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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 4.1869

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Heft 5
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https://doi.org/10.11588/diglit.45566#0125
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Elisabeth
oder
Ein Damen-Duell.
Novelle von Eduard Kammer.
(Fortsetzung.)
Düs Paar erreichte die Dorfstraße.
Jetzt ging der Mond auf; hell leuch-
tend trat er hinter der höchsten Spitze
der bewaldeten Hügelkette hervor. Wie
durch einen Zauberschlag erschien die Erde
in magischer Beleuchtung. Jeder Baum,
jeder Strauch, jeder Felsen, jedes Dach
ließ sich unterscheiden. Verwundert und
bewundernd blieb Friedrich stehen.
— Mein Gott! rief er, wie erhaben
ist dieses Schauspiel!
Nachdem er den Blick hatte durch das
Thal schweifen lasten, sah er Elisabeth an.
Ihr reizendes, vom Mondlicht begossenes
Gesicht lächelte ihm entgegen.
— Elisabeth! flüsterte er hingerissen.
Sie zitterte wie ein Blatt im Winde.
— Elisabeth, entscheiden Sie heute über
mein Schicksal!
Er drückte ihren Arm fester an sich.
— Wie kann ich das? flüsterte sie
bestürzt.
— Entscheiden Sie jetzt, in dieser
wunderbaren Stunde! Wollen Sie mir
gestatten, daß ich mich um Ihre Liebe
und um Ihre Hand bewerbe?
Unter ihren gesenkten Augenlidern
hervor rannen Thronen, die wie Perlen
auf den sanft geröthcten Wangen glänzten.
— Ich bin ein armes Mädchen!
flüsterte sie bebend.
— Sie bringen mir einen edleren
Schatz, als den irdischen Mackmon, den
ich verachte.
— Auch wissen Sie nicht . . .


gcfährtin besitzen muß, um mich glücklich zu
machen. Ach, ich verlange ja noch kein binden-
des Versprechen . . . aber ich bitte Sie um eine
Gunst . . . lernen Sie mich näher kennen, der
ich Ihnen jetzt noch ein Fremder bin . . . wür-
digen Sie mich dann Ihrer Liebe, ist es
Ihnen dann möglich, meinen Antrag an-
zunehmen ... Elisabeth, ich möchte Ihnen
nur darthun, daß ich die redlichsten Ab-
sichten hege und von Ihnen eine glückliche
Zukunft erwarte. In jeder Beziehung-
unabhängig, kann ich über mich ver-
fügen und das gegebene Wort halten...
Meine Annäherung ist nicht etwa eine
Spielerei, wie mail sie den Städtern so
gerne beimißt . . . oder wohl gar eine
Laune, von der Langeweile unterstützt . . .-
Nein, Elisabeth, ich habe in der kurzen
Zeit unserer Bekanntschaft reiflich über
mich nachgedacht, und versichere im Ange-
sichte der hehren Natur, daß ich nicht wie
ein leichtsinniger Knabe zu Ihnen spreche...
Können und wollen Sie mich für einen
ehrlichen Mann halten?
— Ja! flüsterte sie zurück.
— Elisabeth!
— Sie besitzen ein fühlendes-Herz
für die Noth armer Leute, Sie werden
mich nicht täuschen, daß ich elend werde.
— Sie eröffnen mir einen Hin;mcl,
Elisabeth!
Nun blickte sie ihn an.
In diesem Blick lag Alles, was dem
jungen Manne Aufschluß gab über den
Seelenzustand des reizenden Mädchens;
er durfte nicht zweifeln, daß sic ihn liebe
und daß sie ihm em rückhaltsloscs Ver-
trauen entgegenbringe. Er umschlang sie
sanft mit beiden Armen. Ihr Köpfchen
sank an seine Brust.
— Elisabeth, Gott hört und sicht
unser Beginnen, er wird es segnen, da
es redlichen und guten Herzen entspringt!

Sie stockte,'die Angst schien ihr die Brust
zusammenzuschnürcn.
— Ich weiß, Elisabeth, daß Sie ein Engel
an Hcrzensgütc sind, daß Sie alle Eigenschaften
in sich vereinigen, die meine künftige Lebens-

»i, «artbnrg. (S. 131
 
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