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Sommer, Gustav
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 1): Die Kreise Zeitz, Langensalza, Weissenfels, Mühlhausen und Sangerhausen — 1882

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https://doi.org/10.11588/diglit.41153#0172
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Kreis Langensalza.

Die drei auf dem Thurme befindlichen Glocken sind erst 1874 von C. F.
Ulrich in Apolda gegossen nnd haben 1,00, 0,80, 0,66® Durchmesser.
Im Oberdorfe, da wo jetzt der Gemeinde - Gottesacker sich befindet, stand
bis gegen 1700 noch eine Kirche Beatae Mariae virginis, von welcher jedoch nichts
mehr vorhanden ist. Für Leichenbegängnisse hat man hier in einem offenen
Glockenstuhl eine Glocke von 0,74m Diameter aufgehängt, die 1875 von C. F. Ulrich
in Apolda gegossen ist.
Am östlichen Ausgang des Dorfes findet sich eine wallartige Umfriedigung
von Gartenflächen, deren Bestimmung jedesfalls fortificatorisch gewesen ist, doch
wusste man dem Verf. darüber nichts Gewisses mitzutheilen. Einige bezeichnen
die Stelle als eine „ Schwedenschanze,u Andere behaupten, es habe hier eine Burg
gestanden. — Südwärts am Wege nach Nägelstedt liegt der Rangenhök, der zwar
bei der Separation im J. 1858 unangetastet gebheben ist, auf dem aber schon im
vorigen Jahrhundert Nachgrabungen stattgefunden haben, bei welchen Todtenurnen
gefunden worden sein sollen.

Tennstedt.
Kleine Stadt, 14 Km. nordöstlich von Langensalza, am Zusammenfluss meh-
rerer Bäche, des Seltenrem, Schambach und Bruchborn, von denen namentlich
letzterer oft hohe Flutlien aus tiefen Schluchten bringt und dadurch grosse Wassers-
noth veranlasst. Aeltere Namenformen sind Dennistede, Denstadt, Tannstadt
(latinisirt Tannstadium). Seinen Ursprung verdankt der Ort anscheinend den An-
siedlungen im Schutze zweier Burgen, deren eine westlich, die andere östlich lag;
es ist aber nicht bekannt, wer auf denselben gesessen hat; sie wurden von den
Landesherren an Burgmannen verheilen. Stadtrecht soll der bereits im 12. Jahrh.
ansehnliche Flecken im 13. Jahrh. erhalten haben. Ein Rathhaus soll 1377 erbaut
worden sein. Ausführlichere Nachrichten sind erst über die Erbauung der Stadt-
mauer vorhanden, wozu Herzog Wilhelm der Tapfere 1448 die Erlaubniss ertheilte
und den Tract durch seine Bevollmächtigten feststellen liess. Die Bausteine wur-
den zum Theil von den bereits im Yerfall begriffenen Burgen entnommen; dp
Baukosten hatte die Bürgerschaft zu tragen, wobei man die Strafgelder und Bussai
zu Hilfe nahm, mit denen Zank, Schlägerei und andere Vergehungen belegt wiir-
den. Die Bussen bestanden nicht bloss in Leistung von Baufuhren, sondern En-
zelne mussten zur Strafe eine Gerte, oder zwei oder drei, zumeist, aber vier Rutlen
Mauer aufführen lassen. Es kann daher nicht Wunder nehmen, dass der mit
Wichhäusern und Thorthürmen ausgestattete Bau 41 Jahre währte, und dass ein-
zelne Strecken öftermals wieder einfielen. Wo die Mauer stellenweise zu npdrig
erschien, setzte man im dreissigjährigen Kriege eine hölzerne Brustwehr dirauf,
was dem Städtchen den Spottnamen „Flachsveste“ eintrug. Seit Errichtlüg der
Ringmauer hat Tennstedt vier Thore:
das Osthöver Thor, in Osten, welchem 1579 ein neuer achteckiger Thurm
aufgesetzt wurde;
das Gebische (nach Gebesee führende) Thor, ebenfalls an der Osjseite; es
war der grösseren Sicherheit halber von 1641 —1647 zugemauert;
das Wenigen-Tennstedter Thor oder Langensalzaer Thor, in Westen; es
führte zunächst nach dem Dorfe Wenigen-Tennstedt, welches l/89 durch
 
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