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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 9.1874

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Heft 4
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https://doi.org/10.11588/diglit.43778#0089
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Dom Ädel.
K r i m inalerzü h lung
von
Friedrich Friedrich.
(Fortsetzung.)
„Nun, haben Sie irgend etwas gesundend" rief dein
Kommissär der Staatsanwalt zu, der sich mit dem
Arzte durch ein Glas Wein erfrischte, welchen der
Freiherr hatte bringen lassen.
„Nichts von Bedeutung," gab der Kommissär zur
Antwort, da er die ausgesundene Spur des Pferdes
nicht mittheilen mochte, ehe er nicht die Gewißheit
erlangt, daß fie mit den: Berbrechen in irgend einem
Zusammenhänge stehe.
„Ich dachte es mir, deshalb habe
ich Sie auch nicht begleitet," fuhr
Riegel fort. „Nun kommen Sie,
Kommissär, und stärken Sie sich durch
ein Glas Wein. Sie haben heute die
Arbeiter noch zu verhaften und wissen
nicht, ob Sie nicht Kräfte dazu uöthig
haben."
„Ich glaube kaum," entgegnete
Pitt lächelnd.
„Wollen Sie sich nicht doch lieber
zu dem Zwecke Verstärkung aus der
Stadt kommen lassend" fragte der
Staatsanwalt. „Es gibt verwegene
Burschen unter den Arbeitern, und
wer ein solches Verbrechen ausführt,
schreckt auch vor einer anderen Ge-
waltthat nicht zurück."
„Ich habe bereits einen Boten
zur Stadt geschickt, um mehrere Po-
lizeidiener kommen zu lassen," gab
Pitt zur Antwort, „nicht weil ich
Furcht hege, sondern weil ich be-
fürchte, die Verhafteten könnten ent-
fliehen."
Er trank schnell ein Glas Wein
und trat dann zu dem Freiherrn,
welcher im Garten ans und ab schritt.
„Gestatten Sie mir einige Fragen,"
sprach er. „Sie erwähnten, daß Sie
das volle Vertrauen des Herrn von
Malten genossen, Sie waren deshalb
sicherlich auch mit seinen Verhältnissen
näher bekannt."
„Ich glaube kaum, daß er ein
Geheimnis; vor mir hatte," gab Mann-
stein zur Antwort.
„Hatte der Todte irgend einen
Persönlichen Feindd"
„So viel ich weiß, nicht, ich glaube
es auch nicht, denn er war ein Main;
von ehrlichem, offenen Eharakter, der

Niemand ein Unrecht zusügte. Alle, welche mit ihm
verkehrten, hatten ihn gern."
„Gewinnt das Interesse irgend Jemandes durch
seinen Todd" forschte der Kommissär weiter.
„Ich kenne Niemand. Das Gut und sein Ver-
mögen erben seine Frau und Tochter und fein Fa-
milienleben war ein sehr glückliches," bemerkte der
kleine Herr. „Darf ich wissen, weshalb Sie hienach
fragend"
„Es spricht Verschiedenes dagegen, daß die That
von den Arbeitern ausgeführt ist."
„Der Knecht hat sie während der Nacht in der
Nähe des Gutes gesehen," warf der Freiherr ein.
„Das beweist noch nicht, daß sie den Mord be-

fragte der alte Herr, dessen Augen mit einem ängst-
lichen Ausdrucke auf dem Gesichte des Kommissärs
ruhten.
„Noch hege ich gegen Niemand Verdacht," entgeg-
nete dieser. „Ich hoffe jedoch, daß sich das, was mir-
zweifelhaft erscheint, bald aufllären wird."
„Werden Sie mich davon in Kenntniß setzend"
„Gern, wenn es meine Pflicht gestattet. Jeden-
falls gebe ich Ihnen die Versicherung, daß ich keine
Mühe scheuen werde, um den Mörder zu entdecken."
Der Freiherr schwieg. Es war, als ob er sich
Mühe gebe, einen schweren Seufzer zu unterdrücken.
Vier berittene Polizeibeamte trafen nach einiger
Zeit aus dem Gute ein und der Polizeikommissär und
Staatsanwalt brachen mit ihnen auf, um die Leute,
auf denen ein so schwerer Verdacht haftete, aufzusuchen
und zu verhaften.

Die Arbeiter, welche bei Malten
die Arbeit eingestellt, hatten sich schon
zeitig im Wirthshause des nächsten
Dorfes wieder versammelt, um ihre
weiteren Schritte zu berathcn. Sie
wollten die Arbeiter auf den anderen
nahe gelegenen Gütern zu demselben
Schritte bewegen, um ihrer Forderung
mehr Nachdruck zu geben.
Der Wortführer der ungefähr
15 Männer war Barthels, ein Alaun
von 30 Jahren, eine große, kräftige
Gestalt, mit lebhaften, leicht erreg-
baren Augen und verschmitzten Ge-
sichtszllgen.
„Sie müssen uns bezahlen, was
wir verlangen!" rief er hoch aufge-
richtet denen zu, welche weniger Muth
besaßen und zu dem Schritte eigent-
lich nur gedrängt waren.
„Und wenn sie es nicht thun,
so können wir während der Zeit
hungern, oder müssen meilenweit lau-
sen, ehe wir andere Arbeit finden,"
warf ein Anderer ein. „Wenn die
Gutsbesitzer dieser Gegend sämmtlich
zusammenhalten und uns keine Arbeit
wieder geben, so haben wir allein den
Nachtheil. Dn stehst allein und hast
keine Familie, Du kannst, wenn Du
hier keinen Verdienst findest, Dich
leicht in eine andere Gegend begeben,
Du hast auch nur für einen Mund
zu sorgen."
„Hahn! Sein Mund verzehrt so
viel wie vier Andere," ries ein Dritter-
lachend.
„Schweigt," befahl Barthels mit
lauter Stimme, indem er den Arm
gebieterisch erhob, als habe er das
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gangen Haben."
„Sie hegen einen anderen Verdacht — gegen tuend"

Professor Karl Nolitansth. Nach einer Photographie gezeichnet von C. Kolb. (S. 82.)
 
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