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Grommelt, Carl; Mertens, Christine
Bau- und Kunstdenkmäler des Deutschen Ostens (Band 5): Das Dohnasche Schloss Schlobitten in Ostpreussen — Stuttgart: Kohlhammer, 1962

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https://doi.org/10.11588/diglit.48962#0050
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2,;. Teil der Nordfassade. J. C. Hindersin 1706

Abweichung vom Vorentwurf, statt der Horizontalen die Senkrechte. Das Friesband zwi-
schen den Stockwerken ist fortgefallen. Sonst zeigen sich noch im Putz abgesetzte Fenster-
faschen, rechteckige Putzblenden zwischen den bündig in der Außenflucht liegenden Erd-
und Obergeschoßfenstern und am Dachfuß ein gering unterteiltes Gesimsprofil. Aus Rück-
sicht auf das Abrahamsche Haus, dessen Veränderung damals noch nicht beabsichtigt war,
erhielt der Flügel eine abgewalmte Bedachung (Abb. 24, Spiegelbild, Westflügel). Erst viel
später wurde die heutige Mansardform in Anpassung an das aufgestockte und barockisierte
Mittelschloß gewählt. Kreisflächige Dachgauben dienen zur Belichtung der obersten
Stuben40.
Einfach zeigt sich auch der innere Ausbau. Der Gartensaal ist ganz schlicht behandelt.
Die zweigeschossigen Fenster und die Glastür zum Garten sitzen in Nischen, die vom
Fußboden bis kurz unter die Decke aufsteigen und oben durch flache Korbbögen abge-
schlossen sind. Neuzeitliches Parkett hat den ehemals großformatigen Steinplattenbelag,
die „Fußsteine", verdrängt. Sie waren der Bestimmung des Raumes weit besser angepaßt.
Beim Neubau hatte man noch die Anlage einer Empore, eines „Chors", wohl für musikalische
Darbietungen, erwogen und „andere Zierrathen mehr". Der heutige Zustand mit jener
simplen Behandlung der Wände und Decke wird vermutlich nicht original sein. Der Saal
ist ursprünglich, wie angenommen werden darf, getönt gewesen.
In diesem Saal von kubischen Abmessungen hängen in den Reihen der Dohnaschen
Ahnenbilder die Porträts der beiden Schlobitter Bauherren, Abraham und Alexander.
Die große Rollstube ist insofern bemerkenswert, als auf abschließender profilierter Stuck-
leiste der vier Wände eine Decke mit sichtbaren Balken und bündigen Putzfeldern da-
zwischen liegt. In den anderen Räumen des Flügels hatte man keine Ausbildung von Be-
deutung angewandt.
Der Neubau wurde an die Abrahamsche Bibliothek (Raum Nr. 3) nur angelehnt. Dadurch
ist es zu einer architektonisch und konstruktiv unorganischen Anordnung gekommen. Der
Flügel fängt mit seinem südlichen Pavillon die Bücherei nicht auf, stellt sich also mit ihm
nicht vor das östliche Ende jener, so daß sie sich gegen ihn „totlaufen" konnte. Sie schießt
vielmehr dahinter vorbei. Diese unerwartete Ausführung findet sich auch beim späteren
Anschluß des Westflügels an das Spiegelbild der Bibliothek, die Orangerie. Vielleicht ging
es darum, den neuen Ehrenhof nicht zu breit anzulegen und damit etwa aus dem harmo-
nischen Maßstab des ganzen zu geraten41. Der Ostflügel wurde als verputzter Massivbau

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