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Architekten- und Ingenieur-Verein <Frankfurt, Main> [Hrsg.]; Wolff, Carl [Bearb.]
Die Baudenkmäler in Frankfurt am Main (Band 3): Privatbauten — Frankfurt a. M., 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.25633#0474
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' 421 -

Aussehens des Hofes der Belagerungsplan fast gänzlich, da er diese Stelle
ohne klare Abgrenzung und mit oifenbaren Verzeichnungen wiedergibt.
Von unschätzbarem Werthe dagegen und von grösster Genauigkeit sind
Beitfensteins meisterhatte Darstellungen des Jung-Hofes, die zwischen den
Jahren 1842 und 1862 entstanden (Fig. 302—306).
Bei einem Vergleiche von Merians Plan mit der etwa in gleicher
Richtung gesehenen, sehr übersichtlich von Reitfenstein nach dem natür-
lichen Zustande konstruierten Vogelschau (Fig. 302) gewahrt man die
beträchtlichen Veränderungen, welche die Hotgebäude in der ersten Hälfte
des XVIII. Jahrhunderts und auch schon am Ende des XVII. Jahrhunderts
durchmachen mussten. An Stelle des nördlichen Flügels mit den Holz-
galerien erhebt sich ein langgestrecktes, zurückstehendes Wohngebäude
mit einem kleinen Zwerchhause in der Mittelachse. Das an dessen West-
seite rechtwinklig vorspringende Haus ist sehr wahrscheinlich ein Rest des
ehemaligen Querbaues. Der neue Querbau, das Theater, stand demnach
nicht an der Stelle des älteren, sondern wurde ein gutes Stück nach Westen
hinausgeschoben, was die daselbst liegenden grossen Gärten ermöglichten.
Diese Annahme hat allerdings nur in dem Falle Berechtigung, wenn, die
absolute Richtigkeit von Merians Plan vorausgesetzt, der darauf sichtbare
Treppengiebel-Bau identisch ist mit dem bei Reitfenstein in fast gleicher
Gestalt dargestellten, rechtwinklig an der östlichen Ecke des erwähnten
neuen Wohngebäudes vorspringenden Theile. Reitfenstein bemerkt in
seinem beschreibenden Texte ausdrücklich, dass dieser Theil, über dessen
Hausthüre die Jahreszahl 1688 eingehauen war und der in diesem Jahre
wohl nur theilweise neu verändert wurde, durch sein Aussehen auf eine
viel ältere Entstehung hinwies, wie besonders die nach der Seite des
Gartens vom Rothen Hofe gelegene Giebelmauer, die sich noch erhalten
hatte, erkennen liess. Diese Giebelmauer zeigt demnach auf ur seren Ab-
bildungen (Fig. 302 und 304) den nach Norden gerichteten, älteren Treppen-
giebel, während der südliche Giebel glattrandig erscheint, weil er beim
Umbau des Hauses seine Treppen einbüssen musste (auch auf Fig. 305 am
linken Bildrande sichtbar).
Der Thorbau gegen den Rossmarkt (Fig. 303) mit seinen beiden un-
gleichen, zu Seiten der Mittelachse sich erhebenden bescheidenen Giebeln,
seinen unregelmässig verteilten verschieden hohen und breiten Fenstern,
besitzt einen eigenartigen kleinbürgerlichen Reiz, der auf den beschau-
lichen Raumcharakter des inneren Hofes stimmungsvoll vorbereitete. Es
ist künstlerisch sehr lehrreich zu beobachten, wie diese freundliche
Wirkung betont wird durch das leichte Ausklingen der einfachen Front
in der oberen Endigung des südlichen, in zwei Absätzen mit leicht ge-
schwungenem Umriss gegliederten Giebels; er läuft aus in ein winziges,
autgebrochenes, wirksam proßliertes Dreieck, in dessen Mitte ein diesem
Massstabe angepasster schlanker „Meilenstein" aulgestellt ist, ein be-
scheidener, an der richtigen Stelle sitzender Schmuck, der für die ganze,
 
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