kiest 7
Vas Luch süpMie
weit durch die Lüfte klingendem „hin, hin" auf seinen Gegner.
Nun beginnt ein gewaltiger Kampf. Wuchtige Schläge mit
den mächtigen Flügeln, scharfe Hiebe mit den starken Schncn
beln und den spitzen Krallen werden ausgeteilt. Bald sind
beide Gegner zu einem Knäuel zusammengeballt, bald lösen
sie sich wieder voneinander, um sofort zu einem neuen Angriff
zu schreiten. Langeivogt der Kampf hin und her, da gelingt
es dem einen der Kämpfer, seinen Gegner durch einen wohl-
gezielten Schnabelhieb kampfunfähig zu machen. Mit schwer
fälligem Flügelschlage entweicht er, während der Sieger sich
langsam auf die erkämpfte Beute niederläßt. Mit kühn
blitzenden Augen, gesträubten Nackenfedern und halb ge-
lüfteten Flügeln steht er auf derselben und läßt ein durch-
dringendes Siegesgeschrei erschallen. Dann beginnt er sein
Mahl. Meistens jedoch nimmt der Steinadler keine toten
Tiere. Seine Beute besteht in lebenden kleineren und größeren
Säugetieren und schwerfällig oder doch nicht schnell flregenden
Vögeln. Schon das Gewicht des Vogels bewirkt ein äußerst
kräftiges Schließen der Fänge. Daher tötet der Steinadler-
seine Beute nicht durch Schnabelhiebe, sondern bleibt ruhig
auf derselben sitzen, bis die eisernen Klammern der Krallen
das Opfer erstickt haben. Nicht nur kleine Kinder greift der
Steinadler an, sondern er setzt sich auch dem erwachsenen
Menschen gegenüber zur Wehr. So wird aus In,st in Tirol
von Professor Baumgartner berichtet: Mehrere von der Holz-
arbeit zurückkehrende Arbeiter überraschten einen Steinadler,
der gerade im Begriff war, einen gefangenen Hasen zu ver-
zehren. Einer der Holzhauer drang mit der Axt auf den
Steinadler ein, der sich zur Wehr setzte und auf den Holz-
hauer losfuhr. Nach heißem Kampfe gelang es dem Holz-
hauer, dem Adler einige Hiebe beizubringen. Aber obgleich
schwer verwundet, setzte derselbe seine Angriffe fort. Es ent-
stand eine arge Balgerei, bis der geflügelte Räuber von dem
Holzhauer buchstäblich erwürgt wurde. 'Der Riesenvogel hatte
eine Flugweite von reichlich zwei Meter.
Vas veutschmeistei-denkmal in Wien.
l^iehe das Illid auf 8elte 154.)
I^as österreichische Infanterieregiment Nr. 4 in Wien führt
L-7 seinen Namen „Hoch- und Deutschmeister-Regiment" nach
der höchsten Würde des Deutschen Ritterordens, der seit der
Gründung des Rheinbundes durch Napoleon Bonaparte nur
noch in Österreich und den Niederlanden bestehen blieb.
Schon vorher war die Würde als erblich an das österreichische
Kaiserhaus gekommen, und seitdem bekleidete sie immer ein
Erzherzog. Als das Regiment, das zugleich als Wiener Haus-
regiment in der alten Kaiserstadt an der Donau eine außer-
ordentliche Beliebtheit genießt, vor zehn Jahren seinen zwei-
hundertjährigen Bestand feierte, wurde von den Wiener Ge-
meindebehörden beschlossen, zu Ehren der tapferen Truppe,
die in so vielen Schlachten und Gefechten sich hervorgetan
hat, ein Denkmal auf dem Deutschmeisterplatz zu errichten.
Die Ausführung wurde dem Bildhauer Johannes Benk und
dem Architekten Anton Weber übertragen, und kürzlich hat
die feierliche Einweihung des Denkmals stattgefunden, wo-
bei der Bürgermeister Dr. Lueger und der Oberstinhaber des
Regiments, Erzherzog Eugen, die Ansprachen hielten. Auf
hohem Sockel, einem Steinblock aus Granit, erhebt sich die
Hauptfigur des Denkmals, ein Fahnenträger des Regiments,
wie er zum Angriffe begeistert mit der Linken die Fahne
schwenkt, während die Rechts den blanken Säbel in der Faust
hält. Unter ihm zu beiden Seiten des Sockels sind zwei seiner
Regimentskameraden verewigt, die sich durch ihren Todes-
mut ausgezeichnet haben: der Grenadier von Landshut, der
1809 zwei Kompanien Deutschmeister rettete, indem er sich
selbst mit einem Pulverkarren in die Luft sprengte, und der
Feldwebel Fuchsgruber, der 1814 bei Valeggio seinen ver-
wundeten Leutnant auf den Verbandplatz trug. Zwischen
diesen beiden sitzt an der Vorderseite Vindobona mit dem
Wappenschild Wiens und reicht dem über ihr stehenden
Fahnenträger den Siegeskranz hinauf. An dem unteren ab-
gerundeten Sattelpoftament sieht man vorn und hinten
figurenreiche Reliesdarstellungen hervorragender Taten des
Regiments: vorn die Schlacht bei Zenta am 11. September
1697 und hinten die von Kolin am 18. Juli 1757. Den
Guß besorgte der Kunsterzgießer Frömmel. Das Denkmal
erhebt sich auf einem mächtigen, mit Bronzestangen ab-
gegrenzten Unterbau, durch welchen Architekt Weber die
Niveauverschiedenheiten des Platzes ausgeglichen hat. Fünf
Stufen führen von der Seite des Schottenrings empor,
vierzehn Stufen von der Kasernenseite. An der Rückseite sind
zwei Steintafeln angebracht, welche die Namen der Regiments-
inhaber, der Tapferen des Regiments und der Mitglieder des
Denkmalausschusses tragen.
kil-chweisttanr in stoiland.
(8iehe das Illld aus 8eits 155-1
^anz im Gegensatz zu dem bei uns sprichwörtlich gewor-
v denen Phlegma des Holländers steht das Temperament,
mit dem die bäuerliche Bevölkerung in Holland jede Art von
Lustbarkeit begeht. In vielen Gegenden, namentlich auf den
Inseln mit friesischen Bewohnern, hat sich mit den Trachten
auch viel alter Brauch erhalten, und die Kirchweihfeste tragen
dort noch heute den lauten fröhlichen, ausgelassenen Cha-
rakter wie zur Zeit der holländischen Genremaler, die im
17. Jahrhundert ihre Freude daran hatten, solche Szenen
des heimatlichen Volkslebens in all ihrer Derbheit und Frische
auf die Leinwand zu bringen. Nicht eine Darstellung aus
alter Zeit ist unser Bild, sondern so, mit der qualmenden
Tabakspfeife im Mund, tanzt der holländische Bauer und
Fischer noch heute, und ein originelles Dorforchester spielt
mehr kräftig als melodisch dazu auf. Dis kleinen Mädel,
die ihren großen Schwestern es längst abgelauscht haben, sich
im Takte zu drehen, tragen bei solch festlichen Gelegenheiten
auch schon die großen weißen Flügelhauben und die vorn
in die Haare gesteckten Ziernadeln aus Gold oder Silber,
und im TaLo.kqualmen tun es die kecken Schulbuben schon
den Alten nach.
Vas
hundettstankenstück.
Lomgn von X. Ortsi.
(roNsehung.) — lllachdruck ondolen.l
der Violettas Beredsamkeit hatte keine
Macht mehr über Hermann Ollendorf. Er
duldete ihre Hand auf feinem Arm, weil
er die Blicke eines langsam dahinschlen-
- dernden Spaziergängers auf sich gerichtet
sah, und weil es ihm widerstrebte, diesem Frem-
den das Schauspiel einer dramatischen Eifersuchts-
szene zu geben. Doch der Ton seiner halblauten Er-
widerung war von eisiger Kälte. „Wozu das alles,
Violetta? Auch wenn du deine ganze Natur ab-
streifen und dich zu einem Engel in Menschengestalt
verwandeln könntest, würden wir doch nicht glück-
lich werden. Ich bin eben in einem Irrtum ge-
wesen, als ich geglaubt habe, dich zu lieben."
Ihre Hand sank herab, und wohl eine Minute
lang ging sie stumm an seiner Seite weiter. Dann
fragte sie plötzlich mit ganz verändertem Ausdruck:
„Wann gedenkst du nach Berlin zurückzukehren? —
Aber es ist ja ein Unsinn, daß ich dich darum bitte,
es mir zu sagen, denn du bist natürlich viel zu feige,
mir Auskunft über deine Absichten zu geben."
„Ich werde nicht nach Berlin zurückkehren," er-
widerte er kurz — „niemals! Ich gedenke überhaupt
nicht in Deutschland zu bleiben, sondern ins Aus-
land zu gehen — nach Amerika oder sonstwohin,
wo ich vergessen kann, was ich getan und erlebt habe,
und wo ich vielleicht noch einmal ein brauchbarer
Mensch werden kann."
Da unternahm sie einen letzten verzweifelten
Versuch, ihn zurückzugewinnen. „So nimm mich
mit dir, Hermann! Und wenn du mich bis an das
Ende der Welt führtest, ich verspreche dir, daß ich
deine treue, fügsame Gefährtin sein und alles
mit dir teilen werde, wäre es auch die bitterste
Not."
Ohne in das leidenschaftliche Mädchenantlitz zu
blicken, das ihm mit dem Ausdruck höchster, angst-
vollster Spannung zugekehrt war, schüttelte Her-
mann Ollendorf den Kopf. „Sollen wir vielleicht
als Vagabunden durch die Welt ziehen, oder glaubst
du, daß mir mein Vater ein großes Vermögen mit.
auf den Weg geben wird? Ich werde ihm dankbar
genug sein, wenn er nur das Reisegeld für mich
auftreibt."
„O, wenn es nichts weiter wäre als das! Auch
wenu du nichts besäßest und nichts verdienen könntest,
ich würde doch immer Mittel finden, um uns vor
dem Schlimmsten zu schützen."
„Aber ich will nicht, Violetta — ich will nicht!
Frei will ich sein und losgelöst von all den Fesseln,
die mich tiefer und tiefer hinabgezogen haben. Ich
will meine Spuren hinter mir verwischen, daß nie-
mand mich wieder auffinden kann. Mit dem Augen-
blick, Ivo ich meinen Fuß auf das Schiff setze, soll
der Hermann Ollendorf, den du gekannt hast, ein
verschollener, ein toter Mann sein. Gib dich doch
endlich darein! Es ist ja so blutwenig, was du da-
mit verlierst."
Sie verschmähte es, ihm auf die letzten Worte
etwas zu erwidern. Aber sie machte nun auch
keinen Versuch mehr, sich ihm anfzudrängen. „Es
ist also dein fester Entschluß? Und du willst nicht
einmal abwarten, bis die Dame deines Herzens
wieder gesund geworden ist?"
„Also auch darüber hast du dich unterrichtet?"
„Ich habe es zufällig in der Zeitung gelesen,
daß sie vor Schreck über den Einbruch und das übrige
krank geworden ist. Wenn du sie so über alle Maßen
lieb hast, wirst du doch wohl wenigstens so lange hier
bleiben, bis du Gewißheit darüber hast, ob sie mit
dem Leben davonkommt."
Er kümmerte sich nicht mehr um den kaum ver-
steckten Hohn in ihrer Rede. Die Pein, die ihm
ihr unbegreifliches, von Sekunde zu Sekunde wech-
selndes Benehmen bereitete, wurde ihm so uner-
träglich, daß er nur noch den einzigen Wunsch hatte,
diese Unterredung beenden zu können. „Ich werde
auf nichts anderes warten, als auf das Reisegeld,
dessen Beschaffung mein Vater mir versprochen hat.
Gibt er mir's heute, so gehe ich morgen schon in
die Welt hinaus."
Sie waren während ihres Gespräches wieder bis
an den Rand des Parkes gelangt. Violetta blieb
stehen.
„Es ist wohl Zeit, daß ich dich von meiner Gegen-
wart befreie," sagte sie. „Aber ich sage dir trotz-
dem nicht Lebewohl. Einmal wenigstens werden
wir uns vor deiner Abreise noch sehen."
„Ich wüßte nicht, wozu. Und mußt du denn
nicht nach Berlin zurück? Hast du vielleicht eine
reiche Erbschaft gemacht, daß du zu deinem Ver-
gnügen in der Welt herumfahren kannst?"
„Zerbrich dir darüber nicht den Kopf! Für das,
w s ich mir ernstlich vorgenommen habe zu tun,
habe ich bis jetzt auch noch immer die Mittel und
Wege gefunden. Adieu also! Oder vielmehr: Auf
baldiges Wiedersehen!"
Sie ging raschen Schrittes davon, und sie schien
über das Ziel ihres Weges so wenig im ungewissen
wie über das, was sie weiter zu tun habe Was
sich in ihren Zügen spiegelte, war nicht die Ver-
zweiflung eines unglücklichen, verratenen Weibes,
sondern viel eher eine unbeugsame und ihres Er-
folges gewisse Entschlossenheit.
15.
Es war gegen sieben Uhr Abends, als Leuthold
das Amtszimmer seines unmittelbaren Vorgesetzten,
des Polizeiinspektors Marquardt, betrat.
„Gut, daß Sie endlich da sind!" rief ibm der
Inspektor entgegen. „Wir haben da eine Anzeige
in der Brüningschen Sache, die mir einige Beachtung
zu verdienen fcheint. Haben Sie selbst inzwischen
noch etwas von Belang ermittelt?"
„Nichts weiter, als daß nach der bestimmten
Erklärung des Konsuls der Einbruch nur von Leuten
verübt sein kann, die mit den Verhältnissen auf das
allergenaueste vertraut waren. Denn sie haben
außer den eisernen Schränken, in denen der Haupt-
teil der Sammlung verwahrt war, auch zwei in
die Wand eingelassene Tresorfächer geöffnet, deren
Vorhandensein sie unmöglich rein zufällig entdeckt
haben können, da sie geradezu raffiniert versteckt
angebracht sind. Sie dienten zur Unterbringung
der wertvollsten Stücke, und Brüning hat mir ver-
sichert, daß nur sehr wenige Personen von ihrer
Existenz gewußt haben können."
„Hat er Ihnen auch gesagt, wer seiner Meinung
nach diese wenigen Personen sein mögen?"
„Er war in dieser Hinsicht ganz merkwürdig
zurückhaltend. So zurückhaltend, daß ich mich zu-
letzt des Eindrucks nicht erwehren konnte, er habe
einen ganz bestimmten Verdacht, dem er nur aus
irgend einem Grunde nicht Ausdruck geben wolle.
Es schien ihm sogar nachträglich leid zu tun, daß
die Sache mit den Geheimtrefors überhaupt zu
meiner Kenntnis gelangt war."
„Hinsichtlich des Mordes haben sich ebenfalls
keine neuen Momente ergeben?"
„Ich halte selbstverständlich nach wie vor die
Einbrecher auch für die Mörder der Frau Baumert.
Der Verdacht, dem die Haushälterin Lorenz bei
ihrer Vernehmung ziemlich unverblümt Ausdruck
gab, scheint mir so unsinnig, daß es kaum der Mühe
wert sein dürfte, ihm weiter nachzugehen."
„Sie meinen den Verdacht gegen die Nichte der
Ermordeten? Er stützt sich lediglich auf die angeb-
licye Beobachtung der Haushälterin, daß Tante und
Nichte im Verlauf des Tages einen Wortwechsel
miteinander gehabt hatten."
„Außerdem glaubt die Frau etwas Verdächtiges
darin zu finden, daß die Gouvernante Hunold, dis
sonst gleich den anderen Hausbewohnern sehr früh-
zeitig zur Ruhe ging, ihr Schlafzimmer im Erd-
geschoß kurz vor Mitternacht verlassen habe. Die
Lorenz will das mit voller Deutlichkeit gehört haben,
und sie bleibt trotz aller Vorhaltungen dabei, daß
sie sieg nicht getäuscht haben könne."
„Was für eine Person ist denn diese Gouver-
nante ? Haben Sie inzwischen nähere Erkundigungen
über sie eingezogen?"
„Soweit es sich tun ließ. Aber die Ausbeute ist
gering. Sic befindet sich seit beinahe anderthalb
Jahren im Hause des Konsuls und soll sein krankes
Töchterchen, für dessen Erziehung sie engagiert war,
mit größter Liebe und Hingebung gepflegt haben.
Tie Pförtnerseheleute und das Dienstmädchen stellen
ihren Charaktereigenschaften das allerglänzendste
Zeugnis aus, die Haushälterin aber ist, wie es
scheint, nicht gut auf sie zu sprechen."
„Und der Konsul?"
Der Kommissär lächelte. „Er wäre, falls wirk-
lich ein Verdacht gegen die Gouvernante vorläge,
vielleicht ebensowenig als ein klassischer Zeuge an-
zusprechen wie die Haushälterin, wenn auch aus
dem entgegengesetzten Grunde. Ich müßte mich
sehr täuschen, wenn da nicht gewisse Herzens-
beziehungen vorhanden wären. Die Sorge um die
Genefung der erkrankten Gouvernante scheint dem
Manne tatsächlich wichtiger zu sein als sein Verlust."
„Na, wenn es so ist, ließe sich umsoweniger ein
Grund erkennen, weshalb die Dame mit den Ein-
brechern gemeinsame Sache gemacyt oder gar ihre
eigene Verwandte umgebracht haben sollte. Ich
bin mit Ihnen der Meinung, daß wir dieser durch
nichts unterstützten Bezichtigung nicht weiter nach-
zugehen brauchen. Dagegen empfehle ich diesen
Brief Ihrem besonderen Interesse."
Vas Luch süpMie
weit durch die Lüfte klingendem „hin, hin" auf seinen Gegner.
Nun beginnt ein gewaltiger Kampf. Wuchtige Schläge mit
den mächtigen Flügeln, scharfe Hiebe mit den starken Schncn
beln und den spitzen Krallen werden ausgeteilt. Bald sind
beide Gegner zu einem Knäuel zusammengeballt, bald lösen
sie sich wieder voneinander, um sofort zu einem neuen Angriff
zu schreiten. Langeivogt der Kampf hin und her, da gelingt
es dem einen der Kämpfer, seinen Gegner durch einen wohl-
gezielten Schnabelhieb kampfunfähig zu machen. Mit schwer
fälligem Flügelschlage entweicht er, während der Sieger sich
langsam auf die erkämpfte Beute niederläßt. Mit kühn
blitzenden Augen, gesträubten Nackenfedern und halb ge-
lüfteten Flügeln steht er auf derselben und läßt ein durch-
dringendes Siegesgeschrei erschallen. Dann beginnt er sein
Mahl. Meistens jedoch nimmt der Steinadler keine toten
Tiere. Seine Beute besteht in lebenden kleineren und größeren
Säugetieren und schwerfällig oder doch nicht schnell flregenden
Vögeln. Schon das Gewicht des Vogels bewirkt ein äußerst
kräftiges Schließen der Fänge. Daher tötet der Steinadler-
seine Beute nicht durch Schnabelhiebe, sondern bleibt ruhig
auf derselben sitzen, bis die eisernen Klammern der Krallen
das Opfer erstickt haben. Nicht nur kleine Kinder greift der
Steinadler an, sondern er setzt sich auch dem erwachsenen
Menschen gegenüber zur Wehr. So wird aus In,st in Tirol
von Professor Baumgartner berichtet: Mehrere von der Holz-
arbeit zurückkehrende Arbeiter überraschten einen Steinadler,
der gerade im Begriff war, einen gefangenen Hasen zu ver-
zehren. Einer der Holzhauer drang mit der Axt auf den
Steinadler ein, der sich zur Wehr setzte und auf den Holz-
hauer losfuhr. Nach heißem Kampfe gelang es dem Holz-
hauer, dem Adler einige Hiebe beizubringen. Aber obgleich
schwer verwundet, setzte derselbe seine Angriffe fort. Es ent-
stand eine arge Balgerei, bis der geflügelte Räuber von dem
Holzhauer buchstäblich erwürgt wurde. 'Der Riesenvogel hatte
eine Flugweite von reichlich zwei Meter.
Vas veutschmeistei-denkmal in Wien.
l^iehe das Illid auf 8elte 154.)
I^as österreichische Infanterieregiment Nr. 4 in Wien führt
L-7 seinen Namen „Hoch- und Deutschmeister-Regiment" nach
der höchsten Würde des Deutschen Ritterordens, der seit der
Gründung des Rheinbundes durch Napoleon Bonaparte nur
noch in Österreich und den Niederlanden bestehen blieb.
Schon vorher war die Würde als erblich an das österreichische
Kaiserhaus gekommen, und seitdem bekleidete sie immer ein
Erzherzog. Als das Regiment, das zugleich als Wiener Haus-
regiment in der alten Kaiserstadt an der Donau eine außer-
ordentliche Beliebtheit genießt, vor zehn Jahren seinen zwei-
hundertjährigen Bestand feierte, wurde von den Wiener Ge-
meindebehörden beschlossen, zu Ehren der tapferen Truppe,
die in so vielen Schlachten und Gefechten sich hervorgetan
hat, ein Denkmal auf dem Deutschmeisterplatz zu errichten.
Die Ausführung wurde dem Bildhauer Johannes Benk und
dem Architekten Anton Weber übertragen, und kürzlich hat
die feierliche Einweihung des Denkmals stattgefunden, wo-
bei der Bürgermeister Dr. Lueger und der Oberstinhaber des
Regiments, Erzherzog Eugen, die Ansprachen hielten. Auf
hohem Sockel, einem Steinblock aus Granit, erhebt sich die
Hauptfigur des Denkmals, ein Fahnenträger des Regiments,
wie er zum Angriffe begeistert mit der Linken die Fahne
schwenkt, während die Rechts den blanken Säbel in der Faust
hält. Unter ihm zu beiden Seiten des Sockels sind zwei seiner
Regimentskameraden verewigt, die sich durch ihren Todes-
mut ausgezeichnet haben: der Grenadier von Landshut, der
1809 zwei Kompanien Deutschmeister rettete, indem er sich
selbst mit einem Pulverkarren in die Luft sprengte, und der
Feldwebel Fuchsgruber, der 1814 bei Valeggio seinen ver-
wundeten Leutnant auf den Verbandplatz trug. Zwischen
diesen beiden sitzt an der Vorderseite Vindobona mit dem
Wappenschild Wiens und reicht dem über ihr stehenden
Fahnenträger den Siegeskranz hinauf. An dem unteren ab-
gerundeten Sattelpoftament sieht man vorn und hinten
figurenreiche Reliesdarstellungen hervorragender Taten des
Regiments: vorn die Schlacht bei Zenta am 11. September
1697 und hinten die von Kolin am 18. Juli 1757. Den
Guß besorgte der Kunsterzgießer Frömmel. Das Denkmal
erhebt sich auf einem mächtigen, mit Bronzestangen ab-
gegrenzten Unterbau, durch welchen Architekt Weber die
Niveauverschiedenheiten des Platzes ausgeglichen hat. Fünf
Stufen führen von der Seite des Schottenrings empor,
vierzehn Stufen von der Kasernenseite. An der Rückseite sind
zwei Steintafeln angebracht, welche die Namen der Regiments-
inhaber, der Tapferen des Regiments und der Mitglieder des
Denkmalausschusses tragen.
kil-chweisttanr in stoiland.
(8iehe das Illld aus 8eits 155-1
^anz im Gegensatz zu dem bei uns sprichwörtlich gewor-
v denen Phlegma des Holländers steht das Temperament,
mit dem die bäuerliche Bevölkerung in Holland jede Art von
Lustbarkeit begeht. In vielen Gegenden, namentlich auf den
Inseln mit friesischen Bewohnern, hat sich mit den Trachten
auch viel alter Brauch erhalten, und die Kirchweihfeste tragen
dort noch heute den lauten fröhlichen, ausgelassenen Cha-
rakter wie zur Zeit der holländischen Genremaler, die im
17. Jahrhundert ihre Freude daran hatten, solche Szenen
des heimatlichen Volkslebens in all ihrer Derbheit und Frische
auf die Leinwand zu bringen. Nicht eine Darstellung aus
alter Zeit ist unser Bild, sondern so, mit der qualmenden
Tabakspfeife im Mund, tanzt der holländische Bauer und
Fischer noch heute, und ein originelles Dorforchester spielt
mehr kräftig als melodisch dazu auf. Dis kleinen Mädel,
die ihren großen Schwestern es längst abgelauscht haben, sich
im Takte zu drehen, tragen bei solch festlichen Gelegenheiten
auch schon die großen weißen Flügelhauben und die vorn
in die Haare gesteckten Ziernadeln aus Gold oder Silber,
und im TaLo.kqualmen tun es die kecken Schulbuben schon
den Alten nach.
Vas
hundettstankenstück.
Lomgn von X. Ortsi.
(roNsehung.) — lllachdruck ondolen.l
der Violettas Beredsamkeit hatte keine
Macht mehr über Hermann Ollendorf. Er
duldete ihre Hand auf feinem Arm, weil
er die Blicke eines langsam dahinschlen-
- dernden Spaziergängers auf sich gerichtet
sah, und weil es ihm widerstrebte, diesem Frem-
den das Schauspiel einer dramatischen Eifersuchts-
szene zu geben. Doch der Ton seiner halblauten Er-
widerung war von eisiger Kälte. „Wozu das alles,
Violetta? Auch wenn du deine ganze Natur ab-
streifen und dich zu einem Engel in Menschengestalt
verwandeln könntest, würden wir doch nicht glück-
lich werden. Ich bin eben in einem Irrtum ge-
wesen, als ich geglaubt habe, dich zu lieben."
Ihre Hand sank herab, und wohl eine Minute
lang ging sie stumm an seiner Seite weiter. Dann
fragte sie plötzlich mit ganz verändertem Ausdruck:
„Wann gedenkst du nach Berlin zurückzukehren? —
Aber es ist ja ein Unsinn, daß ich dich darum bitte,
es mir zu sagen, denn du bist natürlich viel zu feige,
mir Auskunft über deine Absichten zu geben."
„Ich werde nicht nach Berlin zurückkehren," er-
widerte er kurz — „niemals! Ich gedenke überhaupt
nicht in Deutschland zu bleiben, sondern ins Aus-
land zu gehen — nach Amerika oder sonstwohin,
wo ich vergessen kann, was ich getan und erlebt habe,
und wo ich vielleicht noch einmal ein brauchbarer
Mensch werden kann."
Da unternahm sie einen letzten verzweifelten
Versuch, ihn zurückzugewinnen. „So nimm mich
mit dir, Hermann! Und wenn du mich bis an das
Ende der Welt führtest, ich verspreche dir, daß ich
deine treue, fügsame Gefährtin sein und alles
mit dir teilen werde, wäre es auch die bitterste
Not."
Ohne in das leidenschaftliche Mädchenantlitz zu
blicken, das ihm mit dem Ausdruck höchster, angst-
vollster Spannung zugekehrt war, schüttelte Her-
mann Ollendorf den Kopf. „Sollen wir vielleicht
als Vagabunden durch die Welt ziehen, oder glaubst
du, daß mir mein Vater ein großes Vermögen mit.
auf den Weg geben wird? Ich werde ihm dankbar
genug sein, wenn er nur das Reisegeld für mich
auftreibt."
„O, wenn es nichts weiter wäre als das! Auch
wenu du nichts besäßest und nichts verdienen könntest,
ich würde doch immer Mittel finden, um uns vor
dem Schlimmsten zu schützen."
„Aber ich will nicht, Violetta — ich will nicht!
Frei will ich sein und losgelöst von all den Fesseln,
die mich tiefer und tiefer hinabgezogen haben. Ich
will meine Spuren hinter mir verwischen, daß nie-
mand mich wieder auffinden kann. Mit dem Augen-
blick, Ivo ich meinen Fuß auf das Schiff setze, soll
der Hermann Ollendorf, den du gekannt hast, ein
verschollener, ein toter Mann sein. Gib dich doch
endlich darein! Es ist ja so blutwenig, was du da-
mit verlierst."
Sie verschmähte es, ihm auf die letzten Worte
etwas zu erwidern. Aber sie machte nun auch
keinen Versuch mehr, sich ihm anfzudrängen. „Es
ist also dein fester Entschluß? Und du willst nicht
einmal abwarten, bis die Dame deines Herzens
wieder gesund geworden ist?"
„Also auch darüber hast du dich unterrichtet?"
„Ich habe es zufällig in der Zeitung gelesen,
daß sie vor Schreck über den Einbruch und das übrige
krank geworden ist. Wenn du sie so über alle Maßen
lieb hast, wirst du doch wohl wenigstens so lange hier
bleiben, bis du Gewißheit darüber hast, ob sie mit
dem Leben davonkommt."
Er kümmerte sich nicht mehr um den kaum ver-
steckten Hohn in ihrer Rede. Die Pein, die ihm
ihr unbegreifliches, von Sekunde zu Sekunde wech-
selndes Benehmen bereitete, wurde ihm so uner-
träglich, daß er nur noch den einzigen Wunsch hatte,
diese Unterredung beenden zu können. „Ich werde
auf nichts anderes warten, als auf das Reisegeld,
dessen Beschaffung mein Vater mir versprochen hat.
Gibt er mir's heute, so gehe ich morgen schon in
die Welt hinaus."
Sie waren während ihres Gespräches wieder bis
an den Rand des Parkes gelangt. Violetta blieb
stehen.
„Es ist wohl Zeit, daß ich dich von meiner Gegen-
wart befreie," sagte sie. „Aber ich sage dir trotz-
dem nicht Lebewohl. Einmal wenigstens werden
wir uns vor deiner Abreise noch sehen."
„Ich wüßte nicht, wozu. Und mußt du denn
nicht nach Berlin zurück? Hast du vielleicht eine
reiche Erbschaft gemacht, daß du zu deinem Ver-
gnügen in der Welt herumfahren kannst?"
„Zerbrich dir darüber nicht den Kopf! Für das,
w s ich mir ernstlich vorgenommen habe zu tun,
habe ich bis jetzt auch noch immer die Mittel und
Wege gefunden. Adieu also! Oder vielmehr: Auf
baldiges Wiedersehen!"
Sie ging raschen Schrittes davon, und sie schien
über das Ziel ihres Weges so wenig im ungewissen
wie über das, was sie weiter zu tun habe Was
sich in ihren Zügen spiegelte, war nicht die Ver-
zweiflung eines unglücklichen, verratenen Weibes,
sondern viel eher eine unbeugsame und ihres Er-
folges gewisse Entschlossenheit.
15.
Es war gegen sieben Uhr Abends, als Leuthold
das Amtszimmer seines unmittelbaren Vorgesetzten,
des Polizeiinspektors Marquardt, betrat.
„Gut, daß Sie endlich da sind!" rief ibm der
Inspektor entgegen. „Wir haben da eine Anzeige
in der Brüningschen Sache, die mir einige Beachtung
zu verdienen fcheint. Haben Sie selbst inzwischen
noch etwas von Belang ermittelt?"
„Nichts weiter, als daß nach der bestimmten
Erklärung des Konsuls der Einbruch nur von Leuten
verübt sein kann, die mit den Verhältnissen auf das
allergenaueste vertraut waren. Denn sie haben
außer den eisernen Schränken, in denen der Haupt-
teil der Sammlung verwahrt war, auch zwei in
die Wand eingelassene Tresorfächer geöffnet, deren
Vorhandensein sie unmöglich rein zufällig entdeckt
haben können, da sie geradezu raffiniert versteckt
angebracht sind. Sie dienten zur Unterbringung
der wertvollsten Stücke, und Brüning hat mir ver-
sichert, daß nur sehr wenige Personen von ihrer
Existenz gewußt haben können."
„Hat er Ihnen auch gesagt, wer seiner Meinung
nach diese wenigen Personen sein mögen?"
„Er war in dieser Hinsicht ganz merkwürdig
zurückhaltend. So zurückhaltend, daß ich mich zu-
letzt des Eindrucks nicht erwehren konnte, er habe
einen ganz bestimmten Verdacht, dem er nur aus
irgend einem Grunde nicht Ausdruck geben wolle.
Es schien ihm sogar nachträglich leid zu tun, daß
die Sache mit den Geheimtrefors überhaupt zu
meiner Kenntnis gelangt war."
„Hinsichtlich des Mordes haben sich ebenfalls
keine neuen Momente ergeben?"
„Ich halte selbstverständlich nach wie vor die
Einbrecher auch für die Mörder der Frau Baumert.
Der Verdacht, dem die Haushälterin Lorenz bei
ihrer Vernehmung ziemlich unverblümt Ausdruck
gab, scheint mir so unsinnig, daß es kaum der Mühe
wert sein dürfte, ihm weiter nachzugehen."
„Sie meinen den Verdacht gegen die Nichte der
Ermordeten? Er stützt sich lediglich auf die angeb-
licye Beobachtung der Haushälterin, daß Tante und
Nichte im Verlauf des Tages einen Wortwechsel
miteinander gehabt hatten."
„Außerdem glaubt die Frau etwas Verdächtiges
darin zu finden, daß die Gouvernante Hunold, dis
sonst gleich den anderen Hausbewohnern sehr früh-
zeitig zur Ruhe ging, ihr Schlafzimmer im Erd-
geschoß kurz vor Mitternacht verlassen habe. Die
Lorenz will das mit voller Deutlichkeit gehört haben,
und sie bleibt trotz aller Vorhaltungen dabei, daß
sie sieg nicht getäuscht haben könne."
„Was für eine Person ist denn diese Gouver-
nante ? Haben Sie inzwischen nähere Erkundigungen
über sie eingezogen?"
„Soweit es sich tun ließ. Aber die Ausbeute ist
gering. Sic befindet sich seit beinahe anderthalb
Jahren im Hause des Konsuls und soll sein krankes
Töchterchen, für dessen Erziehung sie engagiert war,
mit größter Liebe und Hingebung gepflegt haben.
Tie Pförtnerseheleute und das Dienstmädchen stellen
ihren Charaktereigenschaften das allerglänzendste
Zeugnis aus, die Haushälterin aber ist, wie es
scheint, nicht gut auf sie zu sprechen."
„Und der Konsul?"
Der Kommissär lächelte. „Er wäre, falls wirk-
lich ein Verdacht gegen die Gouvernante vorläge,
vielleicht ebensowenig als ein klassischer Zeuge an-
zusprechen wie die Haushälterin, wenn auch aus
dem entgegengesetzten Grunde. Ich müßte mich
sehr täuschen, wenn da nicht gewisse Herzens-
beziehungen vorhanden wären. Die Sorge um die
Genefung der erkrankten Gouvernante scheint dem
Manne tatsächlich wichtiger zu sein als sein Verlust."
„Na, wenn es so ist, ließe sich umsoweniger ein
Grund erkennen, weshalb die Dame mit den Ein-
brechern gemeinsame Sache gemacyt oder gar ihre
eigene Verwandte umgebracht haben sollte. Ich
bin mit Ihnen der Meinung, daß wir dieser durch
nichts unterstützten Bezichtigung nicht weiter nach-
zugehen brauchen. Dagegen empfehle ich diesen
Brief Ihrem besonderen Interesse."