thek in der Hand gelingt die Identifizierung ohne besondere Schwierigkeit. Es sind die-
selben Themen, wie sie in andern Barockschlössern begegnen:
(1) Acis und Galathea, am Fuß des Felsens gelagert, hinter dem Polyphem mit zum Wurf
erhobenem Felsblock, „den er dem Berg entrissen", hervortritt.
(2) Narciss, sich in der Quelle spiegelnd, von der zwischen Bäumen verborgenen Nymphe
Echo beobachtet. Rechts — den weiteren Verlauf des Mythos vorwegnehmend — ein
Blumenstrauß (Farbtafel V).
(3) Die Überredung der Kallisto durch Jupiter, der die Gestalt der Diana angenommen hat.
(4) Die Enthüllung der schlafenden Venus durch einen Satyr.
Die in der Ferne verblauenden Wald- und Flußlandschaften, in die Schannes die kleinen
Szenen hineingestellt hat, erinnern an Francesco Albanis idyllisch heitere Landschaften
mit Staffage-Figuren175. Die Verbindung ist erlaubt, hat Alexander doch selbst Albani ge-
nannt170, als er Wirkteppiche, passend zu der Deckenmalerei der Mittelstube, in Berlin
bestellte und Kartons von Schannes als Vorlagen dafür übersandte. Diese wurden zwar
von dem Berliner Wirker Jean Barraband II. als zu klein und nicht gut genug abgelehnt
und nach längeren Verhandlungen eine „Tenture Chinoise" in Auftrag gegeben, doch bleibt
die Tatsache bestehen, daß Alexander zunächst an Behänge im Stil Albanis gedacht hatte.
Tatsächlich erfreute sich der bereits 1660 verstorbene Künstler noch um 1700 größter
Beliebtheit und muß auch für Schannes ein fester Begriff gewesen sein, waren doch seine
Bilder in zahlreichen Nachstichen verbreitet177.
Die kongruenten Mittelstücke der Langseiten sind perspektivisch angelegt und teils
gemalt, teils zart in Stuck reliefiert und vergoldet. Ihre Herkunft aus Berainschen Stichen178
ist unverkennbar: Nixen tragen die Schale eines Springbrunnens, über dem ein Baldachin
hängt, hinter dem gemalte Baumwipfel den Ausblick in einen Park andeuten.
In der gleichen Verbindung von Stuck und Malerei sind auch die Ecken des Raumes aus-
geziert. Kraus schuf reich bewegte Umrahmungen zu acht kleinen Kartuschen, die Schannes
mit musizierenden und spielenden Putten in flüchtiger Blaumalerei gefüllt hat. Rauch-
vasen und bocksbeinige Kentauren in vergoldetem Stuck stehen in fein abgestuftem Relief
auf weißem Grund. Rahmungen und Profile sind mit vergoldeten oder bronzierten Masken,
Muscheln, Sternen und Schilden besetzt. Der ganze Reichtum der Erfindung, die Zartheit
der Ausführung und die Leuchtkraft der sehr gut erhaltenen Farben läßt sich in Worten
nicht ausdrücken, auf den Buntabbildungen jedoch ahnen.
Die Decke und die gesamte Ausgestaltung der Königlichen Mittelstube sind kunst-
geschichtlich besonders interessant, als nicht nur die Details, wie die farbigen Grotesken auf
den graugrundigen Lambris und den Fensterläden und Leibungen — für letztere hat Ludwig
Döry die Vorlage nachgewiesen179 —, sondern in gewissem Sinne das ganze Schema der
Aufteilung der Voute von der französischen Dekorationsweise beeinflußt ist, wenngleich
allerdings von einer durchgebildeten Laub- und Bandlwerkornamentik noch nicht ge-
sprochen werden kann. Dazu sind die tektonischen Elemente viel zu stark betont und
Laubwerk nur in ganz bescheidenen Ansätzen vorhanden, Bandwerk findet sich im Vouten-
stuck lediglich in einfach gebrochener Form in dem erwähnten Springbrunnen-Baldachin-
120
selben Themen, wie sie in andern Barockschlössern begegnen:
(1) Acis und Galathea, am Fuß des Felsens gelagert, hinter dem Polyphem mit zum Wurf
erhobenem Felsblock, „den er dem Berg entrissen", hervortritt.
(2) Narciss, sich in der Quelle spiegelnd, von der zwischen Bäumen verborgenen Nymphe
Echo beobachtet. Rechts — den weiteren Verlauf des Mythos vorwegnehmend — ein
Blumenstrauß (Farbtafel V).
(3) Die Überredung der Kallisto durch Jupiter, der die Gestalt der Diana angenommen hat.
(4) Die Enthüllung der schlafenden Venus durch einen Satyr.
Die in der Ferne verblauenden Wald- und Flußlandschaften, in die Schannes die kleinen
Szenen hineingestellt hat, erinnern an Francesco Albanis idyllisch heitere Landschaften
mit Staffage-Figuren175. Die Verbindung ist erlaubt, hat Alexander doch selbst Albani ge-
nannt170, als er Wirkteppiche, passend zu der Deckenmalerei der Mittelstube, in Berlin
bestellte und Kartons von Schannes als Vorlagen dafür übersandte. Diese wurden zwar
von dem Berliner Wirker Jean Barraband II. als zu klein und nicht gut genug abgelehnt
und nach längeren Verhandlungen eine „Tenture Chinoise" in Auftrag gegeben, doch bleibt
die Tatsache bestehen, daß Alexander zunächst an Behänge im Stil Albanis gedacht hatte.
Tatsächlich erfreute sich der bereits 1660 verstorbene Künstler noch um 1700 größter
Beliebtheit und muß auch für Schannes ein fester Begriff gewesen sein, waren doch seine
Bilder in zahlreichen Nachstichen verbreitet177.
Die kongruenten Mittelstücke der Langseiten sind perspektivisch angelegt und teils
gemalt, teils zart in Stuck reliefiert und vergoldet. Ihre Herkunft aus Berainschen Stichen178
ist unverkennbar: Nixen tragen die Schale eines Springbrunnens, über dem ein Baldachin
hängt, hinter dem gemalte Baumwipfel den Ausblick in einen Park andeuten.
In der gleichen Verbindung von Stuck und Malerei sind auch die Ecken des Raumes aus-
geziert. Kraus schuf reich bewegte Umrahmungen zu acht kleinen Kartuschen, die Schannes
mit musizierenden und spielenden Putten in flüchtiger Blaumalerei gefüllt hat. Rauch-
vasen und bocksbeinige Kentauren in vergoldetem Stuck stehen in fein abgestuftem Relief
auf weißem Grund. Rahmungen und Profile sind mit vergoldeten oder bronzierten Masken,
Muscheln, Sternen und Schilden besetzt. Der ganze Reichtum der Erfindung, die Zartheit
der Ausführung und die Leuchtkraft der sehr gut erhaltenen Farben läßt sich in Worten
nicht ausdrücken, auf den Buntabbildungen jedoch ahnen.
Die Decke und die gesamte Ausgestaltung der Königlichen Mittelstube sind kunst-
geschichtlich besonders interessant, als nicht nur die Details, wie die farbigen Grotesken auf
den graugrundigen Lambris und den Fensterläden und Leibungen — für letztere hat Ludwig
Döry die Vorlage nachgewiesen179 —, sondern in gewissem Sinne das ganze Schema der
Aufteilung der Voute von der französischen Dekorationsweise beeinflußt ist, wenngleich
allerdings von einer durchgebildeten Laub- und Bandlwerkornamentik noch nicht ge-
sprochen werden kann. Dazu sind die tektonischen Elemente viel zu stark betont und
Laubwerk nur in ganz bescheidenen Ansätzen vorhanden, Bandwerk findet sich im Vouten-
stuck lediglich in einfach gebrochener Form in dem erwähnten Springbrunnen-Baldachin-
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