- und dem Wintersemester
lagen. Auf den ersten Blick betrachtet, war und
ist das eine lange Zeit. Man hat ja auch oft
darüber gestritten, ob die Ferien an den Hoch-
schulen im Vergleich zu der Arbeitszeit der
Semester nicht zu lang seien. Witzbolde haben
ausgerechnet, daß nicht nur der Lehrer einer
höheren Schule, sondern auch der Hochschul-
lehrer und der Student mehr Ferien hätten, als
sie arbeiten würden. Dies stimmt natürlich
nicht, sondern es ist für die Hochschularbeit
und für die Arbeit des Studententums ein ge-
radezu verhängnisvoller Fehler, zu glauben,
daß die Ferien zu lang seien. Gerade die Hoch-
schulnrbeit verlangt die langen, schöpferischen
Atempausen. Für den, der sein Studium ernst
nahm, sind die Ferien ja nie nur zur Erholung,
Ruhe und Entspannung dagewesen, sondern sie
sind dazu benutzt worden, das im Semester
Gehörte und Erfaßte zu vertiefen, nachzuarbei-
ten und in höheren Semestern die eigene wis-
senschaftliche Arbeit durch strengstes Studium
zu beginnen; und methodisch weiterzufahren,
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Studium ernst nänm, von scnwerst«e.«und inten-*
sivster Arbeit erfüllt gewesen, und beim Hoch-
schullehrer, der dauernd mitten im Hochschul-
leben steht und der nicht etwa Semester für
Semester dasselbe Kolleg liest, liegen die
Dinge nicht anders. Der Hochschullehrer
braucht diese Ferien dringend und gebiete-
risch, um seinen Stoff wieder neu durchzu-
arbeiten, um auch für über den reinen Lehr-
betrieb hinausgehende Forschungsarbeit ge-
nügend Zeit zu haben. Die Einheit, von For-
schung, Lehre und Erziehung hat die deutsche
Universität nicht zu ihrem Schaden seit Jahr-
hunderten beherrscht. Die Ferien sind der Teil
der Hochschularbeit für den Wissenschaftler,
in dem er der Forschung nachkommen und ihr
dienen kann.

So sind also die Ferien immer ein notwendi-
ger Bestandteil des Hochschullebens gewesen
und gehören zum eigentlichen rhythmischen und
harmonischen Arbeitslauf und zur Arbeitstei-
lung an einer Hochschule.

Wenn wir hier diese Lanze für die Ferien
und die richtige Auffassung über die auf den
ersten Blick lange anmutenden akademischen
Ferien brechen, dann wollen wir gleich fest-
stellen, daß sich im Kriege natürlich die Dinge
auch wieder geändert haben. Der Krieg stellt
härtere Bedingungen als das normale Leben.
Der Krieg verlangt ein besonderes Maß von
Spannung und Arbeitsbereitschaft von jedem
einzelnen Menschen. Der Krieg verlangt ein
intensiveres, bewußteres Leben des einzelnen,
eine Konzentrationskraft in der Arbeit, wie
sie sonst selten vorhanden ist, weil ja jeg-
liche Arbeit immer ganz bestimmt auf ein Ziel
ausgerichtet sein muß.

Oer deutsche Student am richtigen Platz

Das deutsche Studententum aber hat für Not-
und Kriegszeiten das Wort geprägt, daß der
deutsche Student immer da zu fin-
den sei, wo die Probleme am drin-
gendsten und die Not am größten
ist. Wenn er diesen Grundsatz aufgestellt hat,
dann bedeutet das für den Krieg, daß er das
Studium mit allem Ernst, allem Eifer und
allem Fleiß betreibt, daß er sich aber darüber
hinaus für die Lösung der Kriegsfragen an
jeder notwendigen Stelle zur. Verfügung stellt.

Aus diesem Grunde ist es gekommen, daß
der Student eigentlich seit dem Krieg auf seine
Ferien verzichtet hat. Die deutschen Studenten
haben sich diesem Verzicht aus innerer Über-
zeugung heraus angeschlossen. Während der
größte Teil der deutschen Studenten seit Be-
ginn des Krieges als Soldaten an der Front
stand und kämpfte und damit dem Studenten-
tum entzogen war, konnten es die in der Hei-
mat verbliebenen Studenten nicht verantwor-
ten, daß ihnen durch das Heimatstudium ein
besonderes Vorrecht sozusagen in den Schoß
gefallen war. Sie wollten auch in der Heimat
während des Studiums und vor allen Dingen
während der Hochschulferien zeigen, daß sie
Kriegsdienst zu leisten gewillt waren. So sind

Kriegseinsatz 1943

Der Meister in einem großen Betrieb weiht einen jungen Studenten, den stud. med.

Konrad M.F in die Arbeit an der Stanzmaschine ein. Aufnahme: g. Kiesiing

fiiii1!iiiiitiiiiiiiitriiiiiriiiriiiiiiiiiiiiiiiiniiiiitiiiiitiriiiiiiiiiiiiiiiiiiifitiiti[iiiifiiiiiriiiiiiiiitiriiifiiiiiiiijiiciiiiiiiiiiiiiiiiMiiiiiiifiiiiiiiiiifiiiiiiriiiciifiiiiii

die Parolen zum Rüstungseinsatz der deutschen
Studenten in der Kriegszeit - entstanden. So
ist jetzt der Kriegseinsatz der deut-
schen Studenten und.Studentin-
nen im Kriegsjahr 194 2 begonnen wor-
den. \

Reichsstudentenführer Dr. Scheel hat die
,,Tage Deutscher Kunst" verkündet und damit
dem Willen der nationalsozialistischen Studen-
tenführung Ausdruck gegeben, allen deutschen
Studenten und Studentinnen die Möglichkeit
zu geben, sich in diesem Krieg an besonderer
Stelle zu bewähren. Er hat sich dabei an alle
mit einem begeisternden Appell gewandt, sich
für diese neue Kriegsarbeit mit allen Kräften
einzusetzen. Er hat auch bedenklichen Eltern
zugerufen, daß es in dieser Zeit nicht darum
geht, der erwachsenen Tochter Ferien zu ver-
schaffen, sondern daß auch die sogenannte
höhere Tochter sich jetzt mitten in die arbei-
tende und kämpfende Volksgemeinschaft stel-
len muß. Und in diesen Tagen nun hat Reichs-
studentenführer Dr. Scheel eine besondere Art
des Kriegseinsatzes 1942 der deutschen Stu-
dentenschaft in Posen verkündet. Er hat
den Osteinsatz 1942 eröffnet, der den
Studenten Gelegenheit gibt, in den neuen deut-
schen Ostgebieten, das heißt in den Gauen
Wartheland, Danzig-Westpreußen und Ober-
schlesien unmittelbar am deutschen Aufbau-
werk mitzuwirken. Fabrikdienst, Wis-
sens c~h aftsdienst und Einsatz-
dienst lösen sich hier ab.

Dieser Osteinsatz hat für das deutsche
Studententum eine besondere erzieherische Be-
deutung, da der Osten nun einmal
Deutschlands Schicksal ist, so daß
das deutsche Studententum auch hier voran-
gehen will.

Die anderen Einsatzarten des Kriegseinsat-
zes 1942 sind außerordentlich vielfältig. Be-
sonderer Wert ist darauf gelegt worden, daß
der Kriegseinsatz in irgendeinem, unmittel-
baren Zusammenhang mit dem Studium und
seinen Zwecken steht, Fast alle Studenten
und Studentinnen sind ihrem Studium
entsprechend eingesetzt, wobei na-
türlich gerade die Tecfiniker, die Mediziner
und die Naturwissenschaftler besser abkom-
men werden als die Geisteswissenschaftler
und Musiker usw. Die Techniker, die Natur-
wissenschaftler und die Mediziner leisten im
Kriegseinsatz eine praktische Arbeit, die
ihrem Studententum unmittelbar zugute
kommt, bei der sie die Kenntnisse ihres Stu-
diums verwenden können und bei der sie
neue Kenntnisse und Praxis gewinnen, die sie
später beim Studium wieder nutzbringend an-
wenden können. Für den Geisteswissenschaft-
ler, Musiker, Philologen usw. ist das schwe-
rer. Er wird nicht ganz dem Studium ent-
sprechend eingesetzt werden können. Er wird
aber aus der Bewährung im praktischen Ar-
beitsleben für sich selbst so viel gewinnen
und erarbeiten, daß auch er im späteren Le-
ben nie auf den Kriegseinsatz verzichtet ha-
ben will und daß er gerne an ihn zurückden-
ken wird.

So löst der Kriegseinsatz der deutschen Stu-
dentenschaft die alte Auffassung von den Fe-
rien vollkommen ab. So setzt er an die Stelle
der Ferien den neuen nationalsozialistischen
Begriff des Einsatzes, der das Studium nicht
unterbricht, sondern der auch das Studium
weiterführt und es unmittelbar zum Wohle
des Volkes und diesmal zur Erringung des
Sieges einsetzt.

Verpflichtung für die Zukunft

Von Gauleiter Konrad Henlein

Alles, was wir heute tun, jeder Einsatz, er-
hält seine Bedeutung und Bewertung aus der
Beziehung zum großen Geschehen der Gegen-
wart; jede Leistung wird gemessen an den
Gesamtaufgaben dieses Entscheidungskrieges.
Dieser Grundsatz gilt für alle Gebiete des Le-
bens; er erhält sein besonderes Gesicht an den
Brennpunkten des großdeütschen Raumes und
Machtbereiches. Einer dieser Brennpunkte ist
in erster Linie Prag, ist der böhmisch-mährische
Raum im Flerzen des Reiches. Die Aufgaben,
die hier jedem gestellt sind, an welchem Platz
immer er auch eingesetzt sein mag, verpflichten
mehr als sonst irgendwo. Hier auf uraltem,
heißumkämpftem, geschichtlichem Boden spüren
wir den heiligen Pulsschlag des Reiches mäch-
tig und mahnend.

Ich weiß, daß der deutsche Student seit jeher
für die Fragen dieses Raumes und der alten
Kaiserstadt Prag besonders aufgeschlossen war
. und es auch heute ist. Die Prager Studenten
verkörpern in hervorragender Ausprägung den
deutschen Geist dieser Stadt. In der Zeit der
Hochblüte deutscher Kultur erstand hier i"!t
der Gründung der ältesten deutschen Univer- i-
tät auch die älteste deutsche Studentenschaft.
Seither ist das Schicksal der jungen Deutsch f i,
die von allen Seiten des Reiches in. dieses
Kernst«- '--'\_strn , ...-^.'sl'-Ji, mit
ip~-:.nsxiiv,„..-/rir«,v„s-»...-««;;<.^--- *er -t'.*p,i>..
tischen Kräfte des Sudetenraumes fühiie allzu
oft auch zum Bedeutungsrückgang der alten
deutschen Karlsuniversität, sie forderte dagegen
aber auch immer wieder den zähen Widerstand
der Prager akademischen Jugend in die
Schranken, die viele Male die Stadt und den
Geist dieser Stadt gegen den äußeren und in-
neren Feind verteidigte.

Revolutionäres Studententum

So wuchs in diesem Studententum stetig ein
revolutionäres und aktives Element, das auch
in der Neuzeit fast vöjlig von den Fehlentwick-
lungen eines gesättigten kleindeutschen Staats-
bewußtseins bewahrt blieb. Die Prager Studen-
tenschaft, gleich wie, wo und ob sie zusammen-
geschlossen war, war beseelt von ihrer Auf-
gabe, Böhmen zu einem Mittelpunkt des groß-
deutschen Gedankens zu machen. Und das ge-
rade in Prag, wo sie am klarsten und eindeu-
tigsten sowohl gegen das heranbrandende
fremde Volkstum wie gegen die Feinde im In-
nern von Volk und Staat ihre Stellung beziehen
konnte.

In schweren und harten Zeiten lebten, die
Prager Studenten als Männer, die ohne den ge-
ringsten sogenannten akademischen Dünkel , in
ihrem Nebenmann vor allem den Deutschen
sahen, ohne Rücksicht auf Stand und Herkunft.
Um so selbstverständlicher war es auch, daß
sie nicht allein in dem Schicksal, Prags und
seiner Hochschulen das Schicksal der alten
Reichsländer sich erfüllen sahen, sondern dem
tapfer aushaltenden Mann an den fast verges-
senen Alltagsfronten des Volkstumskampfes
beistanden, in den Sprachinseln vor allem, den
Bauern und später den Arbeitern Kameraden
und Kampfgefährten waren.

Wie in den Aufbruchjahren von 1809, 1813,
1848, 1853, kämpfte auch im ersten Weltkrieg
der deutsche Student von Prag in vorderster
Linie, oft genug auf verantwortlichem Posten
in den national gemischten Regimentern, wo
seine volle Aufmerksamkeit nicht weniger .dem
Nebenmann als dem Feind gelten mußte.

Das Ende von St.-Germain schien alle Hoff-
nungen auf eine großdeutsche Zukunft zu be-
graben. Der in den Unsfäat der Tschecho-
slowakei gepreßte Raum Böhmens und Mäh-
rens schien dadurch mit seinem Mittelpunkt
Prag für Deutschland politisch, kulturell und
wirtschaftlich verloren zu sein, ja ein Herd
größter Gefahren zu bleiben. Aber gerade in
solchen Zeiten erfaßte das sudetendeutsche Stu-
dententum die Gefahrenlage um so schärfer und
bäumte sich gegen diese Mißachtung euro-
päischer Ordnung auf, es stellte sich an die
Spitze der sudetendeutschen Jugend und setzte
den Hebel an der entscheidenden Stelle dieses
Landes in Prag an und hat schließlich diese Stadt
bis zum 15. März 1939 entscheidend erobern.hel-
fen. Es hat dem Sudetendeutschtum damit nicht
nur ideell und sinnbildhaft, sondern vor allem
 
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