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Biller, Thomas
Die Adelsburg in Deutschland: Entstehung, Form und Bedeutung — München, 1998

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https://doi.org/10.11588/diglit.4980#0150
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IV. Entstehung und Klassik der deutschen Adelsburg

wirft«, sondern weil er damit zugleich einen wichtigen Funkt in der Entwicklung der
Burgen verdeckt.

Wie wichtig diese Unterscheidung ist, wird schon deutlich, wenn man einmal, minde-
stens auf regionaler Basis, die romanischen Saalbauten auf Adelsburgen zählt, d.h. jene
Bauten, deren wichtigster Raum ein großer Saal ist, der die gesamte Fläche des Oberge-
schosses (oder mindestens den Großteil davon) einnimmt. Es wird dabei sofort deutlich -
selbst in sehr reichen Burgenlandschaftcn wie etwa dem Elsaß, Schwaben oder Thüringen-
wie selten echte Saalbauten sind. Sic beschränken sich in Wahrheit tatsächlich auf die
Pfalzen, auf denen sie spätestens kurz nach iooo ihre charakteristische Form fanden1'17, auf
pfalzcnartige Burgen138 des Königs (Girbaden) und auf ganz wenige Burgen des Hochadcls
(Wartburg, Weissensce, Donaustauf) oder anderer mächtiger Adliger (St. Ulrich, Groß-
Gcroldseck'-'IJ, Wildenberg). Sie sind also die große Ausnahme - und sie gehören gerade auf
jenen Adelsburgen, die vor dem 13. Jahrhundert entstanden, praktisch nie zum ursprüngli-
chen Bestand, sondern sind stets sekundäre Hinzufügungen.

Der normale Wohnbau der klassischen Adelsburg — angesichts der geringen Zahl echter
Falatien über 95 % — war ein mehrräumiges Gebäude mit einem funktional untergeordneten
Erdgeschoß und herrschaftlichen Räumen im (bis zur Gotik meist einzigen) Obergeschoß,
wo es im Allgemeinen einen etwas größeren und besser ausgestatteten, d.h. saalartigen
Raum gegeben haben wird. Sicher feststellbar ist angesichts von Zerstörungen und
Umbauten meist nur die Mehrräumigkcit, kaum die Dominanz eines bestimmten Raumes;
wo die Akzentuierung solcher kleineren Säle eindeutig geblieben ist, ist sie vor allem an der
Durchfensterung erkennbar (z.B. Münzenberg, Landsberg, Bernstein).

Betrachtet man die wenigen eigenständigen - also nicht turmartig massiven und nicht
zwischen Turm und Ringmauer eingeklemmten - Wohnbauten der vorklassischen Zeit, die
archäologisch nachgewiesen sind, so trifft man fast immer auf mehrräumige Bauten, stets
kleiner als die Falatien der Pfalzen, über deren Obergeschosse wir nichts wissen (Harzburg,
Todenman'40, Steinenschloß, Entersburg, Arnsburg'4', Weißenstein'42, St. Ulrich'4-1). Die
wenigen im Erdgeschoß einräumigen Bauten sind entweder wesentlich kleiner als die
Falatien der Pfalzen (Querfurt'44, Rickenbach'45) oder extrem alt (Vianden, 9. Jahrhun-
dert?'4'') oder sie weichen ohne ersichtlichen Grund von der einfachen Grundform des
echten Falas ab, wie der geknickte Bau der Entersburg oder der aus zwei Baukörpern
kombinierte von Weißenstein. Als akzeptabler Saalbau in einer Burg vor dem mittleren 12.

'S7 Als prägend könnte man vor allem den Saalbau der Pfalz Paderborn (frühes [I.Jahrhundert)
ansehen.

'3* Die in diesem Zusammenhang oft genannten Palaticn der Burgen Nürnberg und Trifels sind im
Grunde nicht belegbar, weil die Substanz des 12./13. Jahrhunderts später erneuert ist; wahrschein-
lich besaßen sie aber echte Saalbauten.

■39 Zu den Beispielen im Elsaß vgl. Biller, Architektur; den 1218-26 von Heinrich (VII.) errichteten
Neubau von Girbaden würde ich eher als den gescheiterten Versuch einer Pfalz in Höhenlage
kennzeichnen. Als besonders früher Fall ist neben dem oben schon erwähnten Saalbau der Frohburg
etwa auch der Saalbau von Hochelten zu erwähnen (Binding, Elten).

'*° Heine in Salicrzeit.
Böhme in Salierzeit.
Meibcrg/'Reitling in Salierzeit.

■43 Biller/Metz in Salierzeit; bei den mehrräumigen Bauten des Steinenschloß und in der Unterburg des
Trifels hat es sich zweifellos um Nebengebäude gehandelt, deren Ausführung in Mörtelmauerwerk
immerhin interessant ist (Brachmaim bzw. Böhme und Barz/Bernhard in Salierzeit).

'*■> Schmitt, Untersuchungen; vgl. Brachmaim in Burgen Salierzeit.

145 Meyer in Salierzeit.

14* Metzler/Zimmer in Salierzeit.
 
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