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Grommelt, Carl; Mertens, Christine
Bau- und Kunstdenkmäler des Deutschen Ostens (Band 5): Das Dohnasche Schloss Schlobitten in Ostpreussen — Stuttgart: Kohlhammer, 1962

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https://doi.org/10.11588/diglit.48962#0080
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„Abrisse" für die umfangreichen Maßnahmen zur Anlage eines nunmehr regelrechten
barocken „Lustgartens" im Sinne des zu der Zeit tonangebenden Gartenkünstlers Lud-
wigs XIV., Le Nötres. Dessen besonderes Verdienst besteht darin, daß er die schon in der
späten italienischen Renaissance aufgekommene und da bereits in die Praxis umgesetzte
Erkenntnis ganz klar herausgestellt hat, wie der Gesamtplan von Haus und Garten
einer umfassenden architektonischen Idee untertan zu machen ist. Der Entwurf eines
Gartens habe auf räumlichen Vorstellungen eines wirklichen Architekten zu beruhen, auf
der Gegensätzlichkeit zur ungebundenen Natur.
Der Einfluß der neuen französischen Kunst in der Gartengestaltung hat auch die deutsche
zu höchster Entwicklung gebracht, wie ja ohnehin der des dortigen Bauens hier so nach-
haltig einwirkte. An sich ist für den klassischen französischen Garten ein ebenes Ge-
lände erwünscht. In Schlobitten war es, keineswegs zum Schaden der Gesamtwirkung,
nicht gegeben. Die Vorstudien zu seinen Vorschlägen machte Broebes während eines vier-
zehntägigen Aufenthaltes dort. Ein Ergebnis seiner Überlegungen ist das „Projekt
zum Schlobittischen Garten auf der Höhe des Roßgartens", wo also bislang Pferde zur
Weide eingezäunt wurden (Abb. 10)98. Aus der so formulierten Bezeichnung des Blattes
geht hervor, und der Entwurf bestätigt es, daß es sich um einen zweiten Abschnitt der
Gartenanlage handelt. Der erste, dem Niveau des Schlosses angepaßte, war schon durch
eine frühere zeichnerische Darstellung festgelegt. Danach mußte den geltenden Grund-
sätzen gemäß unmittelbar vor der Südfront des Hauses in seiner ganzen Breite zunächst
eine Terrasse ohne Baumbestand liegen. Die Fassade eines Barockschlosses hatte völlig frei
von abdeckenden Elementen zu bleiben, um vom Garten her um so mächtiger und damit
eindrucksvoller zu erscheinen. Statuen allerdings durften auf dieser Planierung nicht fehlen
(siehe Anm. 21, 5). Aus dem gleichen Grunde ungestörter Sicht war es unzulässig, das
nach Süden anschließende niveaugleiche Parterre mit Pflanzungen und Plastiken zu be-
setzen, die über Augenhöhe hinausgingen. Es war hier in regelmäßig geformte Abteilungen
für Blumenbeete und Rasenstücke aufgeteilt. Man sieht es im „Projekt" nur eben noch mit
dem südlichen Abschluß angedeutet und erkennt die seitliche, sehr räumlich empfundene
Abgrenzung dieses ersten Gartenabschnittes gegen den „großen Teich" bzw. den west-
lichen Graben mittels erhöhter Promenade und geschorener Baumwände oder Spaliere. Da
barocke Parterres das zierlichste sind, was ein Garten überhaupt enthält, so mag die Vor-
stellung sich mit aller Phantasie ausmalen, wie die Schlobitter Anlage mit Formen und
Farben das Auge entzückt haben wird, durch Teppichbeete, in Buchs gefaßte Rabatten
u. a. m. Dazu mögen in diesem ersten Teil näher am Schloß wohl auch Fontainen oder
Springbrunnen als dankbare Gestaltungsmittel wesentlich mitgewirkt haben. Aktenkundig
sind vier Teilparterres im ersten Gartenabschnitt, zwei davon sind durch Einzeichnung
bestätigt. Ungeklärt bleibt, was im Projekt die dunkle Fläche östlich nahe dem „großen
Teich" und die gegenüber am Westrand auf einer Bastion bedeuten.
Zweifellos sind auch die Gartenteile unmittelbar südlich der Bibliothek bzw. Orangerie
in die künstliche Gestaltung einbezogen gewesen. Da wird vor der ersteren unter den
Fenstern der Privatgemächer des Schloßherrn und denen der „königlichen Stuben" nach
barocker Übung ein kleiner, intimer, blumenreicher Giardino secreto italienischer Herkunft
abgetrennt sowie korrespondierend vor dem Orangenhaus ein Gärtchen von nicht gerin-

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