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Tettau, Wilhelm
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 13): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt Erfurt und des Erfurter Landkreises — Halle a. d. S., 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.41154#0045
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I. Kirchliche Gebäude. — A. Stiftskirchen.

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Nothwendigkeit einer Vergrösserung des Chors heraus. Man war gezwungen zu
einer solchen zu schreiten, doch verfloss noch längere Zeit, bis sie zur Ausführung
kam. Denn obwohl bereits am 21. November 1282 der Erzbischof Werner von
Mainz nicht nur allen, welche zur Erbauung dieses neuen Chors beisteuerten, auf
vier Jahre einen vierzigtägigen Ablass zugesichert, sondern auch alle seine Suffragan-
bischöfe ermächtigt hatte, ihren Diöcesanen für die Mitwirkung an jenem Werke
die gleichen Wohlthaten zu gewähren, obwohl ferner die Stiftsgeistlichen fortwährend
an den zum Bau erforderlichen Mitteln sammelten und keine Gelegenheit vorübergehen
Hessen, welche geeignet schien der Theilnahme und dem Eifer der Gläubigen neuen
Anstoss zu verleihen, wie solche unter andern die Anwesenheit des berühmten
Augustiners Heinrichs von Friemar in Erfurt 1317 und die Schenkung von Reliquien,
insbesondere die einer Rippe des h. Bonifacius seitens der Abtei Fulda 1319, dar-
boten: so traten doch immer die in Thüringen herrschenden Zustände, die nie
aufhörenden Fehden und Raubzüge, sowie andere Unfälle, welche die Leistungs-
fähigkeit der Gläubigen schwächten und ihre verfügbaren Mittel für dringendere
Zwecke zu verwenden nöthigten, hemmend dazwischen. Auch dass Erzbischof
Matthias von Mainz 1327 acht Tage vor und acht Tage nach dem Kirchweihfeste
der Marienkirche, als der vornehmsten aller Kirchen in Thüringen, für alle übrigen
der Stadt jede Festlichkeit selbst das Aufziehen von Fahnen, untersagte, um jedes
Zerstreuen der Gläubigen zu verhindern, und dass er erlaubte, die Einkünfte der
Küsterei der gedachten Kirche deren Baufonds zuzuweisen, sowie dass Erzbischof
Balduin von Trier als Verweser des Erzstifts Mainz am 13. November 1329 dem
Domkapitel gestattete, behufs Erweiterung seines Chors den Flochaltar und die
beiden Altäre St. Crucis und St. Johannis Baptistae, welche sich in demselben
befanden, abzubrechen und die damit verbundenen gottesdienstlichen Handlungen
an anderen Altären zu begehen (M. K. A.), desgleichen der Beschluss des Kapitels,
an die Stelle des Schmauses, den bisher jeder neu eintretende Stiftsherr zu geben
gehabt hatte, eine Abgabe von 12 Mk. Silber an die Baukasse treten zu lassen,
welche werthvolle Beihilfen in einer an der Cavate angebrachten Inschrift An-
erkennung fanden: reichte alles noch nicht hin, um zur Ausführung schreiten zu
können. Zwar hatten schon am VII. Kid. Decmb. (27. November) 1337 die geist-
lichen Commissarien des Erzbischofs Heinrich von Mainz, der Propst von St. Severi,
Lippold von Babenburg und der Kanonikus von Aschaffenburg Konrad von Spygel- .
berg, dem Kapitel die Ermächtigung ertheilt, nachdem der grösste Theil des Chors
nebst dem Hochaltar behufs Erweiterung des ersteren abgebrochen wurde, bis zur
Wiederherstellung das Hochamt an einem tragbaren Altäre zu feiern (M. K. A.),
aber erst am Tage der Verkündigung Mariä (25. März) 1349, wie die an dem
südlichen Eingänge zur Krypta eingemauerte Inschrift: Incepta est hec structura
hujus Chori anno domini MCCCXlix annunciacionis Mariae dartlmt, ward der
Grund gelegt.1 (Hogel 1. c. S. 366.2 3)
1 Hiernach treffen die Angaben des Chron. ßampetr. p. 181 und des Nie de Siegen
p. 342, nach denen die Grundsteinlegung erst fer. IY in der Pfingstwoche (19. Mai) 1350, so
wie die des Fragmentum ex chronicis civium Erford. in der königl. Bibliothek zu München,
nach welcher sie fer. IV in der Osterwoche (15. April) stattgefunden haben soll, nicht zu, eben
so wenig aber auch die Schnaases, der sie (Gesch d. Kunst, VI., S. 238) in das Jahr 1345 setzt.
3 Worauf clie Nachricht Const. Beyers (Nachträge zur Neuen Chron. v. Erfurt S. 90);
 
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