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Schon als Knabe reizte das Stalburgische Haus in seiner Abgelegen-
heit stets meine Neugierde, so oft ich in dessen Nähe kam. Die lange
ßnstere Allee, welche dahin führt und die eigentliche Seufzer-Allee ist,
nebst den hohen, beinahe undurchdringlichen Hecken, die das ganze Be-
sitzthum umgaben, trug noch ausserordentlich viel mehr dazu bei, den
Eindruck des Einsamen und Verborgenen zu vermehren. — Eine gemauerte
Brücke mit zwei Bogen führte über den ausgemauerten Graben nach der
Hausthüre, zwischen deren steinernen Stufen das Gras reichlich wucherte.
Das Haus erhob sich auf einem steinernen Unterbau direkt aus dem Wasser,
und hinter dem Hause gestattete der ringsum ziehende Graben soviel Raum,
dass ein ganz kleines Gärtchen angelegt war und ein Regenfass stehen
konnte, genau an der Stelle, wo es heute noch steht. An den unteren
Fenstern waren die Läden geschlossen, an den oberen vor Alter grüne
halbblinde Scheiben und Spinnweben; ich zeichnete eitrig und mit ausser-
ordentlichem Behagen, jedoch nicht ohne einige Besorgnis. Als ich fertig
war, schlich ich mich nach dem Brunnen; er
lag unter dunklen, wild verwachsenen Linden,
in einem in die Erde eingetieften Quadrat, wie
die meisten Brunnen hiesiger Gegend, mit
hinabführenden Treppen, und hatte einen run-
den, aus blauen Steinen bestehenden Kranz,
an dessen vorderer, nach dem Hause hin ge-
richteter Seite sich das von Stalburg'sche
Wappen nebst der Jahreszahl 1734 befand und
vortrefflich erhalten war (Fig. 182).
Um 1839 wurde der Graben zugeworfen,
die Brücke entfernt, neue Fensterscheiben ein-
gesetzt und das Haus weiss angestrichen. Der
Herr Baron von Rothschild hatte den alten
Stammsitz der adeligen Familie Stalburg,
welche ausgestorben war, für 22 000 Gulden
gekauft. Hinter dem Hause fand ich als Unterlage für einen Wasserkübel
an dem Regenfass verwendet die schönen Bodenplatten (Fig. 183) nebst
einigen Stücken anderer zerstörter, so dass ich vermuthe, sie hatten einstens
im Hause den Boden eines Zimmers bedeckt, und stammen aus dem durch
Kraft Stalburg unternommenen, bereits in der oben erwähnten Inschrift
angegebenen Neubau.
Der alte Brunnen ist zugeworfen, das heisst, die Vertiefung in welcher
er liegt, mit Erde verschüttet; der
Kranz mit einem Bretterdache über-
deckt und eine Pumpe hineingestellt,
nicht unähnlich denjenigen, welche
man an Dunghaufen verwendet, um
i- T i i Li ; Fig. 184. Stalburger Oedc: ZinncnkrOnung.
die .Jauche abzupumpen. Der Platz ^ NachRcm'enstein(i85H).
19
Fig. 182. Stalburger Oede; Brunnen
im Garten. Nach ReifFenstein (1873).
Fig. 183. Stalburger Oede; Fuss-
bodenplättclien.
Nach Reid'enstein (1859).
Schon als Knabe reizte das Stalburgische Haus in seiner Abgelegen-
heit stets meine Neugierde, so oft ich in dessen Nähe kam. Die lange
ßnstere Allee, welche dahin führt und die eigentliche Seufzer-Allee ist,
nebst den hohen, beinahe undurchdringlichen Hecken, die das ganze Be-
sitzthum umgaben, trug noch ausserordentlich viel mehr dazu bei, den
Eindruck des Einsamen und Verborgenen zu vermehren. — Eine gemauerte
Brücke mit zwei Bogen führte über den ausgemauerten Graben nach der
Hausthüre, zwischen deren steinernen Stufen das Gras reichlich wucherte.
Das Haus erhob sich auf einem steinernen Unterbau direkt aus dem Wasser,
und hinter dem Hause gestattete der ringsum ziehende Graben soviel Raum,
dass ein ganz kleines Gärtchen angelegt war und ein Regenfass stehen
konnte, genau an der Stelle, wo es heute noch steht. An den unteren
Fenstern waren die Läden geschlossen, an den oberen vor Alter grüne
halbblinde Scheiben und Spinnweben; ich zeichnete eitrig und mit ausser-
ordentlichem Behagen, jedoch nicht ohne einige Besorgnis. Als ich fertig
war, schlich ich mich nach dem Brunnen; er
lag unter dunklen, wild verwachsenen Linden,
in einem in die Erde eingetieften Quadrat, wie
die meisten Brunnen hiesiger Gegend, mit
hinabführenden Treppen, und hatte einen run-
den, aus blauen Steinen bestehenden Kranz,
an dessen vorderer, nach dem Hause hin ge-
richteter Seite sich das von Stalburg'sche
Wappen nebst der Jahreszahl 1734 befand und
vortrefflich erhalten war (Fig. 182).
Um 1839 wurde der Graben zugeworfen,
die Brücke entfernt, neue Fensterscheiben ein-
gesetzt und das Haus weiss angestrichen. Der
Herr Baron von Rothschild hatte den alten
Stammsitz der adeligen Familie Stalburg,
welche ausgestorben war, für 22 000 Gulden
gekauft. Hinter dem Hause fand ich als Unterlage für einen Wasserkübel
an dem Regenfass verwendet die schönen Bodenplatten (Fig. 183) nebst
einigen Stücken anderer zerstörter, so dass ich vermuthe, sie hatten einstens
im Hause den Boden eines Zimmers bedeckt, und stammen aus dem durch
Kraft Stalburg unternommenen, bereits in der oben erwähnten Inschrift
angegebenen Neubau.
Der alte Brunnen ist zugeworfen, das heisst, die Vertiefung in welcher
er liegt, mit Erde verschüttet; der
Kranz mit einem Bretterdache über-
deckt und eine Pumpe hineingestellt,
nicht unähnlich denjenigen, welche
man an Dunghaufen verwendet, um
i- T i i Li ; Fig. 184. Stalburger Oedc: ZinncnkrOnung.
die .Jauche abzupumpen. Der Platz ^ NachRcm'enstein(i85H).
19
Fig. 182. Stalburger Oede; Brunnen
im Garten. Nach ReifFenstein (1873).
Fig. 183. Stalburger Oede; Fuss-
bodenplättclien.
Nach Reid'enstein (1859).