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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 65.1933

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Heft 6
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https://doi.org/10.11588/diglit.52834#0146
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60^^/ l/O/V ^^5

Walter von Volkstädt, der achtundzwanzigjährige Sohn eines sehr begüterten, aber
wegen eines Rückenmarksleidens seit Jahren an den Rollstuhl gebannten Rittmeisters,
wird von vielen beneidet, da er nicht nur reich, sondern auch künstlerisch hochbegabt ist.
Eines Abends, als er von einem Ausflug heimkehrt, wird er von: Diener ans Sterbebett
des Vaters gerufen. Der alte Herr macht ihm das Geständnis, daß sein Leiden die
Folge eines Schusses sei, den er im Duell erhalten. Ein Freund habe seine Frau, Walters
Mutter, verführt. In einem Briefumschlag werde Walter den Namen- des Schuldigen
finden, der noch in Ostpreußen lebe. Der Sohn muß dem Vater mit einem Schwur ver-
sprechen, Vater und Mutter zu rächen. Noch in der Nacht stirbt der Rittmeister. Bald
darauf reist Walter nach Ostpreußen, wo der ehemalige Duellgegner seines Vaters,
Freiherr von Radensleben, auf seinem Gut Sarkitten wohnt. Von dem jovialen Freiherrn
von Warkeütin auf Groß-Wartenberg, einen: Nachbarn des Freiherrn von Radensleben,
erfährt er, daß dieser auf seinem umfangreichen Besitz menschenscheu, ganz zurückgezogen
nur seinen Kunskinteressen lebe. In Groß-Wartenberg lernt Walter eine Nichte des Gegners
seines Vaters kennen. Bald darauf trifft er sie und ihre Freundin Ilse Bewersdorf auf
einer Bootfahrt. Er fragt, ob er wohl studienhalber Schloß Sarkitten besuchen könnte,
und erhält schon am nächsten Morgen die Einladung des Freiherrn zur Teestunde. Er

ns in Heft 1 bis5:
wird aufs liebenswürdigste empfangen, bewundert die Kunstschätze und sieht zum Schluß
die Photographie einer jungen Frau auf dem Schreibtisch, angeblich ein Jugendbildnis
der Gattin des Schloßherrn; aber Walter ahnt, daß er zum erstenmal in seinem Leben
ein Bild seiner Mutter zu Gesicht bekommen hat. Auf Wunsch des Freiherrn siedelt er
ganz ins Schloß Sarkitten über, obwohl ihn der Gedanke peinigt, damit einen Verrat an
seinein Vater zu begehen. In einer Nacht glaubt er nun von seinen: Fenster aus zu sehen,
wie eine Frau, die seiner Mutter glich, sich über einen Brunnenrand in: Park beugt. Als
er die Zimmertür öffnet, sieht er am Ende des Ganges den Freiherrn mit einer Hand-
laterne zum Schloßturn: aufsteigen. Durch Rittmeister von Warkentin erfährt er, was
man sich von dem Baron und seinen: ehemaligen Regimentskameraden von Volkstädt
und von den: unaufgeklärten Verschwinden der schönen Frau, un: derentwillen es zur
Feindschaft kam, und dem Tod der Tochter erzählt. Er gesteht Warkentin ein, daß ihn
das dunkle Gefühl bedrücke, hier in der Nähe bedürfe jemand seiner Hilfe, aber er könne
sich zu einer Auseinandersetzung mit Herrn von Radensleben nicht entschließen. Der
Zwiespalt seiner Gefühle und seine Gewissensbedenken werden noch dadurch verstärkt,
daß er immer mehr von Lore, der Nichte des Freiherrn, sich angezogen fühlt, die ihm
auf einem Gang durch den Buchenwald von Stoboi ihre Liebe gesteht.

aben Sie eigentlich schon einmal Gelegenheit gehabt, den
berühmten Turm von innen zu besichtigen?" fragte Herr
von Warkentin nach einer kurzen Pause, in der beide über
das Geheimnis des Turms nachdachten.


„Kinder, war das schön!" sagte Ilse Bewersdorf, als die Herren
sie vor dem Kino erwarteten. „Die Garbo ist doch zu goldig. Ich
lasse mir jetzt das Haar auch wieder so lang wachsen wie sie.

Walter schüttelte den Kopf.
„Nein, das ist ganz unmöglich. Da ist eine zoll-
dicke Tür aus Eichenbohlen mit einem pfundschweren,
schmiedeeisernen Schloß, das jedem gewaltsamen Zu-
gang wehrt. Das einzige wäre, dem Turm von den
Dachräumen her beizukommen. Denn beide haben nur
diese eine gemeinsame Tür, müssen also miteinander
in Verbindung stehen."
Er hatte bei den letzten Worten eine Weinkarte
vom Tisch genommen und entwarf auf ihrer Rückseite
mit raschen Strichen eine kleine Skizze.
„Ich habe heut früh das Gelände noch einmal
gründlich untersucht und folgendes dabei festgestellt.
Um die Parkseite des zweiten Stockwerks läuft der Rest
eines alten Wehrgangs, von dem aus ein gewandter
Turner mit Unterstützung eines zweiten Mannes leicht
auf das Schloßdach hinaufgelangen kann. Von da hat
es dann weiter keine Schwierigkeiten, durch ein Luken-
fenster in das Dachgeschoß einzudringen."
„Ich weiß nicht, das scheint mir alles doch ein
wenig phantastisch."
„Im ersten Augenblick zweifellos, es ist aber wirk-
lich eine recht einfache Sache. Nach Sarkitten selbst
kommen wir sehr schnell hinaus. Wie ich Ihnen schon
sagte, ist mein Auto gestern aus Berlin eingetroffen,
und mein Chauffeur wollte es für heut abend fahrbereit
halten. Ich schlage Ihnen daher vor, wir holen nach-
her die Damen vom Kino ab, bringen sie nach Klein-
Stoboi und fahren bei Einbruch der Dunkelheit nach
Sarkitten weiter. Den Wagen lassen wir irgendwo
im Walde stehen und pirschen uns wie die Indianer
ins Schloß."
Herr von Warkentins Gesicht drückte noch immer Be-
denken aus, dann aber siegte seine alte Abenteuerlust.
„Gut, lieber Rotter", sagte er, „ich bin einverstan-
den. Sosehr es mir natürlich gegen den Strich geht,
nachts in ein fremdes Haus einzudringen. Aber ich
sehe, daß es Ihnen eine Herzenssache ist, und will
Sie nicht im Stich lassen."
„Noch eine frische Flasche, aber gut gekühlt!" rief
er dann zum Laden hinüber, daß der kleine Wirt wie
ein Blitz zur Tür hereinschoß und seiner Freude Aus-
druck gab, daß der Herr Baron noch nichts von der Voll-
kraft seines beneidenswertenOrgans eingebüßt habe.—

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Welche Persönlichkeit aus dem obenftehenden Roman stellt diese Aufnahme dar?
Oie Bedingungen unserö Preisausschreibens finden Sie auf Seite 22 von Heft z. D
 
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