295
Die einfache, schlichte Erscheinung des Weiherhauses von 1571 ver-
erbte sich in gewissem Sinne auch auf den heute noch stehenden Neubau
von 1727, dessen Pläne sich im von Holzhausenschen Familienarchive
vorfanden. Zwei von diesen Rissen, der Grundriss des Kellergeschosses
und der Längsschnitt, tragen die Signatur „DLF"; auf der Aussenseite
des alten Umschlages, in welchem diese Pläne zusammen lagen, steht ge-
schrieben: „Plans de la maison de Campagne pour Monsieur le Baron de
Holzhausen, rebätie sur des vieux fondements selon les desseins du Sieur
de la Fosse, architecte. 1722". Da auf allen Rissen die Benennungen
der einzelnen Räume auf französisch eingeschrieben sind und an der Echt-
heit der erwähnten Signatur und des Umschlagtitels nicht gezweifelt
werden kann, so ist mit Sicherheit anzunehmen, dass der berühmte, da-
mals Landgräfbch Hessische Hofbaumeister Louis Remy de la Fosse*)
9 Ueber Ae la Fosse stellte uns Herr Regierungsbauführer Joseph Schlippe, der
zur Zeit mit einer eingehenderen Studie über de la Fosse zum Zwecke einer Dr.-Ing.-
Arbeit beschäftigt ist und durch uns von dessen Entwürfen zur von Holzhausenschen
Oede Kenntniss erhielt, die folgenden Angaben in dankenswerther Weise am 14. Juli 1911
zur Verfügung, die wir der künstlerischen Bedeutung des de la Fosse wegen hier
ausführlich wiedergeben:
„Louis Remy (= Remigius) de la Fosse, der Hauptarchitekt des bau-
lustigen hessen-darmstädtischen Landgrafen Ernst Ludwig (1688—1739), war vor
seiner Berufung nach Darmstadt zuletzt „churhannövriscber Hof- und Premier-
architect". Am 1. Januar 1715 trat er als „Ingenieurmajor und Oberbaumeister"
in landgräflich-hessische Dienste; hier unterstand ihm das Bauwesen des Hofes,
das gesammte Civil- und Militärbauwesen und die Rheinbaudirektion. Am
20. September 1726 wurde er, über 60 Jahre alt, in Darmstadt beerdigt (nach
Mittheilung von D. Dr. Diehl); seine Unterlassenen Papiere ergaben, dass er
eigentlich Le Rouge geheissen habe. Seine Thätigkeit in Hannover ist mir
noch unbekannt; vielleicht war er am Leineschloss oder unter Querini am Bau
von Herrenhausen betbeiligt. Sein Hauptwerk in Darmstadt ist der Neubau des
Residenzschlosses, zu dem er nach einem sehr originellen Vorentwurf ein gross-
artiges, im Modell erhaltenes Projekt ausgearbeitet hatte; jedoch gelangte nur
ein kleiner Theil in den Jahren 1716—1728 zur Ausführung. Ein weiteres grösseres
Werk von ihm ist der Orangeriegarten und das 1719 errichtete Orangeriegebäude
inDarmstadt-Bessungen. Kleiner und schlichter sind folgende Bauten von ihm:
Die Jagdschlösser Wolfsgarten (1723) und Wiesenthal (1725) sowie der Umbau
des alten Roithauses zum Opernhaus, den er im Winter 1710—11, von Hannover
für drei Monate nach Darmstadt beurlaubt, ausführte. Seinen Entwurf zu einem
völligen Neubau hatte man aus Geldmangel fallen lassen müssen. Ferner darf man
dem de la Fosse wohl folgende Werke in Darmstadt zuschreiben: die baulichen
Veränderungen im alten Residenzschloss, so das Treppenhaus am Hofconditoreibau
und das Portal der Hofkirche, den 1726 errichteten Mittelrisalit des ehemaligen
Prinz - Georg - Pal ais am Markt, das Portal an einem Seitenflügel der Infanterie-
kaserne, den Garten des Freiherrn von Kamcytsky, das Griesheimer Haus (das
in gewissem Grade dem Haus in der Oede ähnelt) sowie die Schneisenanlagen
in den Waldungen und das sogenannte „Bassin". Von seinen 1719 entstandenen
Entwürfen für eine Kirche auf dem Ballonplatz ist ein Versuch einer Oentral-
gestaltung recht interessant; 1720 entwarf er eine Kirche für Pfungstadt; doch
Die einfache, schlichte Erscheinung des Weiherhauses von 1571 ver-
erbte sich in gewissem Sinne auch auf den heute noch stehenden Neubau
von 1727, dessen Pläne sich im von Holzhausenschen Familienarchive
vorfanden. Zwei von diesen Rissen, der Grundriss des Kellergeschosses
und der Längsschnitt, tragen die Signatur „DLF"; auf der Aussenseite
des alten Umschlages, in welchem diese Pläne zusammen lagen, steht ge-
schrieben: „Plans de la maison de Campagne pour Monsieur le Baron de
Holzhausen, rebätie sur des vieux fondements selon les desseins du Sieur
de la Fosse, architecte. 1722". Da auf allen Rissen die Benennungen
der einzelnen Räume auf französisch eingeschrieben sind und an der Echt-
heit der erwähnten Signatur und des Umschlagtitels nicht gezweifelt
werden kann, so ist mit Sicherheit anzunehmen, dass der berühmte, da-
mals Landgräfbch Hessische Hofbaumeister Louis Remy de la Fosse*)
9 Ueber Ae la Fosse stellte uns Herr Regierungsbauführer Joseph Schlippe, der
zur Zeit mit einer eingehenderen Studie über de la Fosse zum Zwecke einer Dr.-Ing.-
Arbeit beschäftigt ist und durch uns von dessen Entwürfen zur von Holzhausenschen
Oede Kenntniss erhielt, die folgenden Angaben in dankenswerther Weise am 14. Juli 1911
zur Verfügung, die wir der künstlerischen Bedeutung des de la Fosse wegen hier
ausführlich wiedergeben:
„Louis Remy (= Remigius) de la Fosse, der Hauptarchitekt des bau-
lustigen hessen-darmstädtischen Landgrafen Ernst Ludwig (1688—1739), war vor
seiner Berufung nach Darmstadt zuletzt „churhannövriscber Hof- und Premier-
architect". Am 1. Januar 1715 trat er als „Ingenieurmajor und Oberbaumeister"
in landgräflich-hessische Dienste; hier unterstand ihm das Bauwesen des Hofes,
das gesammte Civil- und Militärbauwesen und die Rheinbaudirektion. Am
20. September 1726 wurde er, über 60 Jahre alt, in Darmstadt beerdigt (nach
Mittheilung von D. Dr. Diehl); seine Unterlassenen Papiere ergaben, dass er
eigentlich Le Rouge geheissen habe. Seine Thätigkeit in Hannover ist mir
noch unbekannt; vielleicht war er am Leineschloss oder unter Querini am Bau
von Herrenhausen betbeiligt. Sein Hauptwerk in Darmstadt ist der Neubau des
Residenzschlosses, zu dem er nach einem sehr originellen Vorentwurf ein gross-
artiges, im Modell erhaltenes Projekt ausgearbeitet hatte; jedoch gelangte nur
ein kleiner Theil in den Jahren 1716—1728 zur Ausführung. Ein weiteres grösseres
Werk von ihm ist der Orangeriegarten und das 1719 errichtete Orangeriegebäude
inDarmstadt-Bessungen. Kleiner und schlichter sind folgende Bauten von ihm:
Die Jagdschlösser Wolfsgarten (1723) und Wiesenthal (1725) sowie der Umbau
des alten Roithauses zum Opernhaus, den er im Winter 1710—11, von Hannover
für drei Monate nach Darmstadt beurlaubt, ausführte. Seinen Entwurf zu einem
völligen Neubau hatte man aus Geldmangel fallen lassen müssen. Ferner darf man
dem de la Fosse wohl folgende Werke in Darmstadt zuschreiben: die baulichen
Veränderungen im alten Residenzschloss, so das Treppenhaus am Hofconditoreibau
und das Portal der Hofkirche, den 1726 errichteten Mittelrisalit des ehemaligen
Prinz - Georg - Pal ais am Markt, das Portal an einem Seitenflügel der Infanterie-
kaserne, den Garten des Freiherrn von Kamcytsky, das Griesheimer Haus (das
in gewissem Grade dem Haus in der Oede ähnelt) sowie die Schneisenanlagen
in den Waldungen und das sogenannte „Bassin". Von seinen 1719 entstandenen
Entwürfen für eine Kirche auf dem Ballonplatz ist ein Versuch einer Oentral-
gestaltung recht interessant; 1720 entwarf er eine Kirche für Pfungstadt; doch