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Grommelt, Carl; Mertens, Christine
Bau- und Kunstdenkmäler des Deutschen Ostens (Band 5): Das Dohnasche Schloss Schlobitten in Ostpreussen — Stuttgart: Kohlhammer, 1962

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https://doi.org/10.11588/diglit.48962#0133
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Motiv. Überhaupt dürfte Kraus, der in den andern Räumen des Schlobitter Schlosses keiner-
lei Neigung für diesen neuen, mehr flächenhaften Stil zeigt, hier der Führung von Schannes
gefolgt sein. Bekanntlich haben Grotesken in der Art von Berain und der Laub- und Bandl-
werkstil ja viel früher in der Malerei Eingang gefunden als bei den Stukkateuren. So wird
es vermutlich auch Schannes gewesen sein, der sich für die von Alexander angeschafften
„Vorlagen zu Kamins und Plafonds etc. von Daniel Marot" besonders interessiert hat und
der selbst Berainsche Ornamentstiche mit sich führte.
Wie intensiv sich aber auch der Bauherr gerade mit der Auszierung dieses Prunkraumes
der königlichen Suite beschäftigt hat, beweist sein Schreiben wegen der Wirkteppiche, in
dem er sämtliche Gegebenheiten des Raumes, „qui ne peut pas estre extremement haut
dans un pay oü il importe de menoyer la chaleur", genauestens beschreibt. Auch den Cours
d'Architecture hat Alexander offenbar für Details laufend konsultiert, rät doch Davilier
für Vouten in mäßig hohen Räumen eben jenes „melange de la sculpture et de la pein-
ture"180, das Kraus und Schannes angewendet haben, um — wie das Handbuch es aus-
drückt — durch die Leichtigkeit der Malerei Höhe, durch die Plastik aber „Solidität" zu ge-
winnen. Supraporten: (1) „Wilhelm III. von Oranien als Apoll" (Farbtafel VII), Replik
von Gerard van Honthorst1SL; (2) „Alexander der Große und die Familie des Darius"182,
vielleicht, wie die Türstücke in Nr. 18, von Schannes in Königsberg gemalt, wohin er
„Rahmen über die Thüren mitgenommen, um die Bilder daselbst zu verfertigen". Das
Parkett hat außer einem kunstvoll eingelegten Mittelstem auch noch Eckzwickel, die sonst
in keinem andern Raum in Schlobitten vorkommen. Die Gesetze der Steigerung der Aus-
zierung entsprechend der Zweckbestimmung der verschiedenen Gemächer sind, wie man
sieht, bis ins einzelne so streng beobachtet, wie „le bon gout" es vorschrieb (Abb. 21).
Am 23. Juli 1710 teilte der Amtsschreiber Thomas Alexander mit, Schannes sei immer
noch an der Decke in der Mittelstube beschäftigt, „ihn verlanget selbst, daß er fertig
werde". Kurz darauf scheint Alexander Mercier um Vorschläge und einen Kostenanschlag
für die Tapisserien gebeten zu haben, die lebhaft in der Farbe sein müssen, damit „l'eclat
de plafond ne les detruite pas". Aus diesem bereits erwähnten Schreiben spricht die Freude
des Bauherrn über diesen prächtigen Raum, den zu schaffen es gelungen war, und der mit
den kostbaren Lackmöbeln aus der Manufaktur von Gerard Dagly ebenso „remarquable"
blieb wie 1741, als B. C. Hermann „des Königs und der Königin Zimmer" bewunderte183.
Königliche Schlafstube (20). 1650: Fürstengemach (Nr. 20 und 21 damals ein Raum); 1728:
Gehöhnte Schlafkammer; 1737: Schlafkammer; 1771: Königs Schlafkammer; 1786: nicht
erwähnt; 1828: Kgl. Schlafstube (Abb. 70).
Wohl aus Gründen der Commodite, der Bequemlichkeit im Wohnen, die von Frankreich
ausgehend zu Beginn des 18. Jahrhunderts im Schloßbau eine große Rolle zu spielen be-
gann, hat Alexander aus dem großen Fürstengemach des Abrahamschen Hauses zwei
kleinere Räume — die Königliche Schlafstube und das „Kabinett dabey" — machen lassen184.
Die Veränderung war im Sinne des Barock ein großer Gewinn. Quadratisch im Grundriß,
mit einem Südfenster und im Winter sehr gut beheizbar, wirkt die mit rotem Damast
ausgeschlagene Schlafstube insbesondere auch durch ein bis zum Gesims reichendes Himmel-

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