'Szepter. Aus einer Rauchvase, die zu ihren Füßen steht, steigen Duftwolken auf. Von links
schiebt ein gebückter, bärtiger Alter einen verschnürten Ballen heran, auf dem die Buch-
staben A.D. zu lesen sind. Schon Abraham Dohna, erinnert man sich, war Mitglied der
1605 gegründeten Ostindischen Compagnie. Unter dem Thron erscheint der Kopf eines
Kamels, des Symboltiers dieses Erdteils. Afrika — dunkelhäutig und halbnackt— trägt eben-
falls einen weißen, edelsteinbesetzten Turban. Zu ihren Füßen ringelt sich eine Schlange.
Ein Negersklave bringt Geschenke; der Elefant unter dem Thron hat seinen Rüssel kunst-
voll aufgerollt, damit er „noch mit draufkommt, auf das Bild". Schannes verfährt hier mit
einer köstlichen Unbekümmertheit. Amerika hat männliche Züge und ist mit dem Kopf-
putz und Lendenschurz aus roten und weißen Federn so kriegerisch ausgerüstet, daß man
zuerst glaubt, einen Stammesfürsten vor sich zu haben, doch belehrt Cesare Ripas Hand-
buch241, daß in diesem neuentdeckten Teil der Welt nicht nur die Männer, sondern auch
die Frauen gewohnt waren, Waffen zu tragen. Neben ihr sitzt eine Tigerkatze, den Blick
auf den nackten Wilden gerichtet, der ein Kind frißt; drei Löwen bilden, analog zu
Europa, das Gespann. Australien war um 1700 zwar bereits entdeckt, gehörte aber nicht
zu dem weit früher entwickelten Zyklus der Erdteile, der auf Vierersymbolik abgestellt
ist und aus diesem Grunde auch häufig in den Ecken von Sälen vorkommt.
Die Elemente2*2 hat Schannes mit der bereits in der gelben Stube und der Mittelstube
beobachteten Neigung zur Auflockerung unter Preisgabe der strengen Symmetrie und
Einheitlichkeit plaziert: das Feuer allein in der Mitte der Ostwand, Erde und Wasser als
Gruppe gegenüber; und die Luft dort, wohin sie gehört, in den Spiegel der Decke, unter
die anderen fliegenden oder auf Wolken schwebenden allegorischen Figuren. Unter den ver-
schiedenen Darstellungstypen wählte er die Personifikation durch Götter, resp. mytho-
logische Figuren, und als Ausschmückung Menschen in Betätigungen, die eine Beziehung
haben zu dem jeweiligen Element. Ikonographisch festgelegt und auch in den Ikonologien
genau beschrieben, boten diese Formeln dennoch Raum für eine individuelle Darstellung.
Jupiter Feretrius personifiziert das Feuer; Cybele die Erde, Neptun das Wasser, Ikarus die
Luft. Der Göttervater präsidiert über dem Wandbrunnen vor gemalten Arkaden (Färbt. VI).
Er trägt eine goldene Krone und stützt sich mit der Rechten auf einen Schmiedehammer.
Schwungvoll umrauscht ein rotes Tuch seinen muskulösen Oberkörper. Von hinten treten
junge Männer mit Waffen aus der Schmiede Vulkans, der sonst meist das Feuer personi-
fiziert, heran. Das Symboltier dieses Elementes, den Salamander, entdeckt man in der
Zierschale zwischen der Personifikation der Kriegsbaukunst und der Pallas, die als ver-
goldete Plastiken auf dem Gesims vor Jupiter zu lagern scheinen, in Wirklichkeit aber
mit Goldfarbe an die Decke gemalt sind. Für echte Bildnereien wäre in der flachen Voute
kein Platz gewesen. Auch die Kanone, gegen deren Lauf Athena sich lehnt, und sie selbst
als Göttin des Krieges, sind Symbole für das Feuer, zugleich und in erster Linie aber auch
Variationen zu dem Hauptthema „Krieg und Frieden". Den Krieg — aber auch das Feuer —
bezeichnen natürlich vor allem die Soldaten, die sich in lebhaft bewegten Gruppen mit
Fahnen, Waffen, Kesselpauken und Trompeten hinter der Balustrade gegen die Ecken zu,
jedoch ohne direkten Anschluß an Jupiter nach beiden Seiten entwickeln. Zwischen-
geschaltet sind der Herbst und der Winter, dieser, wie üblich durch drei vermummte
Männer, die sich über einem Kohlebecken die Hände wärmen, dargestellt, jener durch
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schiebt ein gebückter, bärtiger Alter einen verschnürten Ballen heran, auf dem die Buch-
staben A.D. zu lesen sind. Schon Abraham Dohna, erinnert man sich, war Mitglied der
1605 gegründeten Ostindischen Compagnie. Unter dem Thron erscheint der Kopf eines
Kamels, des Symboltiers dieses Erdteils. Afrika — dunkelhäutig und halbnackt— trägt eben-
falls einen weißen, edelsteinbesetzten Turban. Zu ihren Füßen ringelt sich eine Schlange.
Ein Negersklave bringt Geschenke; der Elefant unter dem Thron hat seinen Rüssel kunst-
voll aufgerollt, damit er „noch mit draufkommt, auf das Bild". Schannes verfährt hier mit
einer köstlichen Unbekümmertheit. Amerika hat männliche Züge und ist mit dem Kopf-
putz und Lendenschurz aus roten und weißen Federn so kriegerisch ausgerüstet, daß man
zuerst glaubt, einen Stammesfürsten vor sich zu haben, doch belehrt Cesare Ripas Hand-
buch241, daß in diesem neuentdeckten Teil der Welt nicht nur die Männer, sondern auch
die Frauen gewohnt waren, Waffen zu tragen. Neben ihr sitzt eine Tigerkatze, den Blick
auf den nackten Wilden gerichtet, der ein Kind frißt; drei Löwen bilden, analog zu
Europa, das Gespann. Australien war um 1700 zwar bereits entdeckt, gehörte aber nicht
zu dem weit früher entwickelten Zyklus der Erdteile, der auf Vierersymbolik abgestellt
ist und aus diesem Grunde auch häufig in den Ecken von Sälen vorkommt.
Die Elemente2*2 hat Schannes mit der bereits in der gelben Stube und der Mittelstube
beobachteten Neigung zur Auflockerung unter Preisgabe der strengen Symmetrie und
Einheitlichkeit plaziert: das Feuer allein in der Mitte der Ostwand, Erde und Wasser als
Gruppe gegenüber; und die Luft dort, wohin sie gehört, in den Spiegel der Decke, unter
die anderen fliegenden oder auf Wolken schwebenden allegorischen Figuren. Unter den ver-
schiedenen Darstellungstypen wählte er die Personifikation durch Götter, resp. mytho-
logische Figuren, und als Ausschmückung Menschen in Betätigungen, die eine Beziehung
haben zu dem jeweiligen Element. Ikonographisch festgelegt und auch in den Ikonologien
genau beschrieben, boten diese Formeln dennoch Raum für eine individuelle Darstellung.
Jupiter Feretrius personifiziert das Feuer; Cybele die Erde, Neptun das Wasser, Ikarus die
Luft. Der Göttervater präsidiert über dem Wandbrunnen vor gemalten Arkaden (Färbt. VI).
Er trägt eine goldene Krone und stützt sich mit der Rechten auf einen Schmiedehammer.
Schwungvoll umrauscht ein rotes Tuch seinen muskulösen Oberkörper. Von hinten treten
junge Männer mit Waffen aus der Schmiede Vulkans, der sonst meist das Feuer personi-
fiziert, heran. Das Symboltier dieses Elementes, den Salamander, entdeckt man in der
Zierschale zwischen der Personifikation der Kriegsbaukunst und der Pallas, die als ver-
goldete Plastiken auf dem Gesims vor Jupiter zu lagern scheinen, in Wirklichkeit aber
mit Goldfarbe an die Decke gemalt sind. Für echte Bildnereien wäre in der flachen Voute
kein Platz gewesen. Auch die Kanone, gegen deren Lauf Athena sich lehnt, und sie selbst
als Göttin des Krieges, sind Symbole für das Feuer, zugleich und in erster Linie aber auch
Variationen zu dem Hauptthema „Krieg und Frieden". Den Krieg — aber auch das Feuer —
bezeichnen natürlich vor allem die Soldaten, die sich in lebhaft bewegten Gruppen mit
Fahnen, Waffen, Kesselpauken und Trompeten hinter der Balustrade gegen die Ecken zu,
jedoch ohne direkten Anschluß an Jupiter nach beiden Seiten entwickeln. Zwischen-
geschaltet sind der Herbst und der Winter, dieser, wie üblich durch drei vermummte
Männer, die sich über einem Kohlebecken die Hände wärmen, dargestellt, jener durch
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