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Instytut Sztuki (Warschau) [Hrsg.]; Państwowy Instytut Sztuki (bis 1959) [Hrsg.]; Stowarzyszenie Historyków Sztuki [Hrsg.]
Biuletyn Historii Sztuki — 79.2017

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Jurkowlaniec, Tadeusz: Historie Krzyża ŒŚwiętego na portalu kaplicy ¬św. Anny w Malborku
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https://doi.org/10.11588/diglit.71009#0060

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Tadeusz Jurkowlaniec

und die Tonsur auf ihrem Kopf (Abb. 10, 12-15) er-
lauben die Annahme, es handele sich hierbei um ei-
nen Franziskanermonch, der die sich unterhalb des
Trummerfeldes befindliche Nische zu beschutzen
sucht. Dies lieBe sich metaphorisch auf die Rolle der
Minoriten im Heiligen Lande im Hohen und Spaten
Mittelalter beziehen, in der Zeit bis zur Vollendung
der Marienburger Schlosskirche in den 1340ger Jah-
ren. Seit ihrer fruhesten Zeit machten sie sich fur die
katholische Missionierung der von den Kreuz-
zuglern gehaltenen und der benachbarten Gebiete im
Nahen Osten stark, die von anderen Glaubens-
richtungen dominiert waren. In Jerusalem waren sie
bereits vor seinem endgultigen Verlust 1244 aktiv.
Nach dem Fall von Akkon 1291 konnten sie als die
einzige romisch-katholische Organisation 1323 das
Privileg zur standigen Anwesenheit in Jerusalem
und zum Halten der Liturgie in der dortigen Grabes-
kirche erringen (Anm. 108).
Die hundert Jahre andauernde Beziehung des
Deutschen Ordens zum Morgenland endete mit der
Eroberung Akkons durch die Muslime 1291 (Anm.
110). Der Sitz des Hochmeisters wurde zunachst
nach Venedig, dann nach PreuBen verlegt (1309 -
Anm. 111). Der Orden zeigte bereits seit den
1220ger Jahren ein starkes Interesse an PreuBen.
Dass die Lage im Heiligen Lande - wo er gegrundet
wurde - auch den Ordensbrudern in PreuBen zu der
Zeit, als die Marienburg nach 1309 erweitert wurde
wohl bekannt war, ist vielfach belegt (Anm. 112). In
ihrem Herrschaftsbereich waren auch andere Orden
tatig: Zisterzienser, Dominikaner und eben auch
Franziskaner. Ihr Verhaltnis zum herrschenden Deut-
schen Orden und umgekehrt war im Allgemeinen
gut, wobei sich die Franziskaner scheinbar seiner
besonderen Gunst erfreuen durften (Anm. 113). So
wurden z. B. einige ihrer lokalen Wurdentrager im
August 1335 auf die Marienburg eingeladen, von wo
sie an die Adresse des Papstes (Benedikt XII.) eine
Zusicherung sandten, „dass der Deutsche Orden in
geistlicher und weltlicher Hinsicht seine Pflichten
erfulle und sich nichts zu Schulden kommen lasse"
(Anm. 114). Es ist nicht eindeutig, ob eine solche
Botschaft der eigentliche Zweck des Treffens war.
Es handelte sich hier zweifellos um eine Reaktion
auf die gegen den Deutschen Orden gerichteten An-
klageschriften der Krone Polens und des Erzbistums
Gnesen, die spatesten im Fruhjahr 1335 der Kurie
vorgelegen haben. Die Schriften beklagten insbeson-
dere die vom Orden zu verantwortenden Morde an
christlicher Bevolkerung und das Ausrauben von
Kirchen der Erzdiozese (Anm. 115). Wahrend der
Marienburger Zusammenkunft kam sicherlich nicht
nur das angespannte Verhaltnis zwischen dem Deut-
schen Orden und Polen zur Sprache, sondern nicht
minder das groBe politische Thema jener Zeit: der

Konflikt zwischen dem Papst und dem Kaiser (der
Deutsche Orden und ein GroBteil der Franziskaner
waren Parteiganger Kaiser Ludwigs). Moglicher-
weise sprach man auch uber die militarischen Akti-
vitaten des Deutschen Ordens und die Missionier-
ungstatigkeit der Franziskaner in Litauen oder uber
die Lage im Heiligen Lande und den Ausbau der
Marienburg. Die Situation im Nahen Osten um das
Jahr der Vollendung der Marienburger Annen-
kapelle (1341) legen die Identifizierung der erwahn-
ten Gestalt in der linken, unteren Ecke des Kreuz-
auffindungstympanons als einen in Jerusalem
tatigen Franziskanermonch nahe. Zwar gehort die
Szene selbst nicht zur eigentlichen Legende, doch
bezieht sie sich auf sie offenbar indirekt, durch die
Darstellung des Ortes, an dem der Heiland des Op-
fertodes gestorben und an dem sein Kreuz spater
wiederaufgefunden worden sei. Das Adamsgrab,
ausgehauen im Golgotafelsen, wird von herabfallen-
den Steinblocken bedroht, die sich offenbar vom
daruber dargestellten Trummerfeld gelost haben, das
moglicherweise durch ein Erdbeben entstand (Anm.
28). Ein Erdbeben galt als Ausdruck des Zorns Got-
tes oder als Manifestation seiner Macht (u. a.: Ex 19,
18;3 Kg 19, 11; Ps 18, 8; 46, 2-3; 59, 4-7; 68, 8-9;
95, 4; 104, 32; Jes 5, 25; Nah 1, 5). Es begleitete
besonders bedeutsame Ereignisse, wie den Tod und
die Auferstehung Jesu (Mt 27, 52; 28, 2), aber auch
die Befreiung von Paulus aus dem Gefangnis (Apg
16,26) und die Auffindung des Kreuzes durch Hele-
na (Anm. 28); auch wahrend des vorausgesagten
Endes dieser Welt soll es Erdbeben geben (Mt 24, 7;
Mk 13, 8, Luk 21, 11; Apk 6, 12; 8, 5; 11, 13; 16,
18). Erderschutterungen lassen sich bildlich nur
schwer darstellen und deswegen - der allgemeinen
Meinung nach - ist ihre Ikonographie derart be-
scheiden (Anm. 121). In Darstellungen von Szenen
aus der Offenbarung des Johannes kommen auch
haufiger Bilder vor, die Folgen von Erdbeben zeigen
(Apk 6, 12; 8, 5; 11, 13; 16, 18). Mit dem Trummer-
feld des Marienburger Tympanons vergleichbar
ware die Darstellung des apokalyptischen Erdbe-
bens in Folge des Ausgusses der siebten Schale des
Zornes Gottes in der Miniatur einer Handschrift aus
London (British Library, Harley MS 4972; 1275-
1325, Lothringen, fol. 29v). Die Erdbebenlandschaft
wird dort in reduzierter Form als drei kleine Hugel
von unregelmaBiger Oberflache gezeigt. Die dreige-
teilte Landschaft der Marienburger Szene ([6] - ein
Feld mit dem Kreuz und zwei es einfassende Felsen-
landschaften/Trummerfelder; Abb. 12-15) kann mit
zwei Geschehnissen in Verbindung gebracht werden.
Sie konnte wortlich den Offenbarungsvers 16,19 ab-
bilden: „Und die groBe Stadt spaltete sich in drei
Teile [...]". Die Trummerfelder selbst hingegen, be-
denkt man die Anwesenheit des Franziskaner-
 
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