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Grommelt, Carl; Mertens, Christine
Bau- und Kunstdenkmäler des Deutschen Ostens (Band 5): Das Dohnasche Schloss Schlobitten in Ostpreussen — Stuttgart: Kohlhammer, 1962

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https://doi.org/10.11588/diglit.48962#0280
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Ein Beweis für die Güte des Materials und der Arbeit sind die Farben der Schlobitter
Serie, die in ursprünglicher Frische leuchten und die Welt Ostasiens besonders märchenhaft
erscheinen lassen. Der gute Erhaltungszustand der Behänge — und der Gesamtausstattung
der Kgl. Mittelstube — ist vor allem der Schonung zu verdanken, die alle Dohnas gerade
diesem Trakt des Schlosses angedeihen ließen.
Eine der beiden Frauen des Feldmarschalls Alexander hat vermutlich den Wandbehang
(Abb. 213) in der Art der „Tenture Chinoise" für das Chinesische Kabinett gestickt.
Von Barraband II. befindet sich auch noch eine quittierte Rechnung vom 7. Oktober 1715
über 400 Rthl. für eine Serie von „6 Verdüren mit Tieren, die die Fabeln von Aesop dar-
stellen", im Schlobitter Archiv. Diese bezieht sich wahrscheinlich auf die in Schlodien
erhaltene Aesop'sche Folge, die Alexander bei dem ihm bekannten Berliner Bildwirker für
seinen Bruder Christoph angekauft haben wird.
Alexanderserie. Sechs Behänge. Aubusson. Anfang 18. Jahrhundert (Abb. 216).
Im Inventar von 1728 (Kgl. Vorstube) werden sie als „Brabandsche gewürkte Tapete
mit Personagen, so ein Stück aus Alexander Magnus Historie vorstellen" bezeichnet. Von
den sechs aufgeführten Behängen, 5V4 Ellen hoch und io, 9, 5, 7 und 2V2 Ellen breit, sind
vier leicht beschädigt, einer ist zu zwei Dritteln erhalten, einer fehlt.

1. Triumphzug Alexanders
2. Huldigung
3. Alexander läßt die Fesseln des Darius lösen
4. Alexander spricht mit Darius
5. Alexanderschlacht (linke Hälfte fehlt)

300X527 cm
300X451 cm
300X236 cm
300X239 cm
300X239 cm

Die Geschichte Alexanders des Großen war ein beliebtes Thema in der Bildwirkerei, da
sie Gelegenheit zu prächtigen, vielfigurigen Szenen bot. In französischen und flandrischen
Werkstätten sind unzählige Alexanderserien nach Stichvorlagen entstanden, besonders
häufig verschieden zusammengestellte Serien nach Lebrun252. Auf welche Vorlagen die
Schlobitter Folge zurückgeht, ist nicht bekannt. Wahrscheinlich hat Alexander das Thema,
das zu der sonstigen Ausstattung der Kgl. Vorstube mit Mars als Kriegsgott im Plafond,
Trophäen und Fahnen als Stukkaturen gut paßt, mit Bezug auf seinen eigenen Namen
ausgewählt.
Im Gegensatz zur Weiträumigkeit der Tenture Chinoise bewegen sich große Figuren auf
einer Art von Vordergrundbühne ohne Tiefenwirkung. Hintergründe durch schematische
Landschaften und Häuserkulissen flüchtig angedeutet. Köpfe, mit langen graden Nasen und
etwas schief stehenden Augen, meist im Profil gegeben. Bordüren 40 cm breit, aus
Blumengirlanden bestehend, die mit Schleifen zusammengebunden sind oder von nackten
Putten gehalten werden. — Farben stark verblaßt, vorwiegend gelb, braun und blau. —
Alle Merkmale, besonders die Faserigkeit der Kettfäden, die den Teppichen eine körnige
Oberfläche geben, auf Aubusson als Herstellungsort der nicht signierten Folge hinweisend.
Zeit der Herstellung Ende 17. oder Anfang 18. Jahrhundert. Die große französische Manu-
faktur Aubusson hat mit ihren oft im Schnellbetrieb hergestellten Wirkteppichen den
Adel und das wohlhabende Bürgertum versorgt.

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