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Architekten- und Ingenieur-Verein <Frankfurt, Main> [Hrsg.]; Wolff, Carl [Bearb.]
Die Baudenkmäler in Frankfurt am Main (Band 3): Privatbauten — Frankfurt a. M., 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.25633#0190
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^ 147 .

Das Oisterzienserinnen-Kloster Engelthal in der Wetterau besass
nach den Bedebüchern schon im Jahre 1320 den Hof in der Tönges-Gasse
(Lit. H Nr. 159; Tönges-Gasse 5), welcher noch heute nach dem früheren
Besitzer der Engelthaler Hof genannt wird. Es war ein Wirthschaftshof,
der an Pächter vergeben oder von einem Verwalter bewirthschaftet wurde;
das an der Töngesgasse gelegene Haupthaus diente zugleich den Insassen
des Klosters als Absteigequartier. Die Aebtissin Juliana Schmidt von Fulda,
die Wiederherstellerin der Engelthaler Klosterkirche, liess dieses Haus
1698— 1699 neu erbauen; nach der am 13. Mai 1699 erfolgten Bau-
besichtigung wurden die Gebühren von 3 Stockwerken, 39 Fenstern,
1 Thüre mit 1 Tritt, 3 Kellerlöchern, 1 Zwerchhaus, 1 Waschkessel be-
rechnet. Bei der Feuersbrunst m der Nacht vom 26. zum 27. Juni 1719,
welche diese ganze Stadtgegend verheerte, wurde auch dieses neuerbaute
Haus in Asche gelegt. Das Kloster liess das Haus sofort wieder her-
steilen. Die unten zu erwähnende Inschrift von der Aebtissin Juliana
Schmid von Fulda bezieht sich auf den Neubau von 1699, denn sie starb
schon am 20. August 1702 Q) bei der Wiederherstellung des Hauses wurden
der Inschrift die darauf bezüglichen Schlussworte beigefügt: „fato com-
bustam ex cinere suscitavit MDOOXXO," ohne dass man an die Stelle der
längst verstorbenen Aebtissin, der Bauherrin von 1699, deren Nachfolgerin,
welche die Wiederherstellung von 1720 anordnete, genannt hätte.
Nachdem das Kloster etwa ein halbes Jahrtausend den Hof mit seinen
Gebäulichkeiten besessen hatte, kam er 1802 mit dem Eigenthum der
anderen hiesigen wie auswärtigen Stifter und Klöster in den Besitz der
Stadt, wurde aber schon 1804 von dem Administrations-Amt der geist-
lichen Güter an den langjährigen Verwalter des Klosters Simon Ziegler
für 37,500 Gulden im 24 Guldenfusse verkauft. Er ist seitdem stets in
privatem Besitze verblieben.
Für die Art der Bebauung des Grundstücks vor dem Jahre 1699
geben der Belagerungsplan und Merians Plan nur sehr geringen Anhalt:
beide zeigen in kleinstem Massstabe die stark verkürzte Aufsicht auf die
Dächer. Ebenso fehlt eine durchaus sichere Ueberlieferung der architek-
tonischen Gestaltung des Neubaues der Aebtissin Schmid, welcher von
1699— 1719 stand; immerhin ist im Hinblicke auf andere Bauten aus dieser
Zeit mit grösster Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass ausser dem Erd-
geschosse auch die Obergeschosse massiv in Quadern errichtet waren und
dass die damalige Eintheilung der Strassenseite in dem jetzigen Baue
(Fig. 119, 120, 121) noch erhalten ist, da wohl grössere Theile derselben,
welche beim Brande unversehrt geblieben waren, zum Baue von 1720
wieder verwendet oder an Ort und Stelle belassen werden konnten, und
ferner der heutige Zustand der Strassenseite mit dem Baue von 1720, wie

0 Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis
Büdingen (Darmstadt 1890) 8. 134.

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