Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 4.1869

DOI Heft:
Heft 10
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.45566#0301
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
308 <Zo-

Viertheil Katholiken) gehört zu Len wohl-

Auflösung folgt im nächsten Heft.

cheit der südwestlichen Schweiz, die zweite Stadt des
Waadtlandes, an der Mündung der wilden Vcvcyse
in den See, holländisch reinlich, südlich lustig, fran-
zösisch von Geschmack und Lcbcnsfrohmuth, aber
deutsch, schweizerisch in dein Wese» und Ton seiner
Bewohner, obschon gerade diese gcinüthlicherc Seite
des Volkslebens sich allmählig zu verwischen beginnt
unter dein iibcrhandnehmcndcn Einflug flachen kos-
mopolitischen Schliffs, der sich hier nachgerade cin-
bürgert, seit Vevep der Sammelplatz der reichen und
eleganten Reiscwclt geworden ist. Das Städtchen
mit seinen ungefähr 6500 Einwohnern (worunter
nur ein

Lilder-Näthsel.

habendsten und gesittetsten der ganzen Schweiz, und
zählt insbesondere unter seinem Handwerkerstande
eine Menge Deutsche, deren Gewcrbefleiß musterhaft
ist, weßhalb es auch an Wohlstand, Gemeinsinn,
Bildung und Unternehmungsgeist dem weit größeren
Lausanne bereits den Rang abgelausen hat. Dem
Seeufer entlang dehnen sich hier Straßen, Plätze,
Promenaden hin, in den Straßen erheben sich Eta-
blissements, welche größeren Städten zur Zierde ge-
reichen würden und der kleinen Bevölkerung die
höchste Ehre machen. Vortreffliche Gasthöfe ftir
jedes Bedürfniß — an der Spitze das musterhafte
Hotel Monnet dicht am See, groß und opulent,
wie eine fürstliche Villa

Auslösung des Bilder-Nüthsels im neunten Heft:
Ter Wirth »m Aerg.

mir würden jetzt nicht nöthig haben, einen Krieg
zu führen."
„Ich konnte damals in Dresden keinen Frie-
den schließen — denn die Allürten meinten es
nicht ehrlich. Hätte übrigens nach Wiederaus-
bruch der Feindseligkeiten Jedermann seine Schul-
digkeit gethan, so würde ich jetzt Herr der Welt
sein. Schon hatten wir 32,000 Oesterreicher
gefangen genommen, schon —"
„Vor einigen Augenblicken versicherten Ew.
Majestät, keinen Ehrgeiz zu besitzen, und jetzt
reden Sie schon wieder von der Weltherrschaft,"
wandte ich lächelnd ein.
„Mein Plan war
dahin kombinirt, daß
Keiner meiner Feinde
entkommen konnte, und
wie gestaltete sich Alles
anders," fuhr derKaiscr
finster blickend fort.
„Das Unglück, das
uns traf, Sire, war
Folge der Schlacht von
Leipzig, und gerade sie
wäre durch einen Frie¬
den zu Dresden zu ver¬
meiden gewesen."
„Sic vergessen im¬
mer, General, daß es
nur ein Scheinfriede
gewesen sein würde,
den wir geschloffen hät¬
ten." Dann, nach einem
längeren Schweigen,
sprach der Kaiser in er¬
höhtem Tone: „Fürch¬
test Du Dich, den Krieg
wieder anszunchmen.
Du, der mir 15 Jahre
so nahe gestanden? Bei Deiner Rückkehr aus Egyp-
ten warst Du noch nichts als ein Soldat — ich
habe erst einen Helden ans Dir gemacht!"
„Ich habe keine Gelegenheit hingehen lassen,
Sire, Ew. Majestät für alle empfangenen Wohl-
thaten meinen Dank zu bezeugen."
„Nimmer werde ich Dein Verhalten aus
dem Rückzüge von Moskau vergessen, Rapp!
Du und Ney, Ihr wäret fast die Einzigen, die
durch Nichts erschüttert werden konnten. Mit
Deiner Vcrthcidigung von Danzig hast Du das
Unmögliche geleistet!"
Bei diesen Worten schlang der Kaiser seinen
Arm um meinen Hals, preßte mich mehrere Male
lang und heftig an seine Brust, zupfte mich
dann au meinen Schnurrbart und sprach: „Vor-
wärts! Ein Braver von Egypten und Austerlitz
kann mich nicht verlassen! Du übernimmst das
Kommando der Rbeinarmce, während ich mit
den Preußen und Russen mich beschäftigte. Von
heute Abend geht Dein Dienst an.
Dieses Gespräch sand am 29. März 1815
statt. Rapp ging seiner Bestimmung gemäß
nach Straßburg, fand aber keine Armee, sondern
nur einzelne Trupps vor, aus denen eine Ar-
mee erst noch gebildet werden mußte. Noch be-
vor dies geschehen konnte, war bei Waterloo
bereits Alles entschieden. Rapp zog sich nach
Straßburg zurück, hielt diese Stadt bis zum
zweiten Pariser Frieden, worauf er sic, nachdem
die Bourbons abermals eingesetzt waren, den
Verbündeten übergab. Er selbst hielt es für
nöthig, seines Anschlusses an Napoleon halber,
sich vorläufig nach der Schweiz zu begeben, um
hier das Weitere abzuwarten.

mit herrlichen Gartcnter-
rasscn — und muster-
gültige Lehranstalten la-
den ebenso sehr znlänge-
rem Verweilen ein als
-ie zauberische Natur uud
das milde Klima; ge-
schickte Handwerker,
deren Arbeiten an Ele-
ganz und Soldität mit
denen der Genfer wett-
eifern können, aber er-
heblich wohlfeiler sind,
sowie eine Abwechselung
billiger Lebensgenüsse,
kommen jedem Bcdürf-
niß entgegen. Aber über
den Annehmlichkeiten
einer leichten, umgäng-
lichen, seinen Geselligkeit
stehen noch die Genüsse,
welche die unvergleichlich
schöne und großartige
Natur hier bietet. Man
teige zu der außerhalb
der Stadt zwischen Wein-
bergen herrlich gelege-
nen St. Martinskirchc
hinan und betrachte sich
an einem schönen Som-
merabcnd das wechsel-
volle Panorama, welches sich hier den Blicken des
Beschauers entfaltet: vor sich hat man den See
mit dem in der anmuthigstcn Kurve recht? zu-
rückweicheudcn nördlichen User, an dem nament-
lich Eully so hübsch hervortritt; links die weite
südöstliche Bucht mit Tour de Pcilz, Clärens,
Montreux, Veytaux, Villcncuvc, St. Gingolph,
Meillcric, der Reihe nach überragt von den küh-
nen Bergriesen und Zacken des Jaman, der Nochers
de Nahe, der in weiter Ferne blauenden Walliser
Alpen, der massigen Dcnt du Midi, des Mont
Velan, der jähen zackigen Fcljenhörncr der savoyi-
schen Alpen, namentlich der Dents d'Oche und
Cormettcs, des Grammont u. a. mehr, und über
all diese Manchfachen wechsclvollcn Linien und Ein-
zelnheiten der Landschaft eine Beleuchtung ergossen,
wie man sic zauberischer und schöner, lieblicher
und unvergeßlicher nicht wieder sehen kann. Aber
auch das Städtchen an sich bietet manche schönen
und merkwürdigen Bauten aus alter und neuer
Zeit, unter denen wir nur das Palais Couvreu,
das Rathhaus, Kornhaus, Spital, den Kontorhof,
das Kaufhaus, das Schloß, das Haus les bcllcs
Truites, die Bibliothek u. a. nennen wollen. Alle
zehn Jahre findet hier das berühmte Winzerfest,
I'.-ilckmio ckes vipnoions, statt, ein Volksfest mit
mythisch - allegorisch - symbolisch kostümirten Aus-
züge», welches immer Tausende von Fremden
anlockt.
Jeder, der an einem sonnigheitern Tage Vevey
besucht, wird heimlich oder offen seufzen und sich
wünschen, hier längere Zeit verweilen und aus-
ruhen zu dürfen, denn hier ist gut Hütten bauen,
— vorausgesetzt, daß man einen hübschen Kredit-
brief oder eine Handvoll Banknoten in der Brief-
tasche, freie Zeit, Gesundheit und einen offenen Sinn
für die Natur hat.

Vevey (Vivis) am Genfer See.
Wenn man den Genfer See mit seinen Umgebun-
gen eines der herrlichsten Paradiese Mittelcuropa's
nennt, so fehlt Einem der passende Ausdruck, der
Superlativ für Paradies, für jenen östlichen Winkel
des Sees, wo das Hochgebirge so dicht au das See-
ufer heranzutrcten scheint und ein unnennbar an-
muthendes, ebenso großartiges als liebliches Land-
schaftsbild darbictet, in welchem sich südlich üppige
Vegetation und nordischer Gcbirgscharaktcr ver-
mählen. Den Mittelpunkt dieses unvergleichlich
schönen Fleckchens Erde bildet Vivis, sranzösisch
Vevey, das lieblichste, anmuthigstc, lachendste Stüdt-



Wil
 
Annotationen