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Kreis Erfurt.
Nachdem noch Erzbischof Gor!ach IV. 4. Mai 1350 unter Verheissung eines
vierzehntägigen Ablasses eine Collekte zu diesem Zwecke dringend empfohlen
hatte (M. K. A.), war der Bau, obwohl mancherlei ungünstige Umstände ihn wieder
verzögerten, in vier Jahren so weit gediehen, dass am Tage der Empfängniss Mariä
(8. Dezbr.) 1353 die Krypta durch den Bischof von Hippo und derzeitigen Weih-
bischof Albert von Beichlingen eingeweiht werden konnte. (Chronic. Sampetrin.
p. 183.) — Kurze Zeit darauf wurde die Vicarei St. Sebastiani mit einem noch
vorhandenen Altäre gegründet. Noch bevor mit dem Bau der Krypta begonnen
werden konnte, muss die Erweiterung der Cavate, da sie auf dieser ruht, erfolgt
sein. Schnaase bemerkt 1. c.: „Der Dom, die ehrwürdige Stiftung des Apostels
der Deutschen, obwohl im 12. Jahrhundert erneuert, schien den jetzigen Bedürfnissen,
namentlich in seinem Chorraum, der Würde des reichen und mächtigen Kapitels
nicht entsprechend. Aber die Anhöhe, welche die Vorsicht der Gründer für die
Anlage der Kirche gewählt hatte, fiel gerade auf der Chorseite schroft ab und
erschwerte daher die gewünschte Ausdehnung. Man erlaubte sich daher zunächst
eine geringe Abweichung von der Achse des alten Gebäudes nach der Richtung
hin, wo deivFels sich weiter in die Ebene erstrekte und baute dann noch bedeutend
weiter hinaus ins Freie, den ganzen Bau durch gewaltige Mauerpfeiler und Gewölbe,
die sogenannte Cavate, stützend. Durch diese grossartige*’Kühnheit erlangte man
einen zwar einschiffigen und nicht sehr breiten, aber lang hingestrekten, mit fünf
Seiten des Zehnecks geschlossenen, durch fünfzehn hohe viertheilige Fenster
glänzend beleuchteten Chor, der ausser den Sitzen der Domherrn eine würdiige
weithin sichtbare Stelle für den Hochaltar gab.“
Zu der hier erwähnten Brechung der Achse in einem freilich kaum be-
merkbaren stumpfen Winkel nach Norden an der Stelle wo Schiff und Chor all-
ein anderstossen, wird wohl die Localität, die Richtung des Felsens auf welchem
die Kirche stand, Anlass gegeben haben. Denn dass diese Abweichung von der
geraden Linie schon bei der Erbauung des Chors eingetreten ist, ergeben dessen
Sub s tr uck ti o n en.
Der Bau des Chors soll nach ILogel 1. c. drei Jahre gedauert haben und
1351 zum Abschluss gelangt sein, doch hat er in Wirklichkeit sicher längere Zeit
„Ein Schüler Erwins von Steinbach, des Erbauers des Strassburger Münsters, soll zu dem
ersten Gebäude, das durch die Ströme der Zeiten zerstört wurde und von welchem nur noch
die Fagade übrig ist, den Plan entworfen und die Zeichnung
gemacht haben,“ sich gründet, ist mir unbekannt. Der Zeit
nach könnte ein Schüler Erwins von Steinbach, der doch im
14. Jahrhundert gelebt haben müsste, nur bei dem Bau des
Chors betheiligt gewesen sein; dieser ist aber keineswegs durch
die Ungunst der Zeiten zerstört, besteht vielmehr im wesent-
lichen noch; auch will der Ausdruck „Facade“ auf denselben
nicht recht passen. — Noch mag bemerkt werden, dass das
Schlusswort der angeführten Inschrift in der Regel Th. gelesen
wird, was Böckner und Beyer 1. c. S. 133 und 177 für eine
Abkürzung von Theotici halten und durch Gottesmutter er-
klären. Es lautet aber offenbar M® d. i. Mariae. Unter dieser
Inschrift findet sich das nebenstehende Baumeister- oder Stein-
metzzeichen.
JnsJun.fi von.
Kreis Erfurt.
Nachdem noch Erzbischof Gor!ach IV. 4. Mai 1350 unter Verheissung eines
vierzehntägigen Ablasses eine Collekte zu diesem Zwecke dringend empfohlen
hatte (M. K. A.), war der Bau, obwohl mancherlei ungünstige Umstände ihn wieder
verzögerten, in vier Jahren so weit gediehen, dass am Tage der Empfängniss Mariä
(8. Dezbr.) 1353 die Krypta durch den Bischof von Hippo und derzeitigen Weih-
bischof Albert von Beichlingen eingeweiht werden konnte. (Chronic. Sampetrin.
p. 183.) — Kurze Zeit darauf wurde die Vicarei St. Sebastiani mit einem noch
vorhandenen Altäre gegründet. Noch bevor mit dem Bau der Krypta begonnen
werden konnte, muss die Erweiterung der Cavate, da sie auf dieser ruht, erfolgt
sein. Schnaase bemerkt 1. c.: „Der Dom, die ehrwürdige Stiftung des Apostels
der Deutschen, obwohl im 12. Jahrhundert erneuert, schien den jetzigen Bedürfnissen,
namentlich in seinem Chorraum, der Würde des reichen und mächtigen Kapitels
nicht entsprechend. Aber die Anhöhe, welche die Vorsicht der Gründer für die
Anlage der Kirche gewählt hatte, fiel gerade auf der Chorseite schroft ab und
erschwerte daher die gewünschte Ausdehnung. Man erlaubte sich daher zunächst
eine geringe Abweichung von der Achse des alten Gebäudes nach der Richtung
hin, wo deivFels sich weiter in die Ebene erstrekte und baute dann noch bedeutend
weiter hinaus ins Freie, den ganzen Bau durch gewaltige Mauerpfeiler und Gewölbe,
die sogenannte Cavate, stützend. Durch diese grossartige*’Kühnheit erlangte man
einen zwar einschiffigen und nicht sehr breiten, aber lang hingestrekten, mit fünf
Seiten des Zehnecks geschlossenen, durch fünfzehn hohe viertheilige Fenster
glänzend beleuchteten Chor, der ausser den Sitzen der Domherrn eine würdiige
weithin sichtbare Stelle für den Hochaltar gab.“
Zu der hier erwähnten Brechung der Achse in einem freilich kaum be-
merkbaren stumpfen Winkel nach Norden an der Stelle wo Schiff und Chor all-
ein anderstossen, wird wohl die Localität, die Richtung des Felsens auf welchem
die Kirche stand, Anlass gegeben haben. Denn dass diese Abweichung von der
geraden Linie schon bei der Erbauung des Chors eingetreten ist, ergeben dessen
Sub s tr uck ti o n en.
Der Bau des Chors soll nach ILogel 1. c. drei Jahre gedauert haben und
1351 zum Abschluss gelangt sein, doch hat er in Wirklichkeit sicher längere Zeit
„Ein Schüler Erwins von Steinbach, des Erbauers des Strassburger Münsters, soll zu dem
ersten Gebäude, das durch die Ströme der Zeiten zerstört wurde und von welchem nur noch
die Fagade übrig ist, den Plan entworfen und die Zeichnung
gemacht haben,“ sich gründet, ist mir unbekannt. Der Zeit
nach könnte ein Schüler Erwins von Steinbach, der doch im
14. Jahrhundert gelebt haben müsste, nur bei dem Bau des
Chors betheiligt gewesen sein; dieser ist aber keineswegs durch
die Ungunst der Zeiten zerstört, besteht vielmehr im wesent-
lichen noch; auch will der Ausdruck „Facade“ auf denselben
nicht recht passen. — Noch mag bemerkt werden, dass das
Schlusswort der angeführten Inschrift in der Regel Th. gelesen
wird, was Böckner und Beyer 1. c. S. 133 und 177 für eine
Abkürzung von Theotici halten und durch Gottesmutter er-
klären. Es lautet aber offenbar M® d. i. Mariae. Unter dieser
Inschrift findet sich das nebenstehende Baumeister- oder Stein-
metzzeichen.
JnsJun.fi von.